wolfsgeheul.eu vom 06.12.2015

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Dummheit und Stolz wachsen auf einem Holz, hat meine Oma immer gesagt!

Zwei typische Beispiele für diese genauso bodenständige wie richtige These haben sich in den letzten Tagen gezeigt.

Da wäre ‚mal wieder ein Shitstorm. Die noble und erfolgreiche Firma „Lindt“ stellt seit ewigen Zeiten auch edle Adventskalender her. Ein Motiv der Pappwundertüte stellt schon über zehn Jahre lang ein orientalisch anmutendes Bauwerk mit goldenen Zwiebeltürmchen dar; davor mutmaßlich die Weisen aus dem Morgenland, resp. die Heiligen Drei Könige auf Kamelen, Hirten und hinter dem doppelflügeligen Portal als vierundzwanzigstes Türchen die Krippe. Ein Verkaufsrenner!

Dieses Jahr nun erregt die Darstellung Unmut, nachdem die leckere Schoki-Bude das Motiv in sozialen Netzwerken bewirbt. Die deutschnational stolzen aber geistig tieffliegenden Islamgegner – überwiegend mutmaßlich übrigens Heiden! – empören sich, daß die Weihnachstgeschichte vor und in einer vermeintlichen Moschee sich abspielt. Ja, großartig! Glauben die ernsthaft, daß der jüdische Wanderprediger Jesus im vorderen Orient auf einer weitläufigen Domplatte im Schatten einer doppeltürmigen Kathedrale umhergewandelt ist und die Pegidaanhänger aus dem Tempel vertrieben hat!? Idioten!

Ähnlich blöd geriert sich zum wiederholten Male die zunehmend an ihrer eigenen Überheblichtkeit erstickende Firma „Mercedes“. In ihrem vierten Hochglanz-„Magazin“ diesen Jahres zeigen sie ihre etwas pummelig daherkommende Schießschartenausgabe der C-Klasse, genannt Coupé, und feiern es als „Kunststück“, welches „neu und auf dem besten Weg zum Designklassiker“ sei, das ganze garniert mit Bildern vor Gerrys Vitra Design Museum und einem Interview mit dessen Leiter Dr. Mateo Kries. Einmal abgesehen davon, daß ein „Coupé“ genanntes Automobil von Mercedes-Benz bisher immer mit der Besonderheit einer fehlenden B-Säule und vier öffenbaren Scheiben glänzte, was das einzigartige Flair dieser Karrosserieform hauptsächlich ausmachte, sprich, der neue Sproß diesbezüglich sein Klassenziel kläglich verfehlt, hilft Dr. Kries auf die Frage „Was muß geschehen, damit ein bestimmtes Design zum Klassiker wird?“ mit seiner Antwort „Da ist zum einen der Faktor Zeit. Nach zwanzig, dreißig Jahren kann man das eine nicht mehr sehen, während das andere immer noch gegenwärtig wirkt!“. Mercedes, zuhören und sich dann in Bescheidenheit üben! Deine Prahlerei gleicht dem Pfeifen im dunklen Walde. Ihr scheitert schon seit Jahren an der Last eurer Geschichte, denn früher sind euch wirklich Klassiker gelungen. Die habt ihr aber bei Erscheinen nicht so bezeichnet, sondern die Zeit entscheiden lassen. Mit dieser vornehm zurückhaltenden aber kraftvoll selbstüberzeugten Attitüde desjenigen, der weiß, daß er sein bestes gibt, hat man die Chance, wirklich in die Geschichte einzugehen. Dicke Backen machen, ist einfach nur kindlich und lächerlich, die braucht es nicht, wenn man gut ist.

Und Dr. Kries, warum geben sie sich für eine solche Schmierenkomödie her!? Ach, so! Mercedes sponsort ihre aktuelle Austellung! Eine Kunstnutte, die die Klassiker der Moderne verwaltet, ist enttäuschend und vielleicht eine Fehlbesetzung. Ihre Strafe wird hoffentlich sein, daß ihr Dienstherr ihnen das neue C-Coupé als Firmenwagen verordnet. Sie werden den Aufenthalt in ihrem Museum danach in erhöhtem Maße zu schätzen wissen, umgeben von echten Klassikern. Machen sie mal mit den Mercedesoberen eine Führung und lehren sie sie Demut.

Und bei meinem nächsten Besuch in Weil werde ich versuchen mein W124er Coupé direkt vorm Eingang zu parkieren. Nehme ihn nach dem Rundgang aber in dem Wissen wieder mit, daß er kurzzeitig als würdiger Teil des Gesamtensembles gewirkt hat!

Oma, du hast ja so recht! Schade, aber immer schon wahr!

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

 

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wolfsgeheul.eu vom 09.09.2015

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Die Welt dreht sich immer schneller und innerhalb von gut zwanzig Jahren kann sich der Stil einer Marke radikal ändern. Die Rede soll sein von „Mercedes-Benz“.

Dabei soll es weniger um die Präsentation im Autohaus gehen, wenngleich auch hier ein merklicher Wandel sich vollzogen hat. Während man noch vor rund vierzig Jahren taxiert und von oben herab behandelt wurde, war die Atmosphäre vor zwanzig Jahren schon etwas entspannter und freundlicher. Heute dagegen kann man weder von dem einen noch von dem anderen sprechen. Der Kunde wird gar nicht mehr wahrgenommen, er kann sich stundenlang im Luxus-Showroom aufhalten, ohne überhaupt beachtet zu werden. Und wenn man aktiv auf einen dieser Schreibtisch-Verkäufer zugeht, steht der zumeist noch nicht einmal auf. In der Folge werden dann zum Beispiel auch versprochene Rückrufe zur Vereinbarung einer Probefahrt geflissentlich vergessen. Man hat es wohl nicht mehr nötig.

Was aber viel eindrücklicher erscheint, ist die Art der verbalen Anpreisung der Produkte in den Katalogen.

Früher ging es vornehm und dezent zu, man war selbstbewußt, aber nicht überheblich. Heute quillt aus dem Hochglanzprospekt die Arroganz, die Selbsbeweihräucherung und die Hybris nur so hervor. Im zwanzig Jahre alten Katalog für die Coupés der E-Klasse redet man den Leser mit „Sehr geehrte Kundin, sehr geehrter Kunde,“ an, für die heutigen barocken Kisten fällt man mit der Tür ins Haus „Die E-Klasse. In Bestform.“. Gegen „Tugenden wie Zuverlässigkeit, Umweltverträglichkeit und Sicherheit mit kultivierter Kraft und dem Flair eines wirklich ungewöhnlichen Automobils“ steht „Schöner kann man Vorwärtsdrang nicht modellieren“. Das alte Coupé ist „dezenter als ein Sportwagen“ und hat „klare, klassische Linien“, „elegante Proportionen“, das neue steht für „in athletischem Schwung geformte Flanken“ und streckt sich „spannungsvoll nach vorne – den Straßen der Welt entgegen“. Und früher galt „Ein Bild sagt bekanntlich mehr als 1000 Worte – und eine Probefahrt mehr als 1000 Bilder“; heute ist das Wort „Probefahrt“ im gesamten Katalog gar nicht mehr zu finden.

Und genau deshalb machen die heutigen Mercedes-Automobile und viele ihrer Besitzer auch immer ein bißchen auf dicke Hose. Neumodischer Protz begegnet alter schwäbicher Solidität mit einer Prise Eleganz.  Zurückhaltung und stiller Genuß treffen heute auf einen eher aufdringlichen Habitus. Die Straßen dieser Welt werden immer besser, und die Fahrzeuge darauf immer beliebiger, spielen aber gewaltig mit den Muskeln. Da steht Unterhemd gegen Smoking. Zwanzig Jahre ändern tatsächlich eine Marke. Schade, denn früher galt einmal Konstanz als Qualität.

Schön, daß es den alten Stil noch gibt. Und er hat nichts an Aktualität verloren, im Gegenteil, wir bräuchten ihn mehr denn je. Denn Hochmut kommt vor dem Fall.

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

 

 

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