wolfsgeheul.eu vom 22.06.2015

0
0

T-Online berichtete am vergangenen Samstag unter Bezugnahme auf den Spiegel, daß nach Einschätzung des Bundesrechnungshofes der Steuerbetrug mit manipulierten Kassen zum Beispiel in der Gastronomie, dem Einzelhandel und jetzt vermehrt auch den Apotheken ein Massenphänomen sei, durch das dem Fiskus jährlich rund 40 Milliarden Steuereinnahmen entgingen.

Ist das eine bahnbrechende, neue Erkenntnis? Nein! Jeder Fachmann, aber auch jeder aufmerksame Bürger – es kann doch verständigen Menschen nicht entgehen, daß viele Häuser, Autos, Urlaube etc. im Umfeld mit der normalen Einnahmesituation und ohne Erbschaft oder Lottogewinn nicht möglich wären und nur mit Schwarzgeld, das im übrigen ja nicht vom Himmel fällt, sondern aktiv ergaunert werden muß, finanziert worden sein können und sind – weiß doch seit Jahrzehnten, daß Steuerhinterziehung generell und gerade im Gastrogewerbe und im Handel, aber auch im Handwerk immer schon flächendeckend betrieben wurde und wird. Daß Betrüger sich auch die neueste Technik zueigen machen, liegt dabei auf der Hand, dafür braucht es keine teure Behörde mit allein rund 600 Beschäftigten, die Dinge anprangert, die fast jeder und im übrigen gerade die Finanzverwaltung, auch ohne daß man ihr das sagt und sie damit nahezu veralbert, schon lange genauestens kennt. Ebenso sind die Methoden zur Aufdeckung allesamt vorhanden und werden täglich verbessert, wenngleich sie den Kriminellen naturgemäß immer ein bißchen hinterherhinken.

Was soll also diese Heuchelei? Will man dem Bürger suggerieren, man habe mit der Feststellung schon etwas dagegen getan? Der Bundesrechnungshof weiß doch ganz genau, daß der Fiskus bis auf weiteres nicht die Kapazitäten hat und selbst bei maßgeblicher Aufstockung niemals haben kann und soll, sich jeden Steuerganoven einzeln vorzunehmen und die hinterzogene Steuer einzutreiben.  Daß im übrigen zwischen Aufdeckung und Durchsetzung so oder so eine große Lücke klafft, weil vom Delinquenten häufig nichts zu holen ist, will ich nicht auch noch vertiefen.

Die Problematik ist aber viel subtiler. So ist zum einen klar, daß hohe Steuern die Hinterziehung befördern. Zum anderen treibt das geringe Entdeckungsrisiko die Täter an. Ferner ist da noch die allgemeine Stimmung in der Gesellschaft, daß Steuerhinterziehung ein Kavaliersdelikt, ja geradezu Teil eines legitimen Sportes zwischen dem eigentlich biederen aber fiskalisch „anarchistischen“ Bürger und dem Staat darstellt. Und dann kommt erschwerend hinzu, daß der Steuerbürger, häufig durchaus zu recht, den Eindruck hat, daß der Staat sich mit den eingetriebenen Geldern zuerst selbst allimentiert und den Rest gelinde gesagt nicht immer sinnvoll, zielgerichtet und effizient verwendet.

Zwei Krebsgeschwüre bedingen also die Krankheit „Steuerunehrlichkeit“, das verspielte Vertrauen des Staates und der nicht mehr staatstreue, gewissenlose Bürger, wobei die Symptome sich obendrein wechselseitig bedingen und verstärken.

Wenn der Staat es also nicht vermögen sollte, wieder seriös zu wirtschaften und eine solide, aber moderate Steuererhebung zu betreiben, wird er des Problems nicht nur nicht Herr werden, sondern er wird zusätzlich weitere zur Gesetzesübertretung faktisch anspornen; letztlich wird dann sogar die ehrlichste Haut und der treueste Bürger zur illegalen Handlung getrieben, wenn er nämlich nicht mehr einsieht, warum er der einzige Blöde sein soll, der noch brav seine Steuern offenbart und begleicht.

Und wenn der Bürger nicht wieder zur richtigen Einstellung und Wechselbeziehung zurückfindet, dem Staat freiwillig zu geben, was des Staates ist, um dafür Sicherheit und Infrastruktur zu erhalten, wird sich auch nichts ändern. Dabei muß er sich sofort ändern und nicht erst auf Vorleistungen warten. Solange es aber durch die Bank normal und subjektiv nicht verwerflich ist, Schwarzarbeit – pars pro toto sei die Putzfrau genannt – en masse in Anspuch zu nehmen, und die Frage des Handwerkers, ob man eine Rechnung benötige, ohne zu zögern und ohne schlechtes Gewissen mit „nein“ zu beantworten, geht es weiter wie bisher und wird sich mit Sicherheit noch verschlimmern.

Die Straftat beginnt im Kopf und bei der allgemein rückläufigen Redlichkeit! Es sind demnach alle Seiten gefordert, etwas zu ändern, um das Phänomen einzudämmen.

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

0
0

wolfsgeheul.eu vom 21.06.2015

0
0

Aus Recherchegründen habe ich auf YouTube nach einer bestimmten „Harald-Schmidt-Show“ aus der ersten Ära bei SAT1 von 1995-2003 gesucht, bin dabei hängengeblieben und konnte kaum aufhören, eine nach der anderen zu schauen. Nun neige ich dank guter Erziehung zur Souveränität in keinster Weise zu Götzenverehrung, aber Herr Schmidt macht es selbst mir nicht leicht, mich vor ihm nicht zu verneigen. Man wird regelrecht sentimental, wenn man sieht, was es einmal im Fernsehen – und das sogar im privaten – gab. Die Frage, die sich aufdrängt, ist, warum es weder vorher noch nachher etwas Vergleichbares gab und gibt.

Was waren die Qualitäten? Natürlich ist zuallererst die außerordentliche Begabung von Harald Schmidt zu nennen. Da merkt man aber auch, daß gelernt, gelernt ist. Fertig ausbildeter Schauspieler, im zumindest damals hohen Haus des „Kommödchen“ kabarettistisch erweitert und verfeinert und dann von der Bühne vor die Kamera! Da werkelt eben kein dreister, eitler, talentierter Metzger oder dümmlicher, redseliger, abgebrochener Student, sondern ein Profi. Und, was für mich entscheidend ist, war die häufige Präsenz. In der Rückschau zeigt sich nicht nur ein „semper idem“, es öffnet sich vielmehr ein Almanach, der, weil sich meist nur die Personen, aber nicht die Themen ändern, kaum an Aktualität eingebüßt hat. Hinzu kam Nonsense, Extraordinarität und Mut zur Freiheit der Kunst. Das ganze hatte aber auch durchaus journalistische Seiten, und so muß ich konstatieren, daß die Show auch die am längsten sich gehalten habende nahezu tägliche Kolumne, die es sich sogar leisten konnte, sich nicht nur auf ein Thema zu beschränken, war. Das hatte Geist und Witz, und hier und da bildeten sogar die Gäste eine kongeniale Ergänzung und waren nicht nur kommerzielles Kanonenfutter in eigener Sache.

Keine Zeitung leistet dies in dieser exemplarischen Abbildung des Tagesgeschehens bei gleichzeitiger Bedienung von Kunst-, Satire- und Zynismusbedürfnissen, insbesondere schafft kein Medium dieses Durchhalten von Unangepaßtheit und Nonkonformität. Unvergessen sind die Sendungen in französicher Sprache – liebe Franzosen, schaut euch diese Verbeugung vor der Grande Nation an und überdenkt noch einmal, ob ihr Deutsch an den Schulen wirklich abschaffen wollt -, im Dunkeln und mit dem Rücken zu Kamera. Das ganze stellt eine einmalige Leistung dar und erklärt, warum man Harald Schmidt so schmerzlich vermißt. Außer Olli Dittrich und dem ein oder anderen Tatort erreicht keine Sendung des deutschen Fernsehens mehr annähernd ein solches Niveau.

Nun mag es sein, daß Typen wie Schmidt nicht zweimal existieren. Was sollte auch eine Kopie!? Aber es kann doch nicht angehen, daß es niemanden mehr geben soll, der auf seine Art nicht ähnlich gut ist. Deshalb, liebe TV-Medien, sucht einen solchen Mann und gebt ihm schleunigst eine tägliche Late-Night-Show. Wie wollt ihr sonst die mutmaßlich immer noch vorhandenen Millionen Menschen wieder vor den Schirm holen, die so etwas wollen und goutieren? Oder reichen euch etwa die Einschaltquoten des tumben Volkes, so daß ihr auf die paar Anspruchsvolleren verzichten könnt?

Solange Harald Schmidt nicht wiederkommt oder ein adäquater Ersatz gefunden ist, brauche ich jedenfalls das Fernsehen kaum bis gar nicht mehr. Die Buchindustrie und das Internet, welches voller befriedigender Konserven ist, können sich derweil an mir gütlich tun. Wenn man keine Qualität liefert, laufen einem die Kunden eben davon.

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

0
0