wolfsgeheul.eu vom 09.01.2017

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Schwein gehabt!

Bei meiner Mutter in der Senioren-Residenz putzt eine sehr nette türkischstämmige Frau, die seit Jahrzehnten in Deutschland lebt. Von Anfang an haben sich die beiden gut verstanden, und es herrscht ein herzliches Verhältnis, welches nicht nur in Gesprächen, sondern natürlich auch in süßen Gaben an die Gute, die von ihr sehr gerne angenommen werden, seinen Ausdruck findet.

Auf dem Neujahrsempfang des Heimes hat jeder Resident ein edles Marzipanglücksschweinchen aus Lübeck erhalten. Da meine Mutter den Geschmack der feinen Mandel-Zucker-Masse nicht so schätzt, bot sie dieses ihrer Putzfee an. Diese lehnte jedoch lächelnd mit der Begründung „Marzipan ja – Schwein nein!“ ab. Meiner Mutter war der Vorgang peinlich und sie entschuldigte sich. Diese Geste wurde zwar dankend vernommen, aber gleichzeitig als unnötig zurückgewiesen.

Ist das nicht eine herrliche Anekdote. Auch ich hätte nicht im Traum daran gedacht, daß allein die Form eine ansonsten geliebte Süßigkeit ungenießbar für gläubige Muslime macht. Vielleicht gilt das aber auch gar nicht generell, sondern ist nur eine besonders strenge Auslegung. Sei es wie es sei! Dazugelernt und jedenfalls hat es akzeptiert zu werden.

Und eine bedauernde Bitte um Verzeihung war wirklich nicht notwendig. Denn das genau macht den Umgang zwischen unterschiedlichen Kulturen aus, daß man überwiegend unbedarft miteinander verfährt und nicht jedes Wort vorher auf die Goldwaage legt und jede Geste tausendmal überdenkt. Wir haben alle einen Mund zum Reden und können uns erklären. Auf diese Weise lernen Menschen einander am besten kennen und verstehen. Nur eine ungefilterte Kommunikation fördert Ungleichheiten und Restriktionen zutage, auf die nach entsprechender Erläuterung und Erörterung in der Folge Rücksicht genommen werden kann und sollte. Auf diese Weise gewinnt der Umgang an gegenseitigem Verständnis und erreicht eine zunehmende Reibungslosigkeit. Gelänge das doch immer mit dieser friedlichen Leichtigkeit. Wechselseitiger Humor übrigens hilft dabei auf jeden Fall ungemein.

Und, gut, daß es auch Marzipanbrote gibt! Denn sonst hätte manch türkisches Leckermäulchen ein Problem.

Schwein gehabt!

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

 

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wolfsgeheul.eu vom 13.09.2016

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Was haben Kabarettisten und Kolumnisten gemeinsam?

Narren sind beide und sie haben Spaß an differenzierter Sprache sowie eine satirische Ader! Während jedoch das Blut des schwarzen Humors bei Ersteren niemals versiegt, ja, umso stärker fließt, je schlechter die Zeiten werden, gleichen die sarkastischen und satirischen Lebenssaftröhren  bei Letzeren in Krisenperioden mehr und mehr einem Wadi.

Sosehr jeder weiß, daß Lachen gesund ist und hilft, Schwierigkeiten zu ertragen oder eventuell zu überwinden, vergeht dem einsamen Schreiberling früher oder später der Humor, er rettet sich, wenn überhaupt, in Zynismus. Da dreht der, der sein Leben mit intelligentem Schwarzsehen bestreitet, erst richtig auf. Es ist ja auch eine besondere Herausforderung, weil es irgendwann sogar gefährlich zu werden droht, den Mächtigen ans Bein zu pinkeln. Da muß man immer feiner und subtiler formulieren, was eine perfekte Beherrschung der Sprache voraussetzt. Während der Kolumnist also eher ein (verhinderter) Weltverbesserer ist, braucht der Kabarettist geradezu das Negative um sich herum, weil es den Nährboden für seine Kunst bildet.

Der Kabarettist spielt deswegen wie die Band auf der sinkenden Titanic bis zum bitteren Ende, wohingegen der Kolumnist, der die Welt rechtzeitig warnen und zur Umkehr bewegen will, irgendwann, wenn das Schicksal unaufhaltsam seinen Lauf aufgenommen hat, verstummt, weil sein Werk getan, wenn auch erfolglos geblieben ist. Gegen etwas für unheilig Erachtetes anzuschreiben, erfüllt nur seinen Sinn, wenn es die entsprechende Wirkung entfaltet, sprich etwas verhindert bzw. verändert, was nicht wünschenswert ist. Verpufft es aber folgenlos, verliert es sowohl an Attraktivität als auch an Aktualität und bleibt, wenn es gut und richtig war, maximal als Geschichte bedeutsam. Nur, was bringt es dem engagierten Autor und der Welt, wenn später bescheinigt werden sollte, man habe recht gehabt bzw. den besseren Weg aufgezeigt!? Und da man weiß, daß die Zukunft sich generell schwertut, aus der Vergangenheit zu lernen, zerstiebt obendrein die Hoffnung, daß Folgegenerationen es anregungsgemäß besser machen werden. Es sind dann ohnehin aber auch andere Zeiten, in denen allein deswegen mit alten Blaupausen zumeist nicht gearbeitet werden kann, weil sie zu den veränderten Umständen gar nicht mehr eins zu eins passen.

Genug wirr gedacht und geredet! Eigentlich ärgere ich mich nur, daß mir ein wenig der Spaß am Nonsense vergangen zu sein scheint.

„Ich wär‘ so gerne Kabarettist, dann wär‘ mein Leben nicht so trist!“.

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

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