wolfsgeheul.eu vom 18.09.2015

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Es waren einmal eine Tageszeitung für geistig minderbemittelte Analphabeten im Endstadium und ein Paketzusteller, der mit einer so langen Subunternehmerkette arbeitet, daß am Ende als dienstbare Geister armselige Männchen mit klapprigen Privatautos vor der Türe des Empfängers als Überbringer in Erscheinung treten. Der Transporteur verdient auf diese teuflische Art so viel Geld, daß er seit dem Jahre 2013 im Range eines Premium-Sponsors bei der Deutschen Fußball-Bundesliga auftreten kann.

Beide hatten die Idee, von der Flüchtlings- und Auswandererwelle in irgendeiner Weise zu profitieren. Die Zeitung hoffte auf neue Leser, da ihr Schmierenblättchen selbst von Menschen konsumiert werden kann, die nur bröckchenhaft der deutschen Sprache mächtig sind, und sieht gleichzeitig die Chance, durch geheucheltes Gutmenschentum zusätzlich die Beliebtheitswerte und letztlich ebenfalls die Auflage hochzutreiben. Der Päckchenrumkutschierer hat die noch etwas diffuse – die Hausjuristen arbeiten aber schon fieberhaft an Modellen zur Umsetzung – Hoffnung, aus der großen Schar der Ankömmlinge noch billigere Arbeitskräfte rekrutieren zu können, um die Gewinnkurve weiter nach oben zu ziehen.

Der Zeitungsverlag hatte bereits eine Kampagne zur pauschal dümmlichen Willkommenskultur kreiert, Motto „WIR HELFEN“, Untertitel „#refugeeswelcome“ mit kleinem weißroten Logo des Blattes als runder Aufkleber. Verbrechertypisch kollusiv sah der Spediteuer seine Chance, auf den Zug aufzuspringen, und bot an, am kommenden Spieltag seine Werbeflächen der Aktion zur Verfügung zu stellen und auf die eigene Werbung ersatzlos zu verzichten. Die Vereine wurden seitens der DFL gebeten, ihr Trikotpatch entsprechend auszutauschen, eine Verpflichtung lag darin allerdings nicht.

Und jetzt kommt der Knüller! Der FC St. Pauli besitzt doch die Frechheit, die Teilnahme mit der schlüssigen Begründung zu verweigern, man sei schon längst aus freien Stücken umfänglich helfend tätig. Da hatte der Anarchisten-Club aus dem Norden aber die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Freiwillig heißt heute im Zusammenhang mit tatsächlich oder vermeintlich armen Menschen nämlich nicht können, sondern müssen. Wer da ausschert ist eine moralische Drecksau. Und entsprechend brüllt der Chefredakteur der Zeitung, der Fußballverein habe wohl „kein Herz für Flüchtlinge“. Und tatsächlich haben auch schon Gabriel, von der Leyen, Lindner und weitere B- und C-Promis aus Politik, Unterhaltung und Gesellschaft sich, ohne mit der Wimper zu zucken, mit dem Logo ablichten lassen. Nichtsdestotrotz und glücklicherweise haben einige Kollegen Pauli nicht im Regen stehen lassen und sind der Ablehnung beigesprungen, namentlich z. B. Freiburg, Nürnberg, Bochum.

Was bleibt? Ein schaler Nachgeschmack! Denn, bei aller Achtung vor St. Paulis Schritt, jeden Spieltag mit dem Hermes-Logo aufzulaufen, hat ihnen bisher offenbar auch keine Probleme gemacht und moralische Skrupel verursacht, und wenn Bild über sie schreibt, hat man sich ebenfalls sehr gefreut, ohne über den Springer-Verlag und seine Rolle weiter nachzusinnen und zu hinterfragen, ob man sich mit ihm überhaupt gemein machen sollte. Geld und Macht verderben eben jede Moral, und Geld regiert die Welt. So bigott es auch sein mag!

Nur fragt man sich, was eigentlich unabhängige Poliker bewegt bzw. nicht mehr hindert, auf solch elendige Züge ohne zu zögern und nachzudenken aufzuspringen. Ach, ich vergaß! In der Politik geht es auch nur noch um Macht und Geld, und da ist man der Mafia eben immer näher als jedem redlichen Unternehmer und Bürger.

Gute Nacht, Deutschland!

Ihr/Euer Wolf

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wolfsgeheul.eu vom 21.04.2015

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Nach der kleinen Verschnaufpause gestern verspüre ich heute den Drang, mich auf ultimativ schwieriges und vermintes Gelände zu begeben. Es wird leider wieder etwas länger. Anlaß ist der Prozeß gegen den sogenannten „Buchhalter von Auschwitz“, den 93-jährigen Oskar G., vor dem Landgericht Lüneburg, dem laut Anklage Beihilfe zum Mord in mindestens 300.000 Fällen vorgeworfen wird.

Zunächst gilt es, bei aller Brisanz des Falles mein Unverständnis darüber zu äußern, daß die Presse den Angeklagten bei vollem Namen nennt, obwohl grob gesagt der Bundesgerichtshof in diesem Thema den Schutz des Persönlichkeitsrechtes einzig bei weithin bekannten Personen des öffentlichen Lebens hinter das Informationsinteresse der Öffentlichkeit zurücktreten läßt. Wer aber hat bisher den Angeklagten gekannt!? Was rechtfertigt also hier eine abweichende Handhabung?

Sodann möchte ich mich der Frage widmen, ob das Tun des Angeklagten vor über 70 Jahren im Vernichtungslager Auschwitz tatsächlich strafrechtlich relevant sein kann und sein sollte.

Voranstellen möchte ich, daß der Holocaust von allen drei großen Völkermorden des 20. Jahrhunderts, wie sie der Papst neulich richtigerweise benannt hat, der perfideste war; diese fabrikmäßige Tötungsmaschinerie ist unzweifelhaft beispiellos und stellt – hoffentlich für alle Zeiten – den traurigen Höhepunkt in der Geschichte menschlicher Greueltaten dar; damit müssen wir Deutschen leben. Machthaber und deren Führungsriege, die so etwas anordnen und durchführen lassen, sind vollverantwortlich und gehören der höchstmöglichen Bestrafung zugeführt. Dafür gab es in der Hauptsache richtigerweise die Nürnberger Prozesse, die man zumindest vom Grundsatz her nicht kritisieren kann, weshalb hier auf das Eingehen zu Einzelheiten verzichtet werden soll. Die eigentlich interessante Frage stellt die nach der strafrechtsrelevanten Schuld der Ausführenden dar, also denen, die der aktuell Angeklagte Oskar G. bezogen auf sich bereits Mitte der achtziger Jahre als „Rädchen im Getriebe“ – ob der Diminutiv hier verharmlosend klingt und sein soll, lasse ich dahingestellt – bezeichnet hat.

Offenbar unstreitig hat Oskar G. sich selbst weder an den sogenannten „Selektionen“, noch an Tötungshandlungen direkt und aktiv beteiligt; er soll sogar Vorgesetzte eingeschaltet und um seine Versetzung an die Front(!) gebeten haben, nachdem er Augenzeuge von grausamen Morden außerhalb des Auschwitzgeländes geworden war. Das erklärt, warum ihm bisher trotz Ermittlungen auch nicht der Prozeß gemacht wurde, weil die Rechtsprechung nach dem Krieg grob gesagt eine eigene Tätigkeit des Beschuldigten forderte, die ohne jeden Zweifel mit Ermordungen praktisch unmittelbar in Verbindung stand. Hiervon ist erst im Jahre 2011 vom Landgericht München im Demjanjuk-Verfahren abgewichen worden, das eine Verurteilung vornahm, ohne daß dem Angeklagten eine konkrete Tat zugeschrieben werden konnte; wichtig zu erwähnen ist hier aber die Tatsache, daß dieses Urteil niemals Rechtskraft erlangt hat, da beide Seiten, also Anklage und Verteidigung Revision gegen das Urteil eingelegt haben und Demjanjuk darüber verstarb. Auch hier soll, weil es zu weit führen würde, auf die näheren Einzelheiten des Prozesses – nur eines, der Angeklagte hatte nach dortiger Verurteilung schon eine siebenjährige Haftstrafe in Israel verbüßt – nicht eingegangen werden. Gerade das Münchener Urteil aber nimmt die Staatsanwaltschaft im Lüneburger Prozeß her, um eine Strafbarkeit im Sinne der Anklage zu behaupten. Das verwundert im übrigen umso mehr, als meines Wissens dieser strenge und weitauslegende Maßstab – meiner Ansicht nach richtigerweise – ebenfalls nicht auf die Beteiligten an den Mauertoten in der bundesrepublikanischen Rechtsprechung nach der Wende angewandt worden ist, also nur Schützen und Befehlsgeber verurteilt wurden. Es wird demnach spannend sein, den weiteren Prozeßverlauf zu beobachten.

Meiner Ansicht nach ist das Landgericht München damals zu weit gegangen. Erstens ist nach Nazideutschland glücklicherweise gerade nicht gemäß dem Motto verfahren worden, daß man die Kleinen gehängt und die Großen laufen gelassen hat. Zweitens stellt sich doch die Frage, wie weit man strafrechtlich – hier geht es ausdrücklich nicht um die moralische Seite, die man sicher anders und kontrovers diskutieren kann – für eine Verurteilung ausreichend Schuld auf die Beteiligten herunterbrechen kann. Mit der Argumentation der Münchener Richter könnte man wohl jedenfalls jede Putzfrau, die in einer Konzentrationslagerverwaltung ihren Dienst getan hat, letztlich aber vielleicht sogar jede Mutter, die ihre Kinder ernährt und großgezogen hat, so daß sie später unter anderem für Arbeiten in Vernichtungslagern zur Verfügung standen, verurteilen. Alles nur eine Frage der Kausalität! Damit hätte man den Hebel, um fast ein ganzes Volk, das unter einer Diktatur lebte und handelte, ja handeln mußte, ins Gefängnis zu stecken. Da kann etwas nicht stimmen.

Um das Verfahren gegen Oskar G. überraschend und fragwürdig zu finden, braucht man sich also gar nicht mit der Frage zu befassen, ob man einem Soldaten, der mit großer Sicherheit jede Verweigerung welcher Handlung und Tat auch immer mit dem eigenen Tod bezahlt hätte, überhaupt sein Tun vorwerfen kann. Wohlgemerkt meine ich in dieser Frage mit „Soldat“ nicht den, der „hier“ schreit und die „Gunst der Stunde“ nutzend mit der Ausführung staatlich „erlaubter“ Taten quasi legal seine eigenen niederen Motive und Lüste befriedigt, sondern den Menschen wie du und ich – ausdrücklich denke ich dabei auch an meinen 93-jährigen Vater, der ebenfalls den Krieg hautnah miterleben mußte, aber letztlich das, falls man überhaupt in diesem Zusammenhang davon sprechen kann, Glück hatte, nicht an der Ostfront, in der Normandie oder gar in einem Konzentrationslager dienen zu müssen -, der das Pech hat, in eine solche Zeit hineingeboren und in ihre Ereignisse hineingezogen zu werden und ohne Ansehen seiner damaligen Überzeugungen zum freudlosen Mittun verdammt wird, also mutmaßlich die Mehrheit. Das sollte man seinem schlimmsten Feind nicht wünschen, und meines Erachtens kann keiner, der nicht etwas Vergleichbares je hat erleben müssen, sich in eine solche Situation hineinversetzen. Wer einmal den durchaus empfehlenswerten Selbstversuch mit der furchtbaren Lektüre von Jonathan Littells Roman „Die Wohlgesinnten“ durchgeführt hat, wird wahrscheinlich wie ich wissen, daß selbst danach viele Fragen unbeantwortet bleiben und die Erkenntnis, daß das Böse in uns allen steckt, keine neue war.

Vielleicht – dies gebe ich, ohne jemanden schützen oder der Entscheidung vorgreifen zu wollen, dem Lüneburger Spruchkörper lediglich zu bedenken – sollte man das letzte Urteil vielfach Gottes Gericht allein  überlassen und sich nicht als Erdenbürger aufschwingen diesem vorzugreifen. Schließlich gilt es, allein zu berücksichtigen, daß Oskar G., den ich nicht kenne und vom dem ich auch ansonsten nichts gesichert weiß, bei Kriegsende maximal erst 25 Jahre alt war. Vielleicht war er in seinem langen Leben ein guter Mensch. Ich jedenfalls möchte mit ihm, seinen grausamen Erlebnissen, seinen mutmaßlich vorhanden gewesenen Skrupeln und sicherlich lebenslang quälenden Erinnerungen – man könnte eventuell sogar die Ansicht vertreten, daß er damit schon genug gestraft ist – was die Kriegsjahre und die Zeit danach anlangen nicht tauschen.

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

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