wolfsgeheul.eu vom 01.05.2019

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Mit dem Zweiten sieht man längst nicht alles!

Gerade lief eine Viertelstunde lang ein Porträt über Chemnitz im Zusammenhang mit der Bewerbung als Kulturhauptstadt – gelänge es, könnten wir alle stolz darauf sein – im ZDF. Eine gute Chance also, ohne Beschönigungen etwas geradezurücken!

Und was macht das öffentlich-rechtliche Fernsehen daraus? Bei weitem zuwenig!

Die über die nationalen Grenzen hinaus wohlreputierten Häuser Oper und Kunstsammlung werden nur kurz von der Drohnenkamera ins Bild gesetzt. Das Museum Gunzenhauser sowie das Industriemuseum und die Villa Esche von van Velde finden genausowenig Erwähnung wie die Robert-Schumann-Philharmonie, das Chemnitzer Kabarett mit den großartigen Herren Ulbricht und Zweigler und die äußerst lebendige Szene der sowohl alten als auch jungen bildenden Künstler. Die qualitativ hochstehende TU Chemnitz wird nur indirekt erwähnt. Von der architektonischen Neuentwicklung mit Stars wie Jahn und Kollhoff und der Erfolgsgeschichte der Stadt während der Industriellen Revolution, die bis heute mit dem größten unzerstörten Gründerzeitviertel „Kaßberg“ – größer als am Neroberg in Wiesbaden – und florienden Unternehmen nachwirkt, wird gar nicht gesprochen. Die Reihe könnte fortgesetzt werden.

Ja, Chemnitz und Sachsen insgesamt sind kein Paradies und haben schwerwiegende Probleme gerade im Bereich des Extremismus sowie der überrepräsentativ verbreiteten Freiheits- und Demokratiefremdelei. Aber erstens stehen sie damit nicht allein und zweitens hat die durchaus spannende Stadt Chemnitz einen solch oberflächlichen Bericht definitiv nicht verdient.

Es zeigt sich leider immer wieder, daß die staatlichen Ferseh- und Rundfunkschaffenden nicht nur viel zu wenig Empathie für den östlichen Teil unserer Republik aufzubringen in der Lage und mutmaßlich willens sind, sondern – und das ist weitaus schlimmer – wenig bis keine subtile Kenntnis von den Gegebenheiten dort aufzuweisen haben. Damit werden sie ihrem Auftrag nicht gerecht. Das muß sich dringend ändern. Wenn in diesem Falle die Chemnitzer also darüber erbost sein sollten, hätten sie absolut recht.

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

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wolfsgeheul.eu vom 03.09.2018

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Auf einem Augen blind?

Zunächst aber einmal ein Hoch auf die Jugend! Nach vorläufigen Schätzungen haben heute in Chemnitz 65.000 überwiegend junge Menschen das Konzert unter dem Logo „#wirsindmehr“ und mit dem von jedem unterschreibbaren Motto „Aufstehen gegen rechte Hetze – Solidarität statt Rassismus“ besucht. Mit „nur“ 20.000 Teilnehmern war gerechnet worden. Was für ein grandioses Statement! Und daß die aufgetretenen Bands allesamt eine linke Gesinnung hegen, liegt in der Natur der Sache, wenn man bedenkt, daß es grundsätzlich kaum gute rechtsorientierte Künstler gibt. Außerdem sollten unsere Adoleszenten in einer bestimmten Phase ihrer Entwicklung auch ruhig links und damit  in einer gewissen Zwangsläufigkeit mehr oder weniger gegen die Staatsmacht und ihre Organe sein. Das gehört zu einem gesunden Sturm und Drang. Deshalb erscheint es mir nicht nur müßig, sondern kontraproduktiv, lächerlich und regelrecht unverschämt, wenn unser Bundespräsident wegen seiner spontanen Sympathiebekundung für die Veranstaltung gerade von der CDU angegangen wird. Vielmehr sollten wir den Bands und ihren Fans dankbar für dieses starke Zeichen sein und nicht nach dem Haar in der Suppe suchen. Für das geschundene Chemnitz war es ein längst überfälliger Segen.

Aber trotzdem gibt es in diesen Tagen wieder, das heißt leider nicht zum ersten Male, ein Versäumnis zu beklagen. Wenn alle nun auf die Sachsen und ihre hohe AfD-Akteptanz schauen, reduzieren sie damit das Problem in seiner Gesamtheit. Die sächsische Bevölkerung – in den anderen östlichen Bundesländern gestaltet es sich ähnlich – ist nämlich bis heute nicht in toto in Demokratie und freiheitlichem Rechtsstaat angekommen. Darin liegt die wirklich besorgniserregende Erkenntnis.

Lassen wir Zahlen sprechen! Die letzte Wahlumfrage in Bayern sieht die AfD bei 14 und die Linke bei 3 Prozent. Schlimm genug, aber bis auf weiteres keine echte Gefahr! Im sächsischen Freistaat dagegen sind nicht nur 25 Prozent für die AfD, sondern zusätzlich 18 Prozent für die Linke, was die meisten Journalisten und demokratischen Politiker unerklärlicherweise geflissentlich übersehen bzw. für nicht erwähnenswert ansehen. Das bedeutet jedoch, daß dort fast die Hälfte der Bevölkerung Parteien ihre Stimme anvertraut, die unstreitig und äußerst dezent formuliert nicht felsenfest auf dem Boden unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung stehen. Hierin besteht das Drama! An der Beseitigung dieses Phänomens muß dringendst gearbeitet werden.

Wer das nicht sieht, ist bei aller berechtigten Sorge über die rechten Auswüchse tatsächlich auf dem linken Auge blind.

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

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