wolfsgeheul.eu vom 17.07.2015

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„dünne, gebratene Scheibe Fleisch von der Keule od. Schulter“! Genauso definiert die oberste Instanz, der Wahrig, in einer älteren Auflage ein „Schnitzel“. Ein „Rippenstück“ sagt knapp ein etwa gleichalter Duden aus dem Jahre 1973, den ich in von mir als Zweifelsfragen erachteten respektive erkannten Fällen  auch für diese Kolumne zu Rate ziehe. Der aktuelle Duden ergänzt wie folgt: „dünne Scheibe Kalb-, Schweine-, Puten- oder Hähnchenfleisch, die (oft paniert) in der Pfanne gebraten wird“, hinsichtlich der unterschiedlichen Fleischsorten demnach nur eine Anpassung an den Zeitgeschmack. Fest steht aber, daß ohne Wenn und Aber dem Schnitzel immanent und es für ein solches konstitutiv ist, daß es aus Fleisch besteht. Eine dünne Auberginenscheibe, die ich, ob mit oder ohne Panade, brate, kann also niemals ein Schnitzel sein.

Daß die „Rügenwalder Mühle“ kein Mehl und/oder Brot produziert, wissen all‘ diejenigen – und das sind nicht nur die aus Pommern Vertriebenen -, die mit ihrer berühmten Teewurst aufgewachsen sind. Wir haben uns von dem Logo auch schon deshalb nicht täuschen lassen, weil wir die Windmühlenflügel immer schon als gekreuzte Würste erkannt haben. Und so wurden Generation von der Streichwurst geprägt, so eindeutig, daß man von dieser inzwischen zum großen Industrieunternehmen angewachsenen Fleischerei, die im letzten Jahr sogar mit einer massiven Kartellstrafe wegen illegaler Preisabsprachen als ehrenwertes Mitglied der Fleischmafia geadelt wurde, nichts anderes als tierische Produkte erwartet.

Nun wissen wir alle, daß Fleisch – gerade das der Großhersteller -, ob berechtigt oder nicht, mehr und mehr in die Defensive gerät und zum Teil – insbesondere von humorlosen, hohlwangigen Puritanern – geradezu verteufelt wird. Aber anstatt sich in Demut zu beugen, sich auf einen langsamen Tod einzustellen und das verbleibende Feld den redlichen Kleinerzeugern zu überlassen, die für gutes Geld auch verläßlich gute Ware liefern, kämpft man den Kampf um die Pfründen und zugestandenermaßen auch um die Arbeitsplätze mit allen Mitteln. Besonders kreativ ist hierbei die „Rügenwalder Mühle“, die auf die genial idiotische Idee verfallen ist, vegetarische Produkte mit „fleischlichem“ Aussehen und – noch wagemutiger – „fleischlichen“ Namen zu entwickeln und auf den Markt zu bringen. Da ist es also, das „Vegetarische Mühlenschnitzel“! Eine contradictio in adiecto! Und als reiche diese Lüge noch nicht, gibt es sie nicht nur in der Ausführung „klassisch“, sondern auch gleich doppelt falsch als „Cordon Bleu“. Und das ganze wird in einer aufwendigen Plastikverpackung vertrieben, auf der groß die bekannten Kreuzwürste, statt zum Beispiel zweier Zuccini Wind machen. Realsatire!

Jetzt könnte man sagen, daß sich das Thema ohnehin in Kürze erledigt haben wird, weil der vegetarische Kunde von solchen Produkten aus solchen Häusern sowieso nichts wissen will. Vom Gegenteil wird aber eher auszugehen sein. Der verlogene, genußfeindliche und faule Luxusvegetarier dürfte mutmaßlich begeistert zugreifen. Aber warum? Weil der vegetarische Anfänger wohl auf den gewohnten Auftritt von Fleisch nicht verzichten will. Wie bigott! Als nächstes sehe ich den fleischlosen Schweinshaxenbausatz als Rügenwalder-Mühlen-Revolution vor mir, bestehend aus einem in Knochenform gedrehten, ausgehöhlten, unbehandelten Buchenholz und der Hühnereiweiß-Rapsöl-Soja-Pampe – daraus bestehen nach Angabe des Herstellers auch die „Schnitzel“ -, die man beliebig dick und geformt um den Knochen drapieren, in den Ofen schieben und braun brutzeln kann. Dazu empfiehlt der Hersteller eine Soße mit Mäusespeckwürfeln. Und der Familienanarchist kann eventuell den Knochenhohlraum mit feiner Teewurst füllen und als vegetarisches Mark verkaufen!?

Man sollte nach Frankreich auswandern, damit man Leute, die vegetarische „Schnitzel“ kaufen und essen, nicht sehen muß. Oder gibt es dort auch schon so einen abartigen Blödsinn?

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

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wolfsgeheul.eu vom 16.07.2015

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Jetzt ist das Urteil in Lüneburg gefallen, so daß ich nach meinen Kolumnen vom 21. und 27. 04.2015 auch hierauf eingehen möchte. Die bitterböse „Titanic“ titelt heute online unter der Rubrik „Fast richtige Schlagzeilen“ „Überraschend hartes Urteil: Oskar Gröning muß ins KZ“. Darüber muß man nicht in Lachen ausbrechen, wenn aber doch, soll es einem ohnehin wie bei Beckett im Halse stecken bleiben. Wie so oft liegt ein Kern Wahrheit in der Satire.

Die vier Jahre Strafe für Oskar Gröning sind in meinen Augen nämlich ein wohlfeiles politisches Urteil.

Rechtlich bleibt es gelinde gesagt fragwürdig. Direkte Beteiligungen an Tötungshandlungen – nach meiner Auffassung die einzige Möglichkeit, zu einer Verurteilung zu gelangen – sind nie behauptet und im Laufe der Beweisaufnahme auch nicht ans Licht gebracht worden. Selbst aber maßgebliche Mitarbeit mit Entscheidungskompetenz bei den Selektionen an der Rampe, die beim Demjanjuk-Prozeß juristisch zweifelhaft als ausreichend angesehen worden ist, wurde nicht nachgewiesen. Die Lüneburger Richter gehen also noch einen Schritt weiter, was faktisch bedeutet, daß jeder, der, egal wo, in einem Konzentrationslager Dienst getan hat oder tun mußte, sich der Beihilfe zum Massenmord schuldig gemacht hat. Mit großer Wahrscheinlichkeit dürfte die Revision damit das Urteil aufheben; meiner festen Überzeugung nach müßte sie es tun.

Warum spricht man dann trotz der großen öffentlichen Aufmerksamkeit ein mutmaßlich falsches Urteil, bei dem man vielleicht sogar unterstellen kann, daß der Spruchkörper das sehenden Auges getan hat?

Oskar Gröning ist 94 Jahre alt, und seine Gesundheit ist entsprechend stark angeschlagen. So dürfte eine Haftfähigkeit nicht gegeben sein, womit eine Vollstreckung bereits scheitert. Außerdem muß mit der Rechtsmitteleinlegung der Verteidigung gerechnet werden, so daß auch so der Haftantritt in sehr weite Ferne rückt. Hat man deshalb einfach einmal im luftleeren Raum vier Jahre verhängt, weil man weiß, daß der vermeintliche Delinquent niemals einrücken muß und mit hoher Wahrscheinlichkeit vor endgültiger Entscheidung ohnehin eines natürlichen Alterstodes sterben wird?

Das Urteil ist eine vertane Chance. Und wieder hat die bewunderungswürdige Eva Kor als Holocaust-Überlebende die richtigen Worte gefunden, wenn sie sagt, es wäre besser gewesen, „man hätte ihn zu Sozialdienst verurteilt, um gegen Neo-Nazis zu sprechen“. Rechtstechnisch wäre das eine Einstellung unter Auflage und in meinen Augen mit Zustimmung aller Beteiligten durchaus möglich gewesen. In Zeiten des Fremdenhasses und brennender Flüchtlingsheime könnten die letzten Zeitzeugen des Nazi-Terrors vielleicht einiges an Überzeugungsarbeit leisten, um diese verbohrten Neo-Nazis zur Einsicht und Umkehr zu bewegen.

Nicht verschweigen will ich, daß der Prozeß gleichwohl etwas Großes geleistet hat, weil Oskar Gröning, der auch hätte schweigen können, die Gelegenheit genutzt und sich ausdrücklich und eindeutig zu seiner moralischen Schuld bekannt hat, was sogar die Nebenkläger mit Respekt gewürdigt haben. Das ist doch ein großartiges Zeichen, daß hier jemand im Angesicht seines wohl nahen Todes hat setzen können. Die Bühne dafür geschaffen zu haben, dafür ist den Verfahrensbeteiligten allerdings zu danken.

Aber anstatt jetzt in Deutschland hastig weitere Anklagen zuzulassen, um in langwierigen Prozessen ähnliche Urteile zu produzieren, sollte lieber im Korschen Sinne schnellstens überlegt werden, wie man – zum Beispiel mit Einstellungen unter Auflage – die letzten noch lebenden Mitläufer des Dritten Reiches dazu bewegen und bringen kann, erstens in ähnlicher Weise wie Gröning ihre moralische Schuld einzugestehen und zweitens der Nachwelt zur Überzeugung zu verhelfen, daß eine solche Stimmung und Lage, die den Holocaust erst möglich machten, nie wieder entstehen können und dürfen. Und für führende Historiker, Soziologen und Pädagogen müßte es doch ein Leichtes sein, hierfür kurzfristig eine Strategie und ein tragfähiges Konzept zu entwickeln und umzusetzen. Es eilt! Die Zeit läuft bald ab.

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

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