wolfsgeheul.eu vom 13.02.2018

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Outing ist out!

Woran liegt das eigentlich? Sind alle menschlichen Geheimnisse aufgedeckt, weil bereits jeder jedem irgendetwas ihn betreffendes Intimes auf die Nase gebunden hat, obwohl man das eigentlich gar nicht immer hat wissen wollen? Oder hält ein harter Kern von dezenten Menschen gegen den allgemeinen Trend mit bestimmten harten Fakten standhaft hinterm Berg, weil sie noch respektieren, daß es Lebensbereiche gibt, über die man die Öffentlichkeit nicht unbedingt im Detail informieren muß?

Diese offenbarungsarme Phase möchte ich durchbrechen und mich einmal outen. Bekanntermaßen bin ich in Düsseldorf geboren und durch meine rheinische Mutter und die dortige Umgebung mit dem in dieser Gegend üblichen klassischen rheinischen Singsang großgeworden. Wenn man dann im Rheinland herumkommt, stellt man fest, daß die hier heimischen ripuarischen Dialekte von Ort zu Ort stark divergieren können. Manche Begriffe auf Platt sind schon ein Dorf weiter vollkommen unbekannt. Der Verständigung untereinander tut das aber überwiegend keinen Abbruch.

Nun bin ich irgendwann im Zuge meiner Adoleszenz mit dem kölschen Liedgut in Kontakt gekommen, weil – auch das habe ich schon oft erwähnt – man in der Domstadt ein einmaliges Händchen dafür hat, der rheinischen Lebensart sängerisch Ausdruck zu verleihen und damit alle Zungen im Rheinland zu einen. Natürlich mußten die Nachbarn Kölns das eine oder andere Wort lernen, weil der kölsche Dialekt einiges bereit hält, was nur dort gesagt und verstanden wird.

Ein Wort aber – und hier kommt nun mein Outing – habe ich jahrelang nicht nur nicht verstanden, sonders es hat mich regelrecht irritiert. „Ring“! Es war mir recht unbegreiflich, warum der Kölner neben seinem Dom ständig auch seine innerstädtische Hauptverkehrsader, den „Kölner Ring“, besingen, ja fast verehren muß. Das hat mich allerdings nicht vom kräftigen Mitsingen abgehalten. Es hat dann tatsächlich länger gebraucht, bis ich dahintergekommen bin, daß damit der „Rhein“ gemeint ist. Diese Verwechslung war mir offenbar so peinlich, daß ich sie meiner Erinnerung nach noch niemandem gebeichtet habe.

Gestern aber bin ich per Zufall darauf gestoßen, daß das neunbändige Werk „Rheinisches Wörterbuch“ auch online verfügbar ist(Link: http://woerterbuchnetz.de/cgi-bin/WBNetz/wbgui_py?sigle=RhWB ). Und wenn man darin unter „Ring“ schaut, wird dort mit keinem Wort erwähnt, daß es sich auch um ein Synonym für den großen Strom handelt. Somit darf ich mich wohl exkulpiert fühlen.

Gleichzeitig flammt die Frage wieder auf, ob die kölschen Jecken nicht doch mehrspurige Straßen besingen. Denn ausgeschlossen kann bei diesem besonderen Menschenschlag nichts werden. Handeln Lieder doch zum Bespiel auch von einer Hilfsschule in der Kaygasse oder einem Büdchen in Bickendorf. Aber eigentlich ist die Antwort egal! Denn die Rheintöchter bewachen bis heute den Nibelungenschatz. Demnach sicherlich auch so manchen Ring!

Alaaf nach Köln und schöne Nubbelverbrennung! Auf Wiedersehen in der nächsten Session!

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

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wolfsgeheul.eu vom 01.03.2017

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„Zum Prinzen drängt,

Am Prinzen hängt,

Doch alles. Ach wir Glücklichen!“

„Fack ju Göhte“ und sorry für Verballhornung! Am Aschermittwoch ist zwar alles vorbei, aber auch die Zeit, ein Resümee über die Karnevalssession zu ziehen und nicht überraschend festzustellen, daß alles im Mißraten wie im Mißlingen an einzelnen Menschen hängt.

Die Mainzer haben sich nicht den Schneid abkaufen lassen und eine beachtliche, wenn auch teilweise etwas überambiotionierte Sitzung, was das Anti-AfD-Sendungsbewußtsein anbelangte, mit gigantischen Fernsehquoten hingelegt. Die Kölner haben wohl eine grandiose Saison mit einem bürgernahen und insgesamt herausragenden Dreigestirn, das obendrein die Krätzje-Tradition belebt hat und sehr karitativ unterwegs war, hinter sich gebracht. Von Düsseldorf, meiner Geburtsstadt, gibt es wie immer überwiegend von den alles überragenden politischen Rosenmontagswagen Tillys nur Gutes zu berichten.

Und meine Heimatstadt Aachen? Der öffentlichkeitswirksame Teil des Karnevals mit der Entscheidung für Ritter Gysi stand stark in meiner Kritik. Aber den Bereich des eher Lokalen – aber des damit nicht minder Wichtigen – kann man nur in höchsten Tönen loben. „Eimol Prinz zo sin“, der diesjährige Thomas III. hat nach meiner Kenntnis alles bisher dagewesene übertroffen, indem er mit seinem Hofstaat ein paar wunderbare Lieder eingesungen und mit schier unendlicher Energie rastlos über Wochen vorgetragen hat, die die nach lokaler Karnevalsmusik geradezu lechzenden heimischen Jecken mitgerissen haben. Man kann es ja auch nur zu gut verstehen. Denn sosehr ich die Kölner schätze und verehre, so blöd kann es natürlich auch manchmal sein, wenn Öcher oder Düsseldorfer in Ermangelung eigener Songs mit Inbrunst „Ich bin ne kölsche Jung“ schmettern. Und den gestrigen AKV-Theaterball, den ich trotz meiner kleinen Fehde erstmalig besucht habe, weil ich es versprochen hatte, hat er damit veredelt und zu einem unvergeßlichen Erlebnis gemacht, das die Session fulminant beendete. Wenn aber ansonsten der beste karnevalistische Beitrag des Abends von einem urkomischen Duo vom alternativen „Kappesball“ bestritten wird, sollten sich die Lackschuhkarnevalisten einmal Gedanken machen. Es ist zwar schön, daß die ansonsten sehr gegensätzlichen Gruppen auf diese Weise aufeinanderzugehen – etwas, das in Köln zwischen „Stunksitzung“ und Etablierten wohl eher undenkbar erscheint -, aber für die Traditionsvereine sollte es einen Weckruf darstellen und den diesbezüglichen Nachholbedarf in den eigenen Reihen deutlich machen.

Die ultimative Abrundung war dann der Aschermittwochs-Gottesdienst heute abend im Hohen Dom zu Aachen auf Öcher Platt. So klingt zum Beispiel die Spezialfassung des „Vater unser“ im hiesigen Dialekt:

„Vadder ejjene Hömmel, Dinge Nam sall os heilig siie. Die Rich sall komme, Dinge Well sall jelde ejjene Hömmel än open Eäd. Jevv os et däjelich Bruet än loss os de Schold noeh, wie ouch vür dön verjevve welle, die aan os schöldig wooete. Loss os net vür der reähte Wejg avkomme än erlues os va de Schleähtigheät. Denn Du alleng hat et Sage, die Kraff än de Praach. Ömmerzou. Amen.“

Da geht einem – nur als Rheinländer? – doch das Herz auf. Und wenn dann noch auf dem Heimweg mich mein türkischer Gemüsehändler dezent auf den Schmier auf meiner Stirn aufmerksam macht, für den er mein Aschekreuz hält und der ihn zunächst gar zu der Vermutung verleitet, ich hätte eine Autopanne gehabt, und wir beide nach der Aufklärung herzlich lachen, dann weiß ich einmal mehr nicht, was man Grundsätzliches gegen ein Nebeneinander der Kulturen haben kann. Es bereichert beide Seiten und macht mein Aachen so lebenswert. Der nächste Karneval kommt bestimmt.

Schöne Fastenzeit und

gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

 

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