wolfsgeheul.eu vom 27.06.2017

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Wenn der Rückhalt von oben fehlt, geht über kurz oder lang auch der Korpsgeist verloren.

Auf einem Kasernengelände in Bad Segeburg sind viele der Polizisten untergebracht, die bereits jetzt aus anderen Bundesländern angereist sind, um den G20-Gipfel in Hamburg – ein Ereignis mit extrem erhöhter Terrorwahrscheinlichkeit – Ende nächster Woche abzusichern. In einem dort errichteten Container-Dorf campieren auch über 200 uniformierte Männlein und Weiblein aus Berlin. Während der Freizeit in der Ruhe vor dem Sturm feiern diese eine Willkommensparty für Neuankömmlinge, die wohl etwas aus dem Ruder gelaufen ist. Es wurde ordentlich gezecht, dem daraus resultierenden Harndrang teilweise kollektiv in Reihe am Zaun nachgegeben und es soll sogar zu öffentlichem Geschlechtsverkehr gekommen sein. Das alles wäre wahrscheinlich in der Abgeschiedenheit des umfriedeten Militärgeländes geblieben, wenn nicht – nach Informationen des Spiegel – Kollegen aus NRW das Treiben der lustigen Berliner an Vorgesetzte gemeldet hätten. Jetzt haben wir den Salat und 220 Hauptstädter dürfen vorzeitig die Heimreise antreten; sie werden durch andere ersetzt und ihnen drohen disziplinarische Konsequenzen.

Soweit die kleine Geschichte! Der Skandal besteht aber nicht in der Fete an sich, sondern zum einen darin, daß irgendwelche Verräter in den eigenen Reihen existieren, und zum anderen darin, daß die Verantwortlichen kein Verständnis für solche Übersrpungshandlungen aufbringen und stattdessen sofort den erhobenen Zeigefinger –  ein Sprecher der Hamburger Polizei wird wie folgt zitiert: „Das Verhalten ist nicht hinnehmbar.“ –  auspacken und die Partyrunde öffentlich schelten, sie also allein in Regen stehen lassen. Haben sich die Polizeioberen einmal überlegt, was es bedeutet, in Zeiten akuter Terrorgefahr bei solch‘ exponierten Anlässen fern der Heimat Dienst zu tun!? Und das bei mäßiger Bezahlung! Da riskieren Menschen für die Spitzenpolitiker der Welt und die Zivilbevölkerung ihr Leben und dürfen vorher nicht einmal die Sau rauslassen, sprich ihre berechtigte Angst ertränken!? Sie sind es doch, die sich im mindesten nächste Woche von marodierenden Autonomen mit Steinen bewerfen lassen müssen. Und was ist denn wirklich geschehen? Sie haben getrunken, sich etwas gehen lassen und es haben sich wie auf jeder Betriebsfeier, bei der beide Geschlechter vertreten sind, sexuelle Eskapaden ergeben. Niemand ist zu Schaden gekommen und das Geschehen hat sich obendrein mehr oder weniger abseits der Öffentlichkeit abgespielt. Ein völlig natürlicher Vorgang, den man nirgendwo besser verstehen kann, als bei diesen Polizisten.

Wer dafür kein Verständnis aufbringt, hat niemals an deren Stelle gestanden oder seine Erinnerungen geflissentlich gelöscht. Hier ist dasgleiche Phänomen zu beklagen wie – zu diesem Thema empfehle ich übrigens wärmstens das aufschlußreiche Interview im Feuilleton der heutigen FAZ mit Generalmajor a. D. Christian Trull – bei den Soldaten(s. Kolumne vom 08.05.2017). Es fehlt in den Führungsetagen die Sensibilität, sich in die Sorgen und Nöte der vor Ort Aktiven hineinzuversetzen.

Wir brauchen wieder Vorgesetzte, die sich zuallererst vor ihre Leute stellen, und keine Memmen, die beim ersten Sturm einknicken. Und Disziplinarmaßnahmen ergriffe ich gegen die Denunzianten aus meinem Bundesland. Deren Verrat vergiftet die Truppe und nicht die Exzesse der anderen. Und allen Moralisten empfehle ich, für ein paar Tage mit den diensttuenden Polizisten zu tauschen. Es dürfte kein Tag vergehen, bis man sie in ihrer ersten Pause sturzbesoffen und mit vollgeschissenen Hosen aus einem Puff auf St. Pauli torkeln sehen kann.

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

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wolfsgeheul.eu vom 05.04.2016

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Kantinenschauspieler!?

Harald Schmidt bezeichnet so sein eher tristes Dasein, das er, der damals auf der Bühne nur, zum Teil sogar textlose, Nebenrollen spielen durfte, während seines ersten Engagements nach Abschluß der Schauspielschule Stuttgart an den Städtischen Bühnen in Augsburg fristete. Damit meinte er die Tatsache, daß er seine größten Auftritte im Speisesaal des Theaters besonders gerne mit bissigen Imitationen von Intendant, Regisseur, Kollegen der ersten Reihe etc. praktisch unter Ausschluß der Öffentlichkeit hatte, was sicherlich auch seinen Zynismus gefördert und geschärft hat.

Ob nun im Refektorium, in der Kneipe oder im Kreise von Verwandten und Freunden, dieses Szenario spielt sich überall und jeden Tag ab, wobei die, die Talent haben, überwiegend den Ton angeben, und die diesbezüglich Minderbegabten lediglich eher stiller genießend beipflichten. Für alle aber ist es eine Mordsgaudi, man lacht genauso hämisch wie befreit, man fühlt sich wohl, weil man für kurze Zeit den Ballast des Tages und des Lebens abwerfen bzw. vergessen kann. Das Beklagen der eigenen Sorgen und Nöte, der Begrenzt- und Abhängigkeiten, der Enttäuschungen und Niederlagen findet so sein wirksamstes und kreativstes Ventil. Und ist die Luft erst abgelassen, geht es zumindest für kurze Zeit etwas leichter weiter. Wenn dann der schnöde Alltag einen wieder überrollt, wartet man sehnlichst auf die nächste sich ergebende Therapiesitzung in irgendeiner geeigneten Selbsthilfegruppenrunde. Denn es scheint dem Menschen immanent zu sein, daß er sich zumeist ungerecht behandelt fühlt und nicht ausreichend gewürdigt sieht, wo er doch so viel mehr kann und die anderen, insbesondere die über ihm, die Erfolgreicheren, eigentlich auch nur mit Wasser kochen und – das ist doch klar erkennbar und ein offenes Geheimnis – häufig hoffnungslos überschätzt sind. Dieses Phänomen erstreckt sich dabei von unten nach oben durch alle Schichten und Systeme, und da faktisch niemand keinen mehr über sich hat, ist wohl kein Zirkel denkbar, der ohne diese Kompensationsmechanismen arbeitet und auskommt.

Das entmythologisierend und egalisierend wirkende sich über andere Lustigmachen trägt uns Menschen durchs Leben und erhält uns frohgemut. Jeder hat in diesem Spiel eine – mal aktive, mal passive – Hauptrolle inne, und nur so läßt sich die – und mag sie noch so bedeutend sein – Nebenrolle, die man im wahren Leben tatsächlich überwiegend spielt, verschmerzen.

Die Welt ist ein Theaterstück – entweder Komödie oder Tragödie -, und das Ensemble besteht samt und sonders aus Kantinenschauspielern.

Na dann Prost Mahlzeit!

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

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