wolfsgeheul.eu vom 23.05.2016

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Für den gewöhnlichen Mitteleuropäer – so mein Eindruck – ist Belgien eher ein Buch mit sieben Siegeln. Gäbe es nicht Brüssel und in letzter Zeit die beiden Atommeiler in Tihange und Doel, was wüßte man dann von diesem Land, außer daß es seine Autobahnen beleuchtet, manchmal ganz gut Fußball spielt, gerne Muscheln mit Pommes Frittes mit fetter Mayonnaise ißt und die schlechtesten Autofahrer hat? Selbst das Königshaus genießt nicht die gleiche Popularität, wie die anderer konstitutioneller Monarchien in Europa.

Wohnt man jedoch in Grenznähe, bekommt man manchmal Dinge mit, die einen überraschen. Wie neulich, als eine französische Lionsfreundin, die als Lehrerin mit ihrer Familie in Belgien lebt und arbeitet, von ihrer beruflichen Tätigkeit im Centre PMS(psycho-médical-social), einer Unterbehörde der FW-B(Féderation Wallonie-Bruxelles) auf einem Mitgliederabend unseres international besetzten Clubs berichtete. Was ist denn das? Jeweils ein Team dieses überregionalen Zentrums ist fester Bestandteil einer jeden Schule im Verwaltungsgebiet. Es besteht aus bis zu vier Personen, einem Psychologen, einem Sozialarbeiter, einem Paramedizischen Assistenten sowie anlaßbezogen einem Mediziner und ist den überwiegenden Teil der Woche vor Ort anwesend als Ansprechpartner für Schüler, Lehrer und Eltern in Problemfällen aller Art. Das Spektrum reicht von Lernschwierigkeiten und Hilfe bei der Bildungsorientierung über zwischenmenschliche Konflikte, Drogen bis zu sexuellen Übergriffen. Durch die ständige Präsenz und jederzeitige Erreichbarkeit werden aufkeimende Probleme direkt bei der Wurzel gepackt, betreut und einer Klärung zugeführt. Das Team agiert als eine Art Notfalltruppe – heute wohl Task-Force genannt – und organisiert und koordiniert die notwendigen Hilfsmaßnahmen, vermittelt Gespräche, Kontakte und gegebenenfalls Therapien. Auf diese Weise können sich aus dem Ruder laufende Prozesse gar nicht erst entwickeln, geschweige denn manifestieren. Das liegt im Interesse aller schulischen Beteiligten, sowohl der Betroffenen selbst als auch deren gesamtes Umfeld. Diese Einrichtung stellt auch keinen überflüssigen Luxus dar, nach dem Motto, dieses Feld sei doch Teil der Lehrertätigkeit. Selbst wenn gute Lehrkräfte vieles bereits selbst zu klären vermögen, irgendwann stoßen sie naturgemäß an Grenzen, weil ihnen Zeit, Kompetenz und als Beteiligter im sozialen Geschehen oft die notwendige Neutralität fehlen. Hier braucht es den Blick von außen durch nicht direkt betroffene Fachleute. Das System scheint also Vorbildcharakter zu besitzen.

Respekt! Ein hochverschuldetes Land wie Belgien, scheut weder Kosten noch Mühen, um die wichtigste Ressource eines Volkes, nämlich seine Kinder, bestmöglich zu betreuen. Da saßen wir verdutzt da in der Lionsrunde und keiner – nicht der Italiener, nicht der Iraner, nicht der Niederländer, nicht der Däne, nicht der Engländer, nicht der Amerikaner, nicht der Franzose, nicht der Deutsche- konnte in seinem Land auf eine ähnliche Institution verweisen. Peinlich!

Wie kann es in einer globalen, kompetitiven Welt sein, daß man sich die guten Dinge des Nachbarn nicht abschaut!? Jedes Land verdient einen genaueren Blick, offensichtlich auch und gerade Belgien. Lernen wir voneinander! Denn, wer an der Bildung spart, richtet nachhaltigen Schaden an!

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

P. S.: Dr. Alexander Van der Bellen ist Österreichs neuer Bundespräsident. Herzlichen Glückwunsch! Tu felix Austria celebra!

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wolfsgeheul.eu vom 05.05.2016

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Photo: Wolf M. Meyer

iPhone-Schnappschüsse, der Titel steht auch für Unzulänglichkeit! Das Photo ist in der Herrentoilette eines Straßencafés in Lüttich entstanden und zeigt – wäre es scharf geworden, könnte man es besser lesen – links unterhalb des Spiegels einen Aufkleber mit der Aufschrift „se laver les mains obligatoire“. Als Mann des Vorurteils hat diese zwingende Anweisung gerade auf belgischem Boden mich in besonderem Maße überrascht. Aber auch sonst habe ich Derartiges niemals zuvor gesehen. Eine kleine Internetrecherche ergab, daß sich ganz offenbar diese Direktive in die Waschräume für Gäste lediglich verirrt hat, sich also tatsächlich nur an die Bediensteten des Lokals richtet und einer behördlichen Initiative entspringt. Insofern durchaus sinnvoll! Es wäre sogar noch vertraueneinflößender gewesen, hätte die Bar eine gesonderte Toilette für ihre Mitarbeiter unterhalten.

Allerdings würde es mich wundern, wären die Händewaschverweigerer, die man allenthalben am stillen Örtchen beobachtet, in der Gruppe der Besucher anders verteilt als in der der dienstbaren Geister. Wir werden demnach auch in Belgien wohl nur deshalb meistens nicht krank, weil eine gesunde Immunabwehr sich trotz der täglichen Angriffe nicht nur nicht niederringen läßt, sondern zu ihrer Stählung und Erhaltung diese auch braucht.

Insofern könnte man das Thema abschließen, wäre heute nicht der „Welttag der Handhygiene“ unter der Ägide der WHO. Daß diese verbesserungsfähig ist, glaube ich gerne, aber ist sie auch verbesserungsbedürftig. Zweifel sind angebracht. So kann es doch zum Beispiel kein Zufall sein, daß nach der Wende in Ostdeutschland die Allergiefälle sprunghaft zugenommen haben. Westliche Modekrankheiten entwickeln sich trotz aller vermeintlichen Anstrengungen um klinische Sauberheit und vielleicht sogar wegen ihr. Je steriler unser Umfeld wird, umso anfälliger werden wir gegebenfalls für die Keime dieser Welt. Deshalb wage ich die These, daß wir eher weniger Hygiene brauchen als mehr.

Deshalb möchte ich, auch anläßlich des heutigen Vatertages, mit einer kleinen Anekdote enden. Als ich einmal auf einem Volksfest mit einem lieben Kollegen gemeinsam zum Wasserlassen ging und mir danach die Hände waschen wollte, hielt er mich davon ab mit den Worten: „Dein Schwanz ist tausendmal sauberer als alles, was Du zu diesem Zweck anfassen mußt!“ Er meinte übrigens „Glied“, und, was soll ich sagen, er hat recht!

In diesem Sinne, liebe Freizeit-Nation,

schönen Brückentag und gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

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