wolfsgeheul.eu vom 15.08.2017

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Wäre doch alles so langsam wie meine Mikrowelle!

Mit zunehmendem Alter sieht man sich ab und an gezwungen, der Jugend etwas zu erklären, was man eigentlich nicht richtig erklären kann. Es geht um das Phänomen, daß die Zeit nach dem eigenen Empfinden wie auch bei anderen Älteren immer schneller verstreicht. Aber während also nun die Minuten mit zunehmender Geschwindigkeit durch das Stundenglas rauschen, gibt es trotzdem immer die Momente, in denen wiederum der rieselnde Quarzstaub in der Eieruhr kurzzeitig zu verklumpen und nur noch mit Mühe und damit deutlich langsamer die Engstelle zu passieren scheint.

So zum Beispiel vor meinem Mikrowellenherd! Wenn ich bei dem eine Minute Laufzeit eingebe und – es handelt sich ja nur um ein klitzekleines Minütchen – danebenstehend warte, bis die Uhr heruntergelaufen ist, bin ich versucht zu glauben, der Moment dehne sich merkwürdigerweise, so daß sechzig Sekunden mir wie eine winzige Ewigkeit vorkommen. Da ich es aber jedes Mal neu nicht glauben will, verbringe ich immer wieder unnütze Zeit neben diesem Teufelsgerät, obwohl ich vielleicht problemlos währenddessen etwas anderes erledigen könnte. Es raubt mir also obendrein in seinem epischen Arbeitsintervall mit das kostbarste, was mir zur Verfügung steht, nämlich meine Zeit. Das ist doppelt ärgerlich, weil doch die Mikrowellenminute subjektiv mindestens zwei Minuten entspricht. Aber genau das stimmt eben nicht. Versucht man nämlich einmal, tatsächlich die Küche zu verlassen, um irgendetwas anderes in der Wohnung zu tun, ist man erstaunt, wie schnell der Ofen sein Werk verrichtet und stolz und mahnend zugleich piept. Denn offenbar verändert nur das vorübergehende passive Verharren scheinbar den gewöhnlichen Lauf der Zeit.

Heißt das aber nun, daß man durch Nichtstun sein Leben subjektiv verlängern könnte? Nein, denn zähe Minuten sind eindeutig schlechter zu ertragen als schnelle, so daß durch ein profanes Innehalten keine echte und nachhaltige Lebensqualitätsverbesserung erzielt wird. Der eingangs geäußerte Wunsch führt also in die Irre. Und objektiv ist meine Mikrowelle noch nie langsamer gewesen.

Das Fazit lautet aber demnach: Aktiv bleiben! Und mag es sich noch so nachteilig auf meine Wahrnehmung der sich steigernden Hatz auf mein Ende hin auswirken! Die Zeit geht ihren konstanten Weg vollkommen ungerührt von meinem Gefühl über ihren Verlauf. Trotzdem bleibt der fromme Wunsch, daß sie mir doch bitte mehr Zeit ließe.

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

 

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wolfsgeheul.eu vom 01.02.2017

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„O tempura, o mores“!

Es wird wohl nicht mehr lange dauern, bis die erste Sushi-Bar mit diesem Namen aufwartet.

„Teigmantel und mehr“ könnte natürlich auch eine Boutique für Kimonos kleiden, die gleichzeitig kleine japanische Snacks reicht.

Oder „O tampone, o mores“! Ein Markt für Hygieneartikel!

Der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt.

Am gestrigen Morgen auf dem Weg zu meinem Zahnarzt schaue ich auf die gegenüberliegende Straßenseite und entdecke eine Lokalität, die mit italienischen Farben und Olivenbäumchen rechts und links des Einganges auf eine Pizzeria, einen Pizzadienst oder ähnliches hindeutet. Über der Tür prangt ein Schild, das mit dem Wort „Pizza“ beginnt und nach einem Zwischenzeichen, daß ich zunächst nicht richtig identifizierte respektive dem ich anfangs keine weitere Bedeutung beimaß, mit „More La Strada“ endet.

Nun bin ich des Italienischen nicht mächtig, glaube aber immer noch – überwiegend fälschlicherweise -, daß mich meine Lateinkenntnisse bei der Übersetzung eventuell weiterbringen können. „La Strada“ als Reminiszenz an den großen Fellini stellt eine nicht seltene Bezeichnung für italienische Restaurants dar. Aber „More La Strada“? „Die Sitten der Straße“? Macht wenig Sinn! „Der Tod auf der Straße“? Kann es ebenfalls nicht sein, da es eine „more“ lautende Deklination von „morte“ eher nicht gibt! Das Rätseln ging noch etwas weiter, da ich fürderhin von einem dreigliedrigen Namen ausging. So dauerte es noch ein Weilchen, bis ich dem Zeichen zwischen „Pizza“ und „More“ doch endlich meine Aufmerksamkeit widmete und erkennen mußte, daß es sich dabei um ein „&“ handelt.

Da fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Die Anglizismuswelle hat hier wieder zugeschlagen. Dort gibt es also „Pizza“ und „mehr“.

Das kann ich zum Teil bis heute noch nicht sofort denken, so daß ich immer wieder eine Zeitlang der falschen Fährte zu folgen gezwungen bin bis ich zur wahren Erkenntnis gelange. Ich bin halt nicht der große Zampano der modernen Kommunikation.

Der Google-Translator wirft übrigens die Version „Brombeeren die Straße“ aus. Ach, wenn doch Fellini noch leben würde! „Brombeeren pflasterten seinen Weg“, die Geschichte eines analaphabetischen Früchtesammlers, der eine Spur der Verwüstung hinterläßt! Oder „Brom Beer En Die Straße“, der tragische Absturz eines Schönheitschirurgen aus der Jetset-Welt, der durch den Genuß von Alkohol und Meskalin letztlich verarmt und vollkommen heruntergekommen seinen letzten Tag – vielleicht auch ein Stoff für Pasolini – auf der Straße verbringt!

„O tempora, o mores“!

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

 

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