Gestern habe ich nach einem Golfturnier im Clubhaus vor Barbecue und Siegerehrung das Achtelfinalspiel der Deutschen in Form des Rudelguckens angeschaut. Die Augen waren zwar überwiegend zum Fernseher gerichtet und die Tore wurden beklatscht, aber insgesamt hatte ich nicht den Eindruck, hier einem einmaligen und spannenden Ereignis beizuwohnen, das die Zuschauer vollkommen in seinen Bann zog. Dies wurde insbesondere deutlich, als nach dem Spiel alle stante pede sich abwendeten und anderen Dingen zuwandten. Obwohl man bereits während des Spieles geredet und gelacht hatte, ohne daß sich irgend jemand daran gestört hätte, schien ein jeder fast froh zu sein, daß es vorbei war und man nun ungestört sich dem Gespräch, Trinken und Essen widmen konnte.
Das ganze war keinesfalls unsympathisch, hat mich aber zum Nachdenken gebracht. Meine Erinnerung ging zurück zum WM-Finale 1966 gegen England, das ich – obwohl mein Gedächtnis für Vergangenes nicht das beste ist, weiß ich es noch – bei meiner Großmutter mit Eltern, Tante und Onkel gesehen habe. Welch‘ gespannte Stille, welch‘ Aufgeregtheit, welche Emotionen! Und dann das legendäre Wembley-Tor, bei dem ein Pantoffel meines Oheims versehentlich und zum Glück folgenlos vor die Mattscheibe flog, weil er sich vor Entsetzen auf dem Sofa zurückgeworfen und dabei partiell die Kontrolle über sein Hausschuhwerk verloren hatte! Das war ein einmaliges Ereignis.
An dieser Besonderheit fehlt es bedauerlicherweise heute. Gegen die Vielzahl von Höhepunkten ähnlicher Art stumpft halt auch der Begeistertste irgendwann ab. Der Betriebswirt weiß, daß der Grenznutzen gegen Null geht. Das Phänomen der Übersättigung ist allerorten spür- und greifbar.
Schade, daß unseren Kindern solche Momente nicht mehr beschert und ihre Erinnerungen durch die Massierung von Spitzen verwässert werden. Es ist höchste Zeit für Mäßigung.
Gute Nacht!
Ihr/Euer Wolf