wolfsgeheul.eu vom 09.06.2017

2
0

Hey, ihr Nimmersatte! Fortan trinke ich nur noch Riesling und Burgunder.

Mit wachsendem Alter kommt – für manche zumindest – die Ruhe und die Ansprüche werden zum Glück überschaubarer. Und so erreicht vielleicht und hoffentlich jeder einmal den Punkt in seinem Leben, an dem nicht mehr die Vielfalt und das immer Neue im Vordergrund stehen, sondern vornehmlich das Berechenbare des altbewährt Soliden geschätzt wird.

Vor diesem Hintergrund ist mein Eingangspostulat zu verstehen. Und obendrein fällt es leicht, weil Aldi Süd für beide Sorten ein preiswertes und qualitativ annehmbares Produkt bereithält. Den R. Prüm Riesling von der Mosel und den Spätburgunder Edition Fritz Keller aus Baden! Aber selbst wenn man verständlicherweise die Rieslinge aus dem Rheingau präferiert, sind diese erschwinglich, wenn man die großen Namen meidet und direkt vom kleineren Winzer des Vertrauens seinen Wein bezieht. Weil ich dort einmal gewohnt habe, kaufe ich zum Beispiel seit über fünfundzwanzig Jahren beim selben Weingut Eltville-Erbach. Und die  faden, wäßrigen Spätbunder gehören in Deutschland glücklicherweise der Vergangenheit an, so daß man nicht mehr unbedingt zum weitaus teureren Original aus dem Burgund greifen muß. Sortenreiner und qualitativ hochwertiger Genuß ist also auch für den kleineren Geldbeutel machbar.

Das gilt gleichermaßen auch für die Speisen. Dazu passen nämlich einfache, aromentechnisch harmonische und simple, sprich die Hauptdarsteller nicht zuschüttende Gerichte aus guten Produkten wie Zürcher Geschnetzeltes mit Rösti, Spargel mit Kartoffeln und Schinken, Steak mit Pommes Frites und Grillgemüse, Kabeljau auf Senfsauce, Heilbutt mit Gemüse brunoise und Kartoffelgratin, Steinbutt in Tomatenbutter, Wiener Schnitzel oder Frankfurter Grüne Soße wider den offensichtlichen Trend in der Sterneküche, es hoffnunglos zu übertreiben. So zum Beispiel wie Strobel y Serra heute in der FAZ einen Fischgang bei „Ox & Klee“ in Köln so trefflich beschreibt und letztlich vernichtend beurteilt: „Der Artischocken-Gurken-Estragon-Schaum, das Kurkuma-Panko-Crumble und die Tapioka-Stickstoffperlen sorgen gemeinsam mit Zitronen-Gel und schwarzem Trüffel für so ein Geschmacksringelpiez auf dem Teller, dass der Kabeljau nur noch wohlwollend zuschauen kann.“ Aber der currywurstgeschulte Gaumen der neureichen Schickeria jubelt, weil er diesen Overkill wahrscheinlich auch braucht, um überhaupt etwas zu schmecken.

Laßt mich bloß in Ruhe mit so einem abgedrehten, überkandidelten und überflüssigen Fraß! Meine Gerichte kann man übrigens allesamt selbst zu Hause kochen und von guten Weinen aus dem eigenen Keller begleiten lassen. Das Alter hält durchaus auch schöne Seiten bereit. Es hat nämlich etwas mit Vernunft und Einsicht zu tun.

Wohl bekomm’s und gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

 

2
0

wolfsgeheul.eu vom 23.09.2016

1
0

Drei beileibe nicht unterbeschäftigte Alphatiere sollen künstlerisch ein, nein, sogar das „Ensemble“ bilden können!? Und ein Vierter dieser Gattung soll der gastgebende Galerist der „Massemblage“ genannten Ausstellung sein!? Das hört sich eher nach Karambolage an. Das kann nicht gutgehen.

Doch, es kann! Es macht natürlich sehr viel Arbeit, gefühlt fast mehr als der jeweilige individuelle Teil des Schaffens des eigenen Beitrages. Vier ausgeprägte Charaktere unter einen Hut zu bringen, dazu bedarf es Gelassenheit und eines gehörigen Maßes an gegenseitiger Rücksichtnahme. Einige Treffen, unzählige E-Mails, Mißverständnisse und dutzende unbeantwortete oder ungeklärte Fragen weiter steht und hängt trotzdem alles, und die Besucher können kommen. Der Rest klärt sich beim Verputz. Und wir reden, lachen, speisen, trinken immer noch miteinander und necken uns obendrein bei nahezu jeder passenden Gelegenheit. Ein Spaß und gleichzeitig eine Herausforderung für Geist, Seele und Herz! Vielleicht sind wir nicht repräsentativ. Vielleicht liegt es an unser aller fortgeschritterem Alter. Vielleicht hatten wir auch nur Glück. Aber wenn es irgendwo gelingt, dann nach meinem Eindruck am ehesten unter Künstlern. Denn bei aller Ernsthaftigkeit haftet der Kunst doch etwas Leichtes – nicht Flüchtiges – an. Dem Spannenden, Geheimnisvollen und Schönen dienen und nachzuspüren ist zwar für die Macher Arbeit, aber auch, wie für die Konsumenten, ein Lebenselixier, jedoch nicht im Sinne des täglichen Brotes allein, sondern im Sinne auch des Sahnehäubchens auf dem Alltag, des schleckbaren Lohnes des außerhalb des Gewöhnlichen liegenden bzw., nüchtern gesprochen, nicht – außer für den Nur-Künstler – lebensnotwendigen  und vorallem unerwarteten, geschweige denn von irgendjemandem geforderten Werkes.

Goethe rät der Kunstwelt in „Wilhelm Meisters Wanderjahre“ zur Geselligkeit und eventuell sogar Gemeinsamkeit auch und gerade als Quell‘ der Inspiration:

»Zu erfinden, zu beschließen,
Bleibe, Künstler, oft allein;
Deines Wirkens zu genießen,
Eile freudig zum Verein!
Hier im Ganzen schau‘, erfahre
Deinen eignen Lebenslauf,
Und die Taten mancher Jahre
Gehn dir in dem Nachbar auf.

Der Gedanke, das Entwerfen,
Die Gestalten, ihr Bezug,
Eines wird das andre schärfen,
Und am Ende sei’s genug!
Wohl erfunden, klug ersonnen,
Schön gebildet, zart vollbracht –
So von jeher hat gewonnen
Künstler kunstreich seine Macht.

Wie Natur im Vielgebilde
Einen Gott nur offenbart,
So im weiten Kunstgefilde
Webt ein Sinn der ew’gen Art;
Dieses ist der Sinn der Wahrheit,
Der sich nur mit Schönem schmückt
Und getrost der höchsten Klarheit
Hellsten Tags entgegenblickt.

Wie beherzt in Reim und Prose
Redner, Dichter sich ergehn,
Soll des Lebens heitre Rose
Frisch auf Malertafel stehn,
Mit Geschwistern reich umgeben,
Mit des Herbstes Frucht umlegt,
Daß sie von geheimem Leben
Offenbaren Sinn erregt.

Tausendfach und schön entfließe
Form aus Formen deiner Hand,
Und im Menschenbild genieße,
Daß ein Gott sich hergewandt.
Welch ein Werkzeug ihr gebrauchet
Stellet euch als Brüder dar;
Und gesangweis flammt und rauchet
Opfersäule vom Altar.«

Das haben wir beherzigt und tatsächlich etwas Gemeinsames auf die Beine gestellt. Wir – so scheint es mir – sind alle letztlich tief zufrieden. Diese positive Erfahrung möchte ich nicht missen.

Jetzt müssen die Menschen nur noch zu uns streben, denn ohne Aufmerksamkeit und öffentliche Wirkung ist das Ganze – so ehrlich muß man unabhängig vom jeweiligen Eitelkeitsgrad sein – gelinde gesagt nicht vollkommen.

Und, liebe Besucher: Der Lohn des Künstlers ist der Applaus, denn nur in der Not schmeckt die Sahne auch ohne Brot! Es ist eben nicht alles Wurscht.

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

1
0