wolfsgeheul.eu vom 07.08.2016

2
1

„Bitte warten – Bitte warten – Bitte warten – …….“!

So tönt es oft lieblos aus dem Hörer, wenn der Angerufene keine Kosten und Mühen darauf verwendet hat, dem Anrufer die Zeit bis zur persönlichen Annahme des Gespräches mit individuelleren und liebevolleren automatischen Ansagen zu versüßen. Aber ehrlich ist es.

Denn die beiden bis zur Erschöpfung repetierten Worte könnten als Motto über unser aller Leben stehen. Es ist nach meinem Eindruck und Dafürhalten hauptsächlich – liebe Mediziner, Biochemiker und -physiker o. ä. bitte nicht einhaken und es besser wissen – das Warten, das unseren Vitalakkumulator früher oder später leersaugt. Denn positive Aktivitäten und Gefühlregungen weisen meist im mindesten eine ausgeglichene Bilanz zwischen Output und Input aus oder beflügeln uns gar, laden also die verbrauchte Energie nicht nur wieder auf, sondern geben manchmal sogar mehr in den Speicher zurück. Böte und gönnte uns doch der Alltag nur solches, kämen wir dem ewigen Leben – Oh Graus! – hier auf Erden vielleicht näher!? Aber es gibt ja das allgegenwärtige Warten, das eben nicht wie die selbstgewählte Ruhe oder Stille uns gut tut, nein, ganz im Gegenteil, einfach nur unser  selbstbestimmtes Erdenleben verkürzt. Auf die Länge des Harrens hat man dabei, das kommt erschwerend hinzu, oftmals nur wenig Einfluß. Man ist häufig zur Passivität verdammt und mehr oder minder hilflos äußeren Umständen bzw. fremdem Willen ausgeliefert. Natürlich gibt es auch das belebende Warten, die gespannte Erwartung, die einen bis in Haarspitzen elektrisiert. Wenn wir allerdings ehrlich sind, dürfte diese spezielle Konstellation eher seltener auftreten. Es wird demnach wahrscheinlich der angenehmer und frohgemuter leben können, dem es gelingt, mit dem Warten besser umzugehen, sprich es zu ertragen, es als nicht wegdenkbaren Teil seines Lebens anzunehmen. Der größte Feind des Lebens ist deshalb wohl gar nicht das Warten, sondern die Ungeduld. Wenn es einem gelingt, zuversichtlich, geduldig und unbesorgt zu sein, macht man sich vieles leichter.  Aha! Könnte es also sein, daß der Unbesorgtere weniger ungeduldig ist. Dann sollte man vielleicht jede Wartezeit mit folgendem Goethe-Gedicht zu überbrücken versuchen:

„Sorge 

Kehre nicht in diesem Kreise

Neu und immer neu zurück!

Laß, o laß mir meine Weise,

Gönn‘, o gönne mir mein Glück!

Soll ich fliehen? Soll ich’s fassen?

Nun, gezweifelt ist genug.

Willst du mich nicht glücklich lassen,

Sorge, nun so mach‘ mich klug!“

Letztlich ist unsere irdische Existenz nichts anderes als das Warten auf das Ende derselben. Die Finalität stellt die einzige Gewißheit dar, die wir haben. Dagegen ist kein Kraut gewachsen. Wenn wir das besser akzeptieren lernten, könnte man sich jede Wartezeit, damit schönreden, daß nach ihr mit ziemlicher Sicherheit noch etwas kommt. Das gilt im Kleinen wie im Großen. Das Geschwisterpaar „Unverzagtheit und Sorglosigkeit“ stellt offensichtlich  einen entscheidenden Schlüssel für die Pforte zum Zwillingspärchen „Gelassenheit und Zufriedenheit“ dar.

In diesem Sinne wäre die bessere, weil freundlichere, optimistischere, ermutigendere und weniger direkte Bandansage wohl:

„Bitte bleiben Sie erwartungsvoll – Bitte bleiben Sie erwartungsvoll – Bitte bleiben Sie erwartungsvoll – ……………“!

Erwarten wir den nächsten Morgen und sagen fröhlich

gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

2
1

wolfsgeheul.eu vom 05.04.2016

0
0

Kantinenschauspieler!?

Harald Schmidt bezeichnet so sein eher tristes Dasein, das er, der damals auf der Bühne nur, zum Teil sogar textlose, Nebenrollen spielen durfte, während seines ersten Engagements nach Abschluß der Schauspielschule Stuttgart an den Städtischen Bühnen in Augsburg fristete. Damit meinte er die Tatsache, daß er seine größten Auftritte im Speisesaal des Theaters besonders gerne mit bissigen Imitationen von Intendant, Regisseur, Kollegen der ersten Reihe etc. praktisch unter Ausschluß der Öffentlichkeit hatte, was sicherlich auch seinen Zynismus gefördert und geschärft hat.

Ob nun im Refektorium, in der Kneipe oder im Kreise von Verwandten und Freunden, dieses Szenario spielt sich überall und jeden Tag ab, wobei die, die Talent haben, überwiegend den Ton angeben, und die diesbezüglich Minderbegabten lediglich eher stiller genießend beipflichten. Für alle aber ist es eine Mordsgaudi, man lacht genauso hämisch wie befreit, man fühlt sich wohl, weil man für kurze Zeit den Ballast des Tages und des Lebens abwerfen bzw. vergessen kann. Das Beklagen der eigenen Sorgen und Nöte, der Begrenzt- und Abhängigkeiten, der Enttäuschungen und Niederlagen findet so sein wirksamstes und kreativstes Ventil. Und ist die Luft erst abgelassen, geht es zumindest für kurze Zeit etwas leichter weiter. Wenn dann der schnöde Alltag einen wieder überrollt, wartet man sehnlichst auf die nächste sich ergebende Therapiesitzung in irgendeiner geeigneten Selbsthilfegruppenrunde. Denn es scheint dem Menschen immanent zu sein, daß er sich zumeist ungerecht behandelt fühlt und nicht ausreichend gewürdigt sieht, wo er doch so viel mehr kann und die anderen, insbesondere die über ihm, die Erfolgreicheren, eigentlich auch nur mit Wasser kochen und – das ist doch klar erkennbar und ein offenes Geheimnis – häufig hoffnungslos überschätzt sind. Dieses Phänomen erstreckt sich dabei von unten nach oben durch alle Schichten und Systeme, und da faktisch niemand keinen mehr über sich hat, ist wohl kein Zirkel denkbar, der ohne diese Kompensationsmechanismen arbeitet und auskommt.

Das entmythologisierend und egalisierend wirkende sich über andere Lustigmachen trägt uns Menschen durchs Leben und erhält uns frohgemut. Jeder hat in diesem Spiel eine – mal aktive, mal passive – Hauptrolle inne, und nur so läßt sich die – und mag sie noch so bedeutend sein – Nebenrolle, die man im wahren Leben tatsächlich überwiegend spielt, verschmerzen.

Die Welt ist ein Theaterstück – entweder Komödie oder Tragödie -, und das Ensemble besteht samt und sonders aus Kantinenschauspielern.

Na dann Prost Mahlzeit!

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

0
0