Deutschland, deine Justiz!
Zur Zeit befinde ich mich auf einer beruflichen und privaten Rundreise durch Ostdeutschland. Morgen wollte ich einen Termin an einem Brandenburgischen Landgericht wahrnehmen, auf den mein Mandant und ich schon länger warten. Am heutigen frühen Vormittag erreicht mich ein Anruf der Geschäftsstelle, der Termin zur mündlichen Verhandlung sei verschoben auf März nächsten Jahres. Grund: Eine mir zur Ansicht zugeleitete beigezogene Akte eines anderen Gerichtes sei am letzten Freitag nicht an Gerichtsstelle zurückgelaufen.
Erstens ist dieser Akt für die Entscheidung grundsätzlich absolut irrelevant, weil er einem nicht zivilrechtlichen Verfahren entsprungen ist. Zweitens birgt er auch an keiner Stelle geheime Botschaften, die über das dortige Urteil, welches aus Sicht des Zivilrechtes falsch ist, hinaus eine Bedeutung im laufenden Verfahren entwickeln könnten. Und drittens war die Akte rechtzeitig durch mich versandt worden, so daß sie, von total unwahrscheinlichen unglücklichen Verläufen abgesehen, mit Sicherheit spätestens am Montag, also gestern und einen Tag vor der Verhandlung dort eintreffen mußte. Im übrigen war der Transfer transparent und detailliert über das Treckingsystem des Paketdienstes in Echtzeit verfolgbar.
Tatsächlich ist das Päckchen heute um 11:32 Uhr korrekt wie erwartet zugestellt worden. Wo ist also der Grund, ein Verfahren um weitere drei Monate zu verlängern!? Wer bedenkt, daß zwei Anwälte und zwei berufstätige Mandanten sich ebenfalls seit Monaten diesen Termin freigehalten und damit andere Termine verschoben haben!? Und meine Reise war sogar speziell um diesen Termin herum angelegt und von langer Hand geplant.
Das schert viele Richter nicht! Weil sie sich keine wirtschaftlichen Gedanken machen (müssen). Sie sollten es aber tun, denn ihre Bezüge zahlt der Steuerzahler. Nur hängt die Sicherheit dieser Entlohnung nicht elementar an kleineren Schwankungen, die eine ignorant agierende Justiz mit solcherlei Gebaren anrichtet. Das ist traurig, denn so werden keine Anreize gesetzt, sich diesbezüglich bewußter zu verhalten.
Genau an dieser Vernetzung mangelt es, und daran krankt unser ganzes System.
Bald kommt für die Engländer der Boxing-Day, an dem zumindest früher die Herren mit den Dienern für 24 Stunden die Rollen tauschten. Wie wäre es mit häufigeren Wechseln bei den Organen der Rechtspflege!? Wenn die Anwälte die Richter besser verstünden und vice versa, dann könnte sich einiges zum besseren bewegen. Außerdem dürfte die Hemmschwelle, wenn man unter seinesgleichen tauscht, geringer sein.
Deutschland, deine Justiz ist verbesserungsfähig!
Gute Nacht!
Ihr/Euer Wolf