wolfsgeheul.eu vom 27.03.2017

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Es gehört zu den weit verbreiteten Irrtümern, daß ein Großtanker einen Bremsweg von mindestens 60 Kilometern hat. Vielmehr liegt der bei einem rund 300 Meter langen Schiff zwischen „nur“ 4,5 und 6 Kilometern. Eine Wende von 180 Grad bewerkstelligt er übrigens „schon“ innerhalb von unter 2 Kilometern, was angesichts der großen Masse fast als wendig zu bezeichnen ist.

Das Bild von großen Volksparteien als Tankschiff liegt also denkbar schief. Wenn die nicht sich besinnend zurückrudern oder umschwenken, so sie Fehler erkennen, können sie sich eben nicht auf die Schwerfälligkeit der Ozeanriesen berufen. Vielmehr liegt dann eine vorsätzliche Unbelehrbarkeit, sprich ein ignorantes Verweigern vor, den Maschinentelegraph zurückzustellen und das Ruder herumzureißen.

Heute freuen sich viele über die hohe Beteiligung und den Ausgang der Wahlen im Saarland. Das hat durchaus seine Berechtigung. Denn vom Makel des erneuten Scheiterns der FDP abgesehen stellt sie quasi eine Absage sowohl an die AfD als auch an Rot-Rot-Grün dar. Wenn man dann aber sehen muß, in welcher Sattheit und Selbstgefälligkeit sich die Wahlsieger von der Union sofort arrogant und wohlig zurücklehnen, kommen leider umgehend Zweifel daran auf, daß die Christdemokraten und -sozialen tatsächlich lernfähig und bereit sind, wieder ihren – da unterscheiden sie sich leider in keinster Weise von den anderen Parteien – oftmals allein pfründenorientierten Fokus zu schärfen und mit Konstanz eine fundiert-kompetente Linie um der Sache willen zu verfolgen, ohne dabei den Kontakt zu ihrem Volk zu verlieren. Auch die SPD redet sich das Ergebnis schön, hat sie doch letztlich trotzdem ihre Pöstchen an der Saar gesichert.

Deshalb kann man nur hoffen, daß die Tendenz zu einer höheren Politisierung unserer Bevölkerung als Erwachen der zulange geschwiegen und still erduldet habenden Masse der Gesellschaft gewertet werden kann und diese nun mehrheitlich gewillt ist, die Parteien vor sich herzutreiben und kritisch zu verfolgen, so daß es ihnen fürderhin nicht mehr möglich sein wird, unbehelligt in ihrem eigenen Saft im Elfenbeinturm zu ihrem Nutzen und Frommen vor sich hinzuschmoren.

Wir brauchen einen Richtungswechsel und ein dauerhaftes Zurückgewinnen von Vertrauen. Der Weg ist noch lang und das Ziel weit, denn Verkrustung und -fettung, die sich in mehr als siebzig Jahren Frieden herausgebildet haben, sind hartnäckig und schwer zu beseitigen.

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

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wolfsgeheul.eu vom 16.03.2017

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Abgerechnet wird am Wahltag. Hurra!

Wenn dieser gelackte, rechte Populistenbrandstifter Wilders – im Ausland sind die eben nicht wie bei uns bieder, sondern smart – gewonnen hätte, wäre ich ernsthaft ins Grübeln gekommen, ob ich am heutigen Abend mit großer Lust das Dinnermeeting meines internationalen Maastrichter Lions Clubs besuche. Da ich gewöhnlich die Schnauze nicht halten kann, wäre mir sonst nämlich sicherlich eine bittere Bemerkung über die Lippen gekommen, obwohl wir als Serviceorganisation strikt unpolitisch und unreligiös sind, was uns aber nicht hindert, politische und denkende Menschen zu sein bzw. zu bleiben und uns im kleinen wie großen Kreis entsprechend zu äußern.

So aber kann ich Holland – die vorbildliche Wahlbeteiligung von über achtzig Prozent sollte uns zu denken geben und Vorbild sein – und meinen Limburger Freunden nur gratulieren, daß sie dem Rechtspopulismus letztlich doch die Rote Karte gezeigt haben. Wie schwierig es bei der etwas zerklüfteten Parteienstruktur – Rutte hat rund zehn Sitze verloren, also wahrlich kein Grund zu ungetrübter Freude – in den Niederlanden auch werden wird, eine Regierungskoalition zustande zu bringen, jetzt sind die gemäßigten Demokraten gefordert, zu zeigen, wie gute Demokratien funktionieren.

Dieses Ergebnis wird hoffentlich fanalhafte Wirkung auf die kommenden Wahlen in Deutschland und Frankreich ausüben. Auch wenn ich die Methode von Ministerpräsident Rutte, die jetzt leider von der Saarländischen Regierungschefin kopiert wurde, grundsätzlich ablehne, muß ich zugeben, daß man im Sinne des Zweckes, der die Mittel heiligt, dieses Vorgehen doch billigen kann und vielleicht sogar sollte. Denn eines ist evident! Wenn die Rechten jetzt reihenweise verlieren sollten, dürfte sie das nachhaltig schwächen.

Das bedeutete aber nicht, daß sich die gemäßigten Kräfte dann in Sicherheit wiegen könnten. Sie müssen vielmehr endlich beweisen, daß sie lernfähig und in der Lage sind, das Volk wieder ernst zu nehmen und zu verstehen. Die Entfernung vom einfachen Mann von der Straße, die sich in letzter Zeit im Zuge allgemeiner Sattheit und Ignoranz wie ein schleichendes Gift bedauerlicherweise entwickelt hat, dürfte der Hauptgrund für das Aufbegehren in der Bevölkerung darstellen. Außerdem müssen die unbestreitbaren Nachteile der freien Gesellschaft, der offenen Grenzen und der Migration, die in letzter Zeit mehr und mehr ausgeufert sind, schnellstens wieder eingedämmt werden. Der Staat muß in allen Bereichen zeigen, daß er die Hoheit über die Prozesse hat und Mißbrauch weitestgehend zu verhindern in der Lage ist. Hier herrscht dringender Optimierungsbedarf. Nur so wird zu verhindern sein, daß unsere freiheitlichen und liberalen Grundüberzeugungen früher oder später von den – teils übrigens auch berechtigterweise – Unzufriedenen zu Fall gebracht werden. Wer also jetzt die Zeichen nicht sieht und versteht, wird die zweite Welle nicht verhindern. Das ganze – hoffentlich nur vorübergehende – Desaster war und ist ein tiefsitzender Warnschuß.

Demokraten, hört die Signale!

Und ich fahre jetzt ohne Grenzkontrollen und freudig nach Maastricht.

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

P. S.: An alle Trumphysteriker! Das Bundesgericht in Hawaii hat auch das zweite Einreiseverbot kassiert. Es lohnt sich, der Demokratie und dem Rechtsstaat zu vertrauen, denn es macht ruhiger.

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