wolfsgeheul.eu vom 10.01.2017

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Eine Posse, die keine Posse ist!

Die Politik schläft angesichts des Wahljahres mehr oder minder den Schlaf der Ungerechten, aber der Karneval ist in vollem Gange. Und Aachen schafft es damit sogar in die überregionale Presse und ins Fernsehen. Was ist geschehen?

Der älteste Karnevalsverein in unserer Stadt, die Stadtgarde „Öcher Penn“, feiert in diesem Jahr 160-jähriges Bestandsjubiläum und hat zu diesem Anlaß neue Gewehre, eine gebrauchsuntüchtige aber täuschend ähnliche Muskete angeschafft. Ein Penn-Soldat ist mit dieser Waffe auf der Schulter durch Aachen zu seinem nächsten Auftritt marschiert und von der Polizei aufgegriffen worden, weil das Tragen von sogenannten Anscheinswaffen in der Öffentlichkeit außerhalb von Umzügen verboten ist.

Nun muß man wissen, daß die karnevalistischen Garden im Rheinland eine Persiflage auf die ungeliebten französischen Besatzungssoldaten um die Jahrhundertwende darstellen. Mit den bunten Uniformen, einem stilisierten Holzgewehr. in dessen Lauf obendrein ein Blumensträußchen steckt, und dem traditionellen Stippelföttsche-Tanz, bei dem jeweils zwei Spaß-Soldaten Rücken an Rücken ihre ausgestreckten Hinterteile aneinanderreiben bzw. „wibbeln“, wird alles Militärische auf eine herrliche Art und Weise verhohnepipelt. Eine wunderbare Ausprägung hiesiger Lebensart und des besonderen rheinischen Humors also! Und ein Zeichen für den Frieden!

Wie aber für Deutschland typisch, bekommt selbst der organisierte Frohsinn immer auch etwas Ernstes, und so sind zum Beispiel die Mitgliedschaften in den entsprechenden Vereinen zu gesellschaftlichen Rangabzeichen verkommen. Dabei wird dann gerne Übereifer an den Tag gelegt, der sich auch in Prunk und Protz sowie germanischem Perfektionismus äußert.

Genau das sind offensichtlich die Gründe für den Austausch der alten Gewehr-Karikaturen mit echt aussehenden Musketen gewesen. Eine Verkennung der Traditionen, ja geradezu ein Verrat an ihnen!

Und jetzt ist die Aufregung groß, wenngleich das ganze natürlich in einem friedlichen Gespräch zwischen dem Polizeipräsidenten und der Führungsriege des Vereins geklärt und mit einem allseitigen „Alaaf“ folgenlos beendet worden ist. Die Konsequenz für die Penn-Soldaten besteht aber nun darin, daß sie ihre Waffen in geschlossenen Behältnissen gesondert zu ihren Auftritten transportieren müssen. Schade, denn ein prächtiger rheinischer Karnevals-Garden-Soldat ist ohne sein lächerliches Gewehrchen nur die Hälfte wert! Aber wer nach mehr als anderthalb Jahrhunderten seine Wurzeln vergißt, ist nicht zu bedauern. Dem friedlich-fröhlichen Karneval wurde jedoch damit ein Bärendienst erwiesen.

Die Polizei hat übrigens gerade in Zeiten der erhöhten Terrorgefahr nicht humor- oder traditionslos, sondern absolut richtig gehandelt.

Merke:

Gut gemeint ist eben nicht immer auch gut gemacht, und eine Posse ist nicht immer solche!

Alaaf!

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

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wolfsgeheul.eu vom 09.01.2017

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Schwein gehabt!

Bei meiner Mutter in der Senioren-Residenz putzt eine sehr nette türkischstämmige Frau, die seit Jahrzehnten in Deutschland lebt. Von Anfang an haben sich die beiden gut verstanden, und es herrscht ein herzliches Verhältnis, welches nicht nur in Gesprächen, sondern natürlich auch in süßen Gaben an die Gute, die von ihr sehr gerne angenommen werden, seinen Ausdruck findet.

Auf dem Neujahrsempfang des Heimes hat jeder Resident ein edles Marzipanglücksschweinchen aus Lübeck erhalten. Da meine Mutter den Geschmack der feinen Mandel-Zucker-Masse nicht so schätzt, bot sie dieses ihrer Putzfee an. Diese lehnte jedoch lächelnd mit der Begründung „Marzipan ja – Schwein nein!“ ab. Meiner Mutter war der Vorgang peinlich und sie entschuldigte sich. Diese Geste wurde zwar dankend vernommen, aber gleichzeitig als unnötig zurückgewiesen.

Ist das nicht eine herrliche Anekdote. Auch ich hätte nicht im Traum daran gedacht, daß allein die Form eine ansonsten geliebte Süßigkeit ungenießbar für gläubige Muslime macht. Vielleicht gilt das aber auch gar nicht generell, sondern ist nur eine besonders strenge Auslegung. Sei es wie es sei! Dazugelernt und jedenfalls hat es akzeptiert zu werden.

Und eine bedauernde Bitte um Verzeihung war wirklich nicht notwendig. Denn das genau macht den Umgang zwischen unterschiedlichen Kulturen aus, daß man überwiegend unbedarft miteinander verfährt und nicht jedes Wort vorher auf die Goldwaage legt und jede Geste tausendmal überdenkt. Wir haben alle einen Mund zum Reden und können uns erklären. Auf diese Weise lernen Menschen einander am besten kennen und verstehen. Nur eine ungefilterte Kommunikation fördert Ungleichheiten und Restriktionen zutage, auf die nach entsprechender Erläuterung und Erörterung in der Folge Rücksicht genommen werden kann und sollte. Auf diese Weise gewinnt der Umgang an gegenseitigem Verständnis und erreicht eine zunehmende Reibungslosigkeit. Gelänge das doch immer mit dieser friedlichen Leichtigkeit. Wechselseitiger Humor übrigens hilft dabei auf jeden Fall ungemein.

Und, gut, daß es auch Marzipanbrote gibt! Denn sonst hätte manch türkisches Leckermäulchen ein Problem.

Schwein gehabt!

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

 

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