wolfsgeheul.eu vom 04.09.2017

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„von Wanderern auf dem Rücken getragener Sack aus Segeltuch für Mundvorrat, Kleidung, Ausrüstung“!

So definiert mein zugegebenermaßen etwas angejahrter Wahrig einen Rucksack. Wie schnell doch Bedeutungen altern und sich wandeln können. Heute stellt jede Innenstadt, jeder Unicampus etc. optisch hochalpines Gelände dar, auf dem sich alt und jung gleichermaßen bepackt tummeln. Nicht nur die unsäglichen Outdoorjacken(s. auch Kolumne vom 15.03.2015), sondern auch die rückwärtig getragenen Behältnisse von teils genauso erstaun- wie unerklärlicher Größe, mit denen man zehn Tage von Hütte zu Hütte wandern könnte, vermitteln den Eindruck, als befände sich ein beträchtlicher Teil der Bevölkerung auf großer Wanderschaft. Akten- und Einkaufstaschen oder Körbe sind offenbar hoffnungslos out.

Es gibt viele Gründe für diese Entwicklung. Einer davon besteht in unseren Fahrrädern, die überwiegend keine Lastesel mehr sind, weil ihnen die entsprechenden Befestigungsvorrichtungen fehlen. Aber der Hauptgrund scheint mir die Tendenz zum Praktischen zu sein. Schönheit, Ästhetik, modischer Schick, all‘ das muß hinter den Zweck, der mehr und mehr die Mittel zu heiligen scheint, zurücktreten. Heute zeigt praktisch jeder sein Päckchen, daß er im Leben zu schultern und zu tragen hat, offen zur Schau.

Die Umwelt wird dadurch ärmer und weniger anmutig. Geprägt wird sie aber durch den modernen Menschen. Eine neue Form der häßlichen Armutsbewegung!

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

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wolfsgeheul.eu vom 17.04.2016

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Mag der April auch so manche Kapriolen bereithalten, eines überwiegt: Es ist Frühling! Deshalb ‚mal wieder ein Gedicht!

 

Flühlingsschönheit

Ein Baum, der grad noch blutleer

Da als Gerippe stand,

Sekunden später schon ist er

In einem grün‘ Gewand.

 

Es ist schon ungeheuer,

Wie rasch das jedesmal,

Gelenkt von höherm Steuer

Erfaßt ein ganzes Tal.

 

Doch auf den Bergen droben,

Das bleibt es kahl und öde,

Wo weiterhin die Stürme toben,

Wird’s höchstens grau und trotzdem schnöde.

 

Geht man jedoch hinauf,

Dann wird man sehn,

Daß Spalt um Spalt zuhauf

Schon kleine Blumen stehn.

 

Die Schönheit klebt nicht an der Masse,

Nicht immer sieht man sie sofort.

Der Frühling jedenfalls hat Klasse,

Da ist’s egal an welchem Ort.

 

Und für alle, die versucht sind, die Natur zugunsten der heimischen Vase zu plündern, noch die herzzerreißende Mahnung Goethes:

Gefunden

Ich ging im Walde
So für mich hin,
Und nichts zu suchen,
Das war mein Sinn.

Im Schatten sah ich
Ein Blümchen stehn,
Wie Sterne leuchtend,
Wie Äuglein schön.

Ich wollt es brechen,
Da sagt es fein:
Soll ich zum Welken
Gebrochen sein?

Ich grub’s mit allen
Den Würzlein aus.
Zum Garten trug ich’s
Am hübschen Haus .

Und pflanzt es wieder
Am stillen Ort;
Nun zweigt es immer
Und blüht so fort.

Johann Wolfgang von Goethe
(1813)
Gute Nacht!
Ihr/Euer Wolf
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