wolfsgeheul.eu vom 21.06.2015

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Aus Recherchegründen habe ich auf YouTube nach einer bestimmten „Harald-Schmidt-Show“ aus der ersten Ära bei SAT1 von 1995-2003 gesucht, bin dabei hängengeblieben und konnte kaum aufhören, eine nach der anderen zu schauen. Nun neige ich dank guter Erziehung zur Souveränität in keinster Weise zu Götzenverehrung, aber Herr Schmidt macht es selbst mir nicht leicht, mich vor ihm nicht zu verneigen. Man wird regelrecht sentimental, wenn man sieht, was es einmal im Fernsehen – und das sogar im privaten – gab. Die Frage, die sich aufdrängt, ist, warum es weder vorher noch nachher etwas Vergleichbares gab und gibt.

Was waren die Qualitäten? Natürlich ist zuallererst die außerordentliche Begabung von Harald Schmidt zu nennen. Da merkt man aber auch, daß gelernt, gelernt ist. Fertig ausbildeter Schauspieler, im zumindest damals hohen Haus des „Kommödchen“ kabarettistisch erweitert und verfeinert und dann von der Bühne vor die Kamera! Da werkelt eben kein dreister, eitler, talentierter Metzger oder dümmlicher, redseliger, abgebrochener Student, sondern ein Profi. Und, was für mich entscheidend ist, war die häufige Präsenz. In der Rückschau zeigt sich nicht nur ein „semper idem“, es öffnet sich vielmehr ein Almanach, der, weil sich meist nur die Personen, aber nicht die Themen ändern, kaum an Aktualität eingebüßt hat. Hinzu kam Nonsense, Extraordinarität und Mut zur Freiheit der Kunst. Das ganze hatte aber auch durchaus journalistische Seiten, und so muß ich konstatieren, daß die Show auch die am längsten sich gehalten habende nahezu tägliche Kolumne, die es sich sogar leisten konnte, sich nicht nur auf ein Thema zu beschränken, war. Das hatte Geist und Witz, und hier und da bildeten sogar die Gäste eine kongeniale Ergänzung und waren nicht nur kommerzielles Kanonenfutter in eigener Sache.

Keine Zeitung leistet dies in dieser exemplarischen Abbildung des Tagesgeschehens bei gleichzeitiger Bedienung von Kunst-, Satire- und Zynismusbedürfnissen, insbesondere schafft kein Medium dieses Durchhalten von Unangepaßtheit und Nonkonformität. Unvergessen sind die Sendungen in französicher Sprache – liebe Franzosen, schaut euch diese Verbeugung vor der Grande Nation an und überdenkt noch einmal, ob ihr Deutsch an den Schulen wirklich abschaffen wollt -, im Dunkeln und mit dem Rücken zu Kamera. Das ganze stellt eine einmalige Leistung dar und erklärt, warum man Harald Schmidt so schmerzlich vermißt. Außer Olli Dittrich und dem ein oder anderen Tatort erreicht keine Sendung des deutschen Fernsehens mehr annähernd ein solches Niveau.

Nun mag es sein, daß Typen wie Schmidt nicht zweimal existieren. Was sollte auch eine Kopie!? Aber es kann doch nicht angehen, daß es niemanden mehr geben soll, der auf seine Art nicht ähnlich gut ist. Deshalb, liebe TV-Medien, sucht einen solchen Mann und gebt ihm schleunigst eine tägliche Late-Night-Show. Wie wollt ihr sonst die mutmaßlich immer noch vorhandenen Millionen Menschen wieder vor den Schirm holen, die so etwas wollen und goutieren? Oder reichen euch etwa die Einschaltquoten des tumben Volkes, so daß ihr auf die paar Anspruchsvolleren verzichten könnt?

Solange Harald Schmidt nicht wiederkommt oder ein adäquater Ersatz gefunden ist, brauche ich jedenfalls das Fernsehen kaum bis gar nicht mehr. Die Buchindustrie und das Internet, welches voller befriedigender Konserven ist, können sich derweil an mir gütlich tun. Wenn man keine Qualität liefert, laufen einem die Kunden eben davon.

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

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wolfsgeheul.eu vom 19.06.2015

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Zu viele Themen sind des Kolumnisten Tod!

Als erstes fiel heute ein Photo auf Seite 6 der FAZ ins Auge, welches im Zusammenhang mit dem Nato-Manöver in Polen vor einem Panzer einen Mann umringt von drei Frauen abbildet, von denen eine unsere „Miss Maske“, Verteidigungsministerin von der Leyen, staatsmännisch mit Hüftknick unterm Trench zeigt. Gemäß Bildunterschrift stellen sich die beiden anderen Mädels als die Verteidigungsministerinnen der Niederlande, Frau Hennis-Plasschaert(Jahrgang 73), sich keck mit der rechten Hand durchs blondierte Haar fahrend, und Norwegens, Frau Soreide(Jahrgang 76), im schwarzen Parka brav mit Händen an der Hosennaht wie ein Schuljunge dastehend, sowie der Herr als der Nato-Generalsektretär Stoltenberg heraus. Da sieht man förmlich die europäischen Armeen stramm stehen und den Russen zittern. Wenn man der Welt zeigen will, daß man die Landesverteidigung nicht mehr ernst nimmt und stattdessen nunmehr den Fokus einzig auf pazifistische Dinge legt wie Gewehre, die nicht schießen, Kitas in Kasernen etc., dann ist das eine Traumbesetzung.

Sodann muß man Papst Franziskus ansprechen. Zugegebenermaßen habe ich die „Umwelt-Enzyklika“ noch nicht im Wortlaut gelesen. Aber man darf wohl konstatieren, daß der Papst es wieder einmal geschafft hat, die Menschheit aufzurütteln und zu bewegen, über das elementarste Zukunftsthema der Menschheit nachzudenken, zu diskutieren und alle förderlichen Bemühungen mit Verve voranzutreiben. Wer, außer Papst Franziskus, schafft das heute noch!? Und, lieber Herr Daniel Deckers von FAZ, da brauchen wir keinen – zugestanden sei, daß er auch lobt – Seite 1-Hauptleitartikel von heute, der gleichzeitig mit Krämerseele und Besserwisserei Formulierungen wie „abgestandene Polemik“, „moralinsauren Gebräu“ und „bestenfalls geschwätziges Einerseits-andererseits“ gebraucht. Herr Deckers, während dem Papst der gesamte Erdenball zuhört und er die Weltbevölkerung nachhaltig beeinflußt, liegt ihr kleingeistiges Elaborat überwiegend schon in der Papiertonne.

Und dann noch eine wichtige Meldung für alle, die morgen traditionell den Tag der wöchentlichen Körperpflege feiern. Die T-Online-Homepage leitet einen heute auf die Seite“desired.de“, die verkündet, daß zur Vorbeugung von Hautalterung auf tägliches Duschen verzichtet werden sollte, und zum Schutze der empfindlichen Gesichtshaut warnt „Halten sie das Gesicht niemals direkt unter den Duschkopf!“. Hoffentlich hat Uschi, unsere geradezu universell unfähige Spaßbremse, das auch schon ihrer Truppe mitgeteilt.

Eine faltenfreie aber olfaktorisch schwieriger werdende Zukunft voraussehend wünsche ich eine

gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

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