Neulich wurde berichtet, daß einige Forscher nach Untersuchungen eines in Äthiopien gefundenen Unterkieferfragments nunmehr davon ausgehen, daß der Mensch 400.000 Jahre älter ist als bisher mit „nur“ 2,8 Millionen Jahren angenommen.
Diese Information hat mich schier umgehauen. In keinster Weise will ich den Sinn und die Berechtigung von Forschung in allen denkbaren Wissenschaften bestreiten, aber mir stellt sich die Frage, ob solche Bereiche, die mit derart bahnbrechenden Neuigkeiten aus der Vorzeit aufwarten können, tatsächlich öffentlich finanziert werden sollten oder müssen. Dabei wage ich die Behauptung, daß besagte Erkenntnis uns im hier und jetzt keinen Jota weiterbringt, es sich also bei derartiger Forschung um reinen Luxus handelt. Luxus aber muß man sich leisten können und Zeiten, in denen Ausgaben für Bildung restriktiv gehandhabt werden, sind meines Erachtens nicht geeignet, um L’art-pour-l’art-Forscher mit Steuergeld auszustatten. Außerdem harren mit Energiewende, Resourcenknappheit, Klimawandel, Welthunger-und versorgung etc. ganz andere andere Kaliber an Themen auf eine zufriedenstellende Lösung. In solch einer Situation ist es unverantwortlich, Gelder an die Gewinnung nutzloser Erkenntnisse zu verschwenden, während in Schulen Stunden ausfallen und der Putz von der Decke bröckelt. Von überfüllten Universitäten will ich gar nicht sprechen.
Mein Plädoyer geht also dahin, daß wissenschaftliche Untersuchungen von Dingen, die uns vorherseh- und nachweisbar keinen messbaren Erfolg im Heute zu geben vermögen, sich das notwendige Budget im privaten Bereich – wie wäre es zum Beispiel mit dem sicherlich vermögenden Verband der Kiefernchirurgen!? – beschaffen müssen, ansonsten sie nicht stattfinden können. Mir ist die Vorstellung ein Graus, daß ein Heer von älteren Archäologieprofessoren mit ihren jungen, weiblichen Jüngern in Pfadfinderromantikmanier auf meine Kosten in die entlegensten Gegenden der Welt reist, um in der Erde zu buddeln und mir nach ihrer Rückkehr, wenn sie ihre superteuren Untersuchungen abgeschlossen haben, mein Weltbild derart durcheinanderzubringen. Allein die Mühe, meinen Lebenslauf nun um weitere 400.000 Jahre zurückverfolgen zu müssen, ist unermeßlich.
Es gibt einfach Wissenschaften, die man sich in schlechteren und/oder andere Prioritäten erfordernden Zeiten nicht erlauben kann. Ausdrücklich ausnehmen möchte die Philosophie, die allerdings mit guten Gründen schon Schopenhauer als unfrei und damit sich selbst ad absurdum führend geziehen hat, solange sie sich von der Obrigkeit/vom Staat finanzieren läßt, es also insofern auch ihr guttäte, nabelte sie sich von den Machthabern ab. Es gibt aber mit Sicherheit genügend finanzstarke Freidenker – die Kiefenchirurgen fallen da aber wohl aus allen erdenklichen Gründen aus, im mindesten weil sie sich ja schon für äthiopische, frühzeitliche Kiefernknochen engagieren -, die ohne Bedingungen Menschen das Essen, Trinken und Leben alimentieren, die das Potential haben, über Grund und Sinn von allem nachzusinnen und neue Entdeckungen zu machen.
Die unverlangt mir zur Kenntnis gegebene Tatsache, daß ich um soviel älter bin, erklärt aber vielleicht meine Müdigkeit!
Gute Nacht!
Ihr/Euer Wolf