wolfsgeheul.eu vom 28.09.2016

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Gestern im friedlichen Rheinland:

Einige Personen bauen während der Nacht am rechten Rheinufer in Ranzel einen schweren Granatwerfer auf und richten die Laserzielvorrichtung auf die Tanks der gegenüberliegenden riesigen Shell-Raffinerie in Wesseling ein. Ein später Jogger alarmiert die Polizei, die eher widerwillig ob der chronischen Unterbesetzung der Nachtschicht einen Streifenwagen dorthin entsendet. Die blonde Polizeimeisteranwärterin Sandy Müller aus Mittweida und ihr leicht übergewichtiger Brühler Kollege, Polizeimeister Joseph Schmitz, erreichen, weil sie sich vorher an ihrer Lieblingstankstelle noch einen Coffee-to-go „holen“ mußten, den Zielort etwa eine halbe Stunde später und gehen langsam auf die gemeldete Gruppe zu. Sie stellen sich mürrisch vor und fragen, was man dort tue. Man habe vor, die Raffinerie in Luft zu jagen, weil man als Bonner Umweltaktivistenverein gegen den Raubbau an unseren fossilen Ressourcen sei. Müller: „Haben Sie dafür eine Genehmigung?“. „Nein! Läßt sich das denn überhaupt genehmigen?“ antwortet und fragt der mutmaßliche Sprecher und Anführer mit grauem Bart, Birkenstocks und brauner Jack-Wolfskin-Jacke. „Das fällt nicht in unseren Zuständigkeitsbereich. Aber dann möchten wir bitte Ihre Ausweise sehen.“, erläutert und fordert Schmitz. Alle zücken willig ihre Brieftaschen und überreichen die gewünschten Dokumente, während ein junger Mann, korrekt mit dem arbeitsschutzrechtlich vorgeschriebenen Ohrenschützer auf dem Kopf, im Hintergrund weiter in aller Seelenruhe seine Waffe einrichtet und schußfertig macht. „René, wirf ‚mal Deinen Perso rüber!“ brüllt einer ihm zu, und so gelangt auch der letzte Ausweis vor den Taschenlampenlichtkegel der Beamten, die sich sodann mit „Das müssen wir erst einmal überprüfen, bitte bleiben Sie vor Ort.“ entschuldigen und zum Einsatzfahrzeug und ihren heißen Schnabelpappbechern schlendern. Gerade dort angekommen ertönt ein ohrenbetäubender Knall. René hat die erste Granate abgefeuert. Volltreffer! Ein Tank explodiert mit einem gigantischen Feuerstrahl und es ist plötzlich taghell. Das Feuer greift in Sekundenbruchteilen auf die gesamte Raffinerie über und zerstört sie total. Polizei und Aktivisten beobachten leicht ohrenbetäubt aber fasziniert das Schauspiel, überleben jedoch das etwas andere „Rhein in Flammen“-Spektakel ansonsten unverletzt. Im Werk der Shell AG und im Umkreis sterben in der letzten Nacht 538 Menschen, tausende weitere werden leicht bis schwer verletzt. Die Sachschäden belaufen sich nach vorläufigen Schätzungen auf  mehrere Hundertmillionen Euro. Feuerwehren und Rettungsdienste werden noch Tage im Einsatz sein. Die zuständigen Behörden sowie die Medien loben heute in ersten Statements nahezu einhellig das besonnene Vorgehen der Beamten, bei dem weder die Aktivisten noch deren wertvolles Gerät zu Schaden gekommen sind.

Dagegen gestern im terrorgeschüttelten Belgien:

„Polizei schlägt auf Anti-­Atom-­Demonstranten ein

Mit Gewalt haben Polizisten am Dienstagabend (27.09.2016) eine friedliche Protestaktion am Atomkraftwerk im belgischen Tihange beendet. Die Aachener Teilnehmer hatten eine Lasershow installiert. Stop Tihange und Stop Doel, für grüne Energie jetzt ­ und ähnliche Slogans hatten die Aachener Atomkraftgegner auf die Kühltürme des AKW Tihange projiziert. Sie hatten ihre Apparaturen am gegenüberliegenden Maasufer installiert. Entsetzen über hartes Vorgehen der Polizei Nach etwa zehn Minuten zerschlug die Polizei die Aktion. Augenzeugen berichten, dass Polizisten auf Teilnehmer und die Apparate der Atomkraftgegner einschlugen. Auch eine Journalistin des WDR wurde bedroht und geschlagen. Die Atomgegner äußerten sich entsetzt über die Vorgehensweise der Beamten, die ohne Vorwarnung handelten. So etwas habe man noch nie erlebt, so Sprecher Jörg Schellenberg aus Aachen. Die belgische Polizei will sich zu dem Vorfall zunächst nicht äußern. Erst wenn eine schriftliche Beschwerde vorliegt, wolle man den Polizeieinsatz prüfen und gegebenenfalls Stellung nehmen. Stand: 28.09.2016, 12:26″

So die Meldung auf der WDR-Homepage( http://www1.wdr.de/nachrichten/rheinland/protestaktion-atomkraftgegner-tihange-100.html )!

Noch Fragen!? Verkehrte Gutmenschen-Welt!

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

 

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wolfsgeheul.eu vom 08.08.2016

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Mea culpa!

Mir ist bekannt, daß ich nicht selten ein altes Lästermaul bin, so manches Mal auch ungerecht sein kann und gelegentlich über das Ziel hinausschieße. Aber aus purer Zurückhaltung ergibt sich nun einmal überwiegend keine intellektuelle Konfrontation, die alle Beteiligten zum Nachdenken anregt und zwingt, ihren Geist besonders anzustrengen und ihre Argumente zu wägen und anzuspitzen. Auch ist mir bewußt, daß ich beiweiten nicht fehlerfrei bin und mir sich häufig zum Teil nicht unbeträchtliche, mir regelmäßig peinliche Wissenslücken offenbaren. Glücklicherweise jedoch gibt es immer jemanden, der es besser weiß, und so heißt es lernen, lernen und nochmals lernen.

Wenn man anderen also Fehler vorwirft, kann es durchaus sein, daß man selbst im Glashaus sitzt. Übte man sich wegen dieses Risikos aber ständig in Zurückhaltung, käme nichts in Bewegung.

Und somit, liebe FAZ, was ist denn in dich gefahren!? Als ewiger Zeitungsvonhintenleser werfe ich gleichwohl zuvörderst im eingeklappten Zustand einen Blick – auch wegen des Titelphotos – auf den oberen Teil der Hauptseite. Und da steht heute folgende kleinere Überschrift: „IS bezichtigt sich des Angriffs auf Polizei in Belgien“. Man liest einmal, man liest zweimal und denkt, hier stimmt doch etwas nicht. Nach Rückversicherung in meiner Wörterbibel, dem Wahrig, weiß ich, daß ich recht habe. „Bezichtigen“ existiert(e) nicht in der Form eines reflexiven Verbs. Es wird „jemand“ bezichtigt, etwas getan zu haben, aber dieser jemand ist man niemals selbst. Es macht doch keinen Sinn, sein eigener Ankläger und Richter zu sein, weil man sich – vom Suizid einmal abgesehen – auch nicht selbst verfolgen und richten kann. Zur Anklage bedarf es zum einen gesellschaftlicher bzw. staatlicher Setzungen und eines Außenstehenden, der sich unter Bezugnahme auf diese aufschwingt, dem anderen einen Vorwurf hinsichtlich seines Tuns oder Unterlassens zu machen und gegebenenfalls deswegen zu verurteilen.  Der Betroffene hat im Verfahren die Wahl, sich entweder zu verteidigen oder sich schuldig zu bekennen. Wer demnach einräumen und zugeben möchte, Verantwortung für etwas zu tragen, der bedient sich des Mittels des Sichbekennens zu seiner Schuld und überläßt dann die endgültige Beurteilung einer unabhängigen dritten Person. Man braucht sich auch nicht zu beschuldigen bzw. kann es begrifflich gar nicht – ob die Beschuldigung übrigens nur Vermutung oder gemeinte Gewißheit ist, spielt keine Rolle, da Tat und Schuld so oder so erst bewiesen werden müssen, um die Schuld sühnen zu können -, denn man weiß es ja besser als alle anderen, wenn man dabei war und schuldhaft gehandelt hat. In der Situation kann man die Schuldfrage selbst beantworten. So war es, und so sollte es immer bleiben. Zur Verdeutlichung, warum exakte Sprachnutzung und -differenzierung hier äußerst wichtig ist, denke man beispielsweise nur an falsche Geständnisse, die ansonsten niemals entlarvt werden würden. Als jemand, der sich hartnäckig der Rechtschreibreform widersetzt – auf T-Online dürfen wir heute die mit „Die Rechtschreibreform hat ihr Ziel verfehlt“ übertitelte AFP-Meldung mit der Subunterschrift „Fehlerquote an Schulen steigt“ lesen, die zwanzig Jahre nach Einführung das ganze Ausmaß des Desasters zeigt -, ignoriere ich bewußt, daß Duden-Online auch die reflexive Nutzung beispielhaft aufführt und ihr damit offenbar seinen zweifelhaften Segen erteilt.

Hiermit bezichtige ich die FAZ, durch ihre schleichende Anpassung an die kollektive Dummheit Mitschuld an der weitergehenden Verblödung zu tragen, und ich bekenne, daß ich von der ehemaligen Vorzeigezeitung als Fels in der Brandung maßlos enttäuscht bin.

Wie konnte es nur zu diesem dramatischen Niveauverlust unserer Sprache kommen!? Unsere ganze Kommunikation und Interaktion leidet darunter. Als wäre es nicht ohnehin schon schwer genug, sich miteinander zu verständigen, da wir zu oft deshalb aneinander vorbeireden, weil wir es verabsäumen, uns zunächst und da wo nötig über die verwendeten Begrifflichkeiten und deren jeweilige Definition oder Bedeutung zu einigen, gerät jetzt auch noch unsere Sprache in das Fahrwasser der Beliebigkeit und verflacht derartig, daß mit vielen Menschen eine differenzierte Auseinandersetzung gar nicht mehr möglich ist. Die zahlreichen, oftmals gravierenden Folgen in allen Lebensbereichen, sind unermeßlich, und es steht zu befürchten, daß wir uns hier leider auf einem Weg ohne Wendemöglichkeit bewegen. Wer seine Sprache tötet, kann sich nicht mehr verständigen, und eine Gesellschaft, die sich nicht mehr verständigen kann, versinkt im Chaos. Und der Blick auf die bittere Realität gibt mir bedauerlicherweise recht. Wenn das kein Grund zur Besorgnis ist!? In diesem Sinne wünsche ich eine unruhige

gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

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