wolfsgeheul.eu vom 26.03.2017

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Wer zuwenig Grundschullehrer ausbildet und sie obendrein schlechter bezahlt – wahrscheinlich besteht aus Sicht von Abiturienten, die die Qual der Wahl haben, sogar ein Zusammenhang – als die Kollegen an höheren Schulen, obwohl sie inzwischen als Akademiker – etwas, das die, die meiner tollen Tochter ihre Ausbildungs- und Berufswahl aus- bzw. schlechtreden wollten, bis heute genausowenig begriffen zu haben scheinen wie die Tatsache, daß es auch noch so etwas wie Berufung gibt, die nicht allein aufs Profane schielt – und nicht mehr als PH-Mäuschen daherkommen, der versündigt sich an der Jugend und dem gesamten Land.

Das reiche Hochtechnologieland Deutschland leistet sich aber genau diese Schande. Wenn die Wutbürger nicht überwiegend schwächer gebildet wären, hätten sie mit Fug und Recht ein weiteres Thema, das sie mit ihrer maximalen Erregung gewinnbringend aufgreifen könnten. Zum Glück sind sie dafür jedoch zu blöd.

Und was tuen unsere föderalen Staaten, die anders als zum Beispiel Bayern mit diesem Mangel zu kämpfen haben? Sie stellen massenhaft Quereinsteiger ein. An Sachsens Grundschulen – im ehemaligen Vorzeige-Freistaat also – zum Beispiel beträgt die Quote erschütternde 52 Prozent. Wenn dort keiner mehr dauerhaft hin will, liegt dies mit Sicherheit nicht nur an dem leider sachsentypischen oft haßartigen Fremdeln mit Fremdem. Aber auch Berlin mit 40 und Brandenburg mit 36 Prozent stellen sich kein Ruhmesblatt aus. Und daß NRW kein Vorzeigeland ist, weiß ich schon seit meiner Jugend. Was tuen wir uns mit diesen Notlösungen an! Pädagogisch völlig Unbeleckte mit Crashkurs widmen sich zukünftig dem Wichtigsten was ein Volk hat! Seiner Jugend! Und das eben nicht nur in den weiterführenden Schulen, an denen die Einstellung eines Naturwissenschaftlers – die waren doch selbst als ausgebildete Pädagogen immer etwas merkwürdig – ja noch angehen mag, sondern da wo Schulbildung beginnt und wo die Grundlagen für das Leben gelegt werden!

Das gepaart mit dem Erlernen der deutschen Sprache nach Gehör ohne Beachtung der Rechtschreibung kann doch nur in die Katastrophe führen. Und dafür sind alle demokratischen Parteien in Regierungsverantwortung mehr oder minder verantwortlich. Wollen die auslaufenden Initiatoren und deren Nachfolger des leider erfolgreichen Marsches durch die Institutionen  im Schulwesen eigentlich nicht mehr, daß die junge Generation mindestens so schlau wird wie sie!? Und wo bleiben die gegen diese unheilige Tendenz aktiv ankämpfenden Eltern?

Wenn ich mir nicht Mäßigung verordnet hätte, könnte ich bei diesem Thema ausrasten. Aber meine Kinder sind ja auch noch in einem vorbildlichen und damals führenden sächsischen Schulsystem großgeworden. Die potentiellen Eltern der Zukunft müßten also gemeinsam mit den aktuellen in den Harnisch gehen. So schön die neue positive Bewegung „Pulse of Europe“ auch sein mag, wir brauchen endlich wieder eine Kultur des Dagegenseins, die nicht tumb wie Pegida und AfD daherkommt, sondern konstruktiv und um der Sache willen streitsüchtig.

Guckt nicht länger zu!

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

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wolfsgeheul.eu vom 16.07.2015

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Jetzt ist das Urteil in Lüneburg gefallen, so daß ich nach meinen Kolumnen vom 21. und 27. 04.2015 auch hierauf eingehen möchte. Die bitterböse „Titanic“ titelt heute online unter der Rubrik „Fast richtige Schlagzeilen“ „Überraschend hartes Urteil: Oskar Gröning muß ins KZ“. Darüber muß man nicht in Lachen ausbrechen, wenn aber doch, soll es einem ohnehin wie bei Beckett im Halse stecken bleiben. Wie so oft liegt ein Kern Wahrheit in der Satire.

Die vier Jahre Strafe für Oskar Gröning sind in meinen Augen nämlich ein wohlfeiles politisches Urteil.

Rechtlich bleibt es gelinde gesagt fragwürdig. Direkte Beteiligungen an Tötungshandlungen – nach meiner Auffassung die einzige Möglichkeit, zu einer Verurteilung zu gelangen – sind nie behauptet und im Laufe der Beweisaufnahme auch nicht ans Licht gebracht worden. Selbst aber maßgebliche Mitarbeit mit Entscheidungskompetenz bei den Selektionen an der Rampe, die beim Demjanjuk-Prozeß juristisch zweifelhaft als ausreichend angesehen worden ist, wurde nicht nachgewiesen. Die Lüneburger Richter gehen also noch einen Schritt weiter, was faktisch bedeutet, daß jeder, der, egal wo, in einem Konzentrationslager Dienst getan hat oder tun mußte, sich der Beihilfe zum Massenmord schuldig gemacht hat. Mit großer Wahrscheinlichkeit dürfte die Revision damit das Urteil aufheben; meiner festen Überzeugung nach müßte sie es tun.

Warum spricht man dann trotz der großen öffentlichen Aufmerksamkeit ein mutmaßlich falsches Urteil, bei dem man vielleicht sogar unterstellen kann, daß der Spruchkörper das sehenden Auges getan hat?

Oskar Gröning ist 94 Jahre alt, und seine Gesundheit ist entsprechend stark angeschlagen. So dürfte eine Haftfähigkeit nicht gegeben sein, womit eine Vollstreckung bereits scheitert. Außerdem muß mit der Rechtsmitteleinlegung der Verteidigung gerechnet werden, so daß auch so der Haftantritt in sehr weite Ferne rückt. Hat man deshalb einfach einmal im luftleeren Raum vier Jahre verhängt, weil man weiß, daß der vermeintliche Delinquent niemals einrücken muß und mit hoher Wahrscheinlichkeit vor endgültiger Entscheidung ohnehin eines natürlichen Alterstodes sterben wird?

Das Urteil ist eine vertane Chance. Und wieder hat die bewunderungswürdige Eva Kor als Holocaust-Überlebende die richtigen Worte gefunden, wenn sie sagt, es wäre besser gewesen, „man hätte ihn zu Sozialdienst verurteilt, um gegen Neo-Nazis zu sprechen“. Rechtstechnisch wäre das eine Einstellung unter Auflage und in meinen Augen mit Zustimmung aller Beteiligten durchaus möglich gewesen. In Zeiten des Fremdenhasses und brennender Flüchtlingsheime könnten die letzten Zeitzeugen des Nazi-Terrors vielleicht einiges an Überzeugungsarbeit leisten, um diese verbohrten Neo-Nazis zur Einsicht und Umkehr zu bewegen.

Nicht verschweigen will ich, daß der Prozeß gleichwohl etwas Großes geleistet hat, weil Oskar Gröning, der auch hätte schweigen können, die Gelegenheit genutzt und sich ausdrücklich und eindeutig zu seiner moralischen Schuld bekannt hat, was sogar die Nebenkläger mit Respekt gewürdigt haben. Das ist doch ein großartiges Zeichen, daß hier jemand im Angesicht seines wohl nahen Todes hat setzen können. Die Bühne dafür geschaffen zu haben, dafür ist den Verfahrensbeteiligten allerdings zu danken.

Aber anstatt jetzt in Deutschland hastig weitere Anklagen zuzulassen, um in langwierigen Prozessen ähnliche Urteile zu produzieren, sollte lieber im Korschen Sinne schnellstens überlegt werden, wie man – zum Beispiel mit Einstellungen unter Auflage – die letzten noch lebenden Mitläufer des Dritten Reiches dazu bewegen und bringen kann, erstens in ähnlicher Weise wie Gröning ihre moralische Schuld einzugestehen und zweitens der Nachwelt zur Überzeugung zu verhelfen, daß eine solche Stimmung und Lage, die den Holocaust erst möglich machten, nie wieder entstehen können und dürfen. Und für führende Historiker, Soziologen und Pädagogen müßte es doch ein Leichtes sein, hierfür kurzfristig eine Strategie und ein tragfähiges Konzept zu entwickeln und umzusetzen. Es eilt! Die Zeit läuft bald ab.

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

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