wolfsgeheul.eu vom 20.03.2016

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Woher kommt der Haß auf und gegen alles Mögliche und häufig gegen Minderheiten auf der Welt?

Der viel zu frühe und mich traurig stimmende Tod des von mir – auch als Rheinländer – geschätzten Dr. Guido Westerwelle – R. I. P. – hat mich darauf gebracht, dieser Frage nachzugehen. Warum? Kurz nachdem ich die Todesnachricht zur Kenntnis genommen hatte, erwischte ich mich bei dem Gedanken, daß Westerwelles Ehemann, Michael Mronz, mutmaßlich am Totenbett gesessen hat, und ich mußte leicht befremdet mit Verlaub schmunzeln. Daß ein Sohn, ein Freund oder ein Priester einem als Mann auf dem letzten Weg die Hand hält, stellt eine völlig normale Vorstellung dar. Aber einen Mann, den man liebt und sexuell begehrt, das ist für mich als durch und durch heterosexuellem Menschen bei aller Toleranz trotzdem fast jenseits des Vorstellbaren. Das ist und bleibt mir fremd.

Dieser Befund allein ist vollkommen unspektakulär. Es besteht keine Notwendigkeit, sich von allem, was sich im Zwischenmenschlichen anderer abspielt, ein Bild zu machen; bei vielem will man das vielleicht auch gar nicht. Wichtig ist doch allein, daß man jeden nach seiner Façon selig werden läßt, womit ich überhaupt kein Problem habe. Interessant erscheint mir aber, wie tief verwurzelt das zweigeschlechtliche Denken wahrscheinlich im überwiegenden Teil der Gesellschaften ist, so daß ein völlig normales Geschehen wie die Sterbebegleitung durch engste Angehörige, also auch und gerade durch den Partner im Falle von Homosexuellen aus Sicht der sexuell gewöhnlich Orientierten ein besonderes Gewicht bekommt. Da mag man noch so aufgeklärt und tolerant sein, hier schleicht sich ein leicht befremdendes Gefühl ein.

Und das Fremde ist immer auch geeignet, den einen oder anderen nicht nur zu irritieren, sondern ihm gar Angst zu machen, Angst die bei manchem dann sogar in Haß umschlägt, weil er dem ihm so Fremden glaubt, anders nicht begegnen zu können. Dinge und Umstände also, die wir in gesellschaftlicher Übereinkunft für zu tolerieren erklären, werden nur dann von allen ruhig und unbesorgt akzeptiert werden, wenn sie den Menschen keine Angst mehr bereiten. Dafür muß dem Anderssein das Fremde genommen werden. Das erreicht man aber sicherlich nicht dadurch, daß man sich ständig in der Öffentlichkeit als anders darstellt, denn auf diese Weise macht sich das normal sein Wollende selbst fremd, indem es sich lautstark abgrenzt. Das Andere wird also wohl nur dann in Ruhe gelassen, wenn es nicht ständig explizite darauf besteht, anders zu sein. Anderssein muß zur Selbstverständlichkeit werden und dazu trägt das selbstverständliche Verhalten des Andersseienden entscheidend bei. Wer sich die Freiheit der Akzeptanz erarbeiten möchte, muß demnach eigentlich nur so sein, wie er ist, nicht mehr aber auch nicht weniger.

Diese Überlegungen lassen sich auf alle Verhältnisse, innerhalb derer sich Haß entwickeln kann und entwickelt, übertragen. Ausländer – Inländer, Christen – Muslime, Linke – Rechte, Arme – Reiche und – hier fasse ich mir auch an die eigene Nase, wenngleich ich das sportlich-humoristisch-akademisch und vollkommen ohne Haß sehe – Protestanten – Katholiken oder Westfalen – Rheinländer! Das Geheimnis von gegenseitiger Toleranz und wechselseitigem Respekt liegt in der Beseitigung des Fremden am jeweils anderen. Und der Schlüssel zur Erreichung dieses Zieles liegt mehr in der Hand des Andersseienden als in der seines oft die Mehrheit repräsentierenden Gegenüber. Eine akzeptiert werden wollende Minderheit muß also maßgebliche Arbeit leisten, um integriert zu werden. Und dabei ist das ständige Herausstellen der Andersartigkeit genau das falsche Mittel. Das sollten alle, aber – und das sage ich nicht, um Verantwortung abzuschieben – insbesondere die Anderen einmal bedenken.

Eine Gesellschaft lebt dann in Ruhe und befindet sich trotz aller Verschiedenheit in der Balance, wenn niemandem etwas fremd vorkommt oder ihn gar besorgt. Daran gilt es zu arbeiten, jeder nach seinem Vermögen und seiner Verpflichtung. Dabei ist die Wahl der Mittel entscheidend. Die Gemeinschaft muß die permanente Einladung an jeden Redlichen zur Integration verkörpern, und der zu Integrierende muß die Einladung annehmen und sich integrieren wollen, nur dann wird er vollwertiges Subjekt in einer Gemeinschaft. Wenn er dabei aber fürderhin auf seiner Fremdartigkeit ausdrücklich und ständig beharrt, wird er kein Teil der Gesellschaft, sondern bleibt – was ihm unbenommen ist, wenn er das will – ein Fremder, der natürlich, solange er sich nichts zu Schulden kommen läßt, das Recht auf unbehelligtes Leben hat, sich aber nicht beschweren darf, wenn ihn die anderen Kinder im Sandkasten nicht mitspielen lassen. Jeder hat die Wahl.

Nach dem Schreiben dieser Kolumne, kann ich mir irgendwie schon besser Herrn Mronz, dem ich hiermit auch mein herzliches Beileid aussprechen möchte, am Totenbett seines Mannes vorstellen. Geht doch! In diesem Sinne

gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

 

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wolfsgeheul.eu vom 18.03.2016

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„An dem, was Sie sagen, ist nichts dran, nichts – weder vorne noch hinten noch in der Mitte.“!

Sei es als Kindergartenkind, als Schüler, als Student oder gar bereits als Berufstätiger und allgemein als vernunftbegabter Mensch, einen solchen Satz möchte man niemals hören. Diese Aussage kommentiert nämlich keine Niederlage nach Punkten, sie besiegelt ein Totalversagen.

Sinngemäß genau das mußte sich aber heute die Staatsanwaltschaft Stuttgart vom Vorsitzenden Richter Frank Maurer am dortigen Landgericht bezüglich ihrer Vorwürfe gegen Ex-Porsche-Chef Wendelin Wiedeking und seinen damaligen Finanzvorstand Holger Härter wegen vermeintlicher Kursmanipulitionen Anno 2008 im Zusammenhang mit dem damaligen Übernahmeversuch von Volkswagen durch Porsche sagen lassen. Ob die Vertreter der Staatsanwaltschaft wenigstens im Erdboden versunken sind, ist nicht überliefert, wobei selbst das keine angemessene Reaktion gewesen wäre. Als einzig ehrenhaft hätte man wohl nur den sofortigen Suizid coram publico im Gerichtssaal gelten lassen können.

Nun liegt es mir fern, den Anklagevertretern im Ländle nach dem Leben zu trachten. Außerdem hätte es dann mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit gar nicht die Richtigen getroffen. Der peinliche Ausgang dieses umfangreichen und äußerst kostenträchtigen Strafverfahrens, dessen Ermittlungen schon vor fast sieben Jahren eingeleitet worden sind, offenbart eher einen anderen Schwachpunkt unserer Staatsanwaltschaften und damit der Justiz an sich, nämlich den der – im Gegensatz zur Freiheit der Richter – Weisungsgebundenheit der dort handelnden Personen, die in der Spitze beim jeweiligen Minister der Justiz, also im Zweifel einem Politiker, zwar hierarchisch endet, über dem aber faktisch noch die Richtlinienkompetenz des Ministerpräsidenten schwebt. Genau deshalb gibt es politisch motivierte Verfahren, die letztlich den Justizapparat mißbrauchen und lediglich dazu nutzen, um Schauprozesse zur Beruhigung von Bürgerunmut zu führen, wissend, daß man niemals siegreich sein wird. Hinzu kommen persönlich – zum Beispiel aus Neid – oder weltanschaulisch – zum Beispiel aus grundsätzlichem Haß gegen Vertreter des Kapitalismus – getriebene Anklagen, die gleichermaßen von Beginn an zum Scheitern verurteilt sind. Und die Zeche für diese programmierten Niederlagen zahlt sämtlich der Steuerzahler. Auf die Causa „Wiedeking“ übertragen bedeutet das, daß mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die im Verfahren tätigen Staatsanwälte allein auf Weisung tätig geworden sind und ihnen möglicherweise sogar positiv unterstellt werden kann, daß sie eventuell selbst gar nicht hinter der Anklage standen. Denkbar ist natürlich auch, daß sie in eigener Verbohrtheit agierten und es ihnen gelungen ist, alle Vorgesetzten zu überzeugen resp. zu täuschen, oder daß sie sich aus Überzeugung gerne vor den Karren haben spannen lassen. So oder so, ein derartiges Desaster darf nicht vorkommen.

Wie läßt sich ein solch‘ peinlicher Vorfall zukünftig vermeiden?

Zum einen plädiere ich dafür, das Justizministerium nicht mit einem Berufspolitiker, sondern immer mit einem weitestgehend unabhängigen externen Volljuristen, der als Organ der Rechtspflege, wissenschaftlich an einer Rechtsfakultät o. ä. tätig ist, zu besetzen. Ferner dürfte der für die Justiz zuständige Minister nicht vollständig der Kabinettsdisziplin und in keiner Weise der Richtlinienkompetenz unterliegen. Darüberhinaus sollte erwogen werden, das Recht zu seiner Bestellung und Abberufung aus den Händen des Ministerpräsidenten zu nehmen und an ein multiparteiliches Gremium, zum Beispiel den Ältestenrat, zu übergeben. Das alles schützte zwar nicht hundertprozentig gegen menschliches Versagen, es bewirkte aber definitiv eine weitaus größere Unabhängigkeit an der Spitze der Hierarchie.

Zum anderen sollten die Gerichte viel mehr von ihrem Recht Gebrauch machen, Anklagen nicht zuzulassen. Diese Möglichkeit wird leider zur Zeit kaum bis gar nicht genutzt, sei es aus Faulheit oder Feigheit. Im zugrundeliegenden Fall muß sich nämlich auch der Richter, der in der mündlichen Begründung des Freispruches erster Klasse so markige Worte in Richtung Staatsanwaltschaft abfeuert und für ewig in deren Poesiebücher meißelt, fragen lassen, warum er durch Zulassung der Anklage das Hauptverfahren überhaupt erst ermöglicht hat. Hinterher schlau tun und vorher alle Augen zuzudrücken ist jedenfalls nicht die feine Art und unter Organen der Rechtspflege hoffnungslos unkollegial. Die Schuld liegt demnach auf vielen Schultern, und jeder sollte sich an die eigene Nase fassen.

Die Entscheider aber sind aufgefordert, alles in ihrer Macht stehende zu unternehmen und geeignete Maßnahmen zu treffen, daß sich ein solches Justiz-Trauerspiel nicht wiederholt.

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

P. S.: Daß die Herren Wolfgang Porsche und Ferdinand Piëch nicht als Zeugen fungiert haben, weil sie ein Aussageverweigerungsrecht für sich reklamieren konnten, will ich genausowenig verschweigen wie die Tatsache, daß selbst ich im Grunde meines Herzens nicht fest davon überzeugt bin, daß in der Übernahmeschlacht damals alles mit rechten Dingen zugegangen ist. Es ist aber eben nicht alles justitiabel, und wenn etwas nicht bewiesen werden kann, muß man es halt sportlich sehen und wohl oder übel dann den aussichtslosen Kampf gar nicht erst aufnehmen.

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