wolfsgeheul.eu vom 03.11.2016

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Der kürzeste Weg in den Orkus führt „Ab durch die Mitte“!

Über Facebook bin ich darauf aufmerksam geworden, daß uns nach der AfD vielleicht die nächste Katastrophe droht. „Deutsche Mitte“ nennt sich eine neue Partei, die unter anderem mit dem Slogan „Ethik in die Politik“ wirbt und gleichzeitig im sozialen Netzwerk folgendes publiziert: „Ganz langsam bewegt sich der deutsche Koloss – auch im tiefen Schweigen der großen Kartellmedien! Wir brauchen diese Pfeifen nicht!!“. Ach, so geht Ethik also! Medien, die mich nicht wahrnehmen, sind eben Arschlöcher. Lügenpresse halt!

Wenn Deutschland eines nicht braucht, dann ist das mehr Mitte. Da haben sich doch die meisten schon gemütlich schweigend eingerichtet. Wir sind vielmehr dringend darauf angewiesen, daß wir endlich wieder einen echten Wettstreit der Meinungen bekommen, der polarisiert und tatsächlich nach der besten Lösung sucht und nicht allein auf die Mehrheitsfähigkeit schielt und entsprechend sein populistisches Sensorfähnchen nach dem Wind dreht.

Und dafür braucht es keine neuen Parteien, sondern engagierte Menschen, die frischen Wind in die etablierten Parteien bringen und damit eine Erneuerung von innen heraus befördern. Statt sich also dem nächsten unseriösen Protestgrüppchen der Unzufriedenen und Abgehängten anzuschließen, damit lediglich einen Sturm im Wasserglas zu erzeugen und ein paar unqualifizierten Funktionären zu einem vorübergehenden Pöstchen zu verhelfen, muß endlich die Erkenntnis reifen, daß Demokratie ein schweres Brot ist, was sehr viel Arbeit – überwiegend ehrenamtlich übrigens – bedeutet, will man seine Überzeugungen an den Mann bringen und Ideen umsetzen.

Daß das organisierte Politikestablishment verfettet ist und an einem eklatanten Mangel an lebendiger Auseinandersetzung leidet, liegt eben nicht nur an den Parteien und ihren schwerfälligen Ochsentourstrukturen, sondern auch und gerade daran, daß die Mitglieder als reine Stimmviehclaqueure es mit sich machen lassen. Sich darüber nur von außen zu beschweren und nicht aktiv einzugreifen, gleicht dem Verhalten eines trotzigen Kindes nach dem Motto „Meine Mutter ist selbst Schuld, wenn ich kalte Füße habe.“.

Also, auf und Mitgliedsanträge bei der CDU/CSU, SPD, den Grünen oder Liberalen unterschreiben und sich ins Getümmel stürzen! Und wieder lernen, daß jede Partei ersteinmal für sich allein und ihre Ideen kämpft und dann nach der Wahl schaut, was sich aus dem Ergebnis heraus für Optionen ergeben, statt, wie Herr Kretschmann, der Kanzlerin schon ein Jahr vor dem Urnengang mit Verlaub in den Arsch zu kriechen.

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

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wolfsgeheul.eu vom 26.08.2016

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Leichen-Bilder waren einmal der Ritterschlag für Absolventen der Meisterschulklassen der Dokumentarphotographie, und wer es gar schaffte, ein totes Kind abzulichten, dem war ein Platz in der Walhalla der rasenden Linsengucker sicher. Die ganz hohe Schule stellten eine Zeit lang Väter in Syrien oder Palästina mit ihren toten Kindern im Arm, eine moderne Interpretation der Pietà, dar. Mit dem Photo des toten Flüchtlingsjungen am Strand(s. Kolumne vom 08.09.2015) ist der Schnappschuß dann aber ein wenig nach hinten losgegangen. Außer dem merkwürdigen Herrn Weiwei, der sich sogar gleich danebenlegte – allerdings, nachdem seine Bilder im Kasten waren, nicht zur Freude aller sich auch sofort wieder aufhelfen ließ -, fand das eine Vielzahl von Menschen nicht mehr gut. Hier war jemand zu weit gegangen.

Die Auswirkungen wurden von vielen Nikon-Jüngern als unzulässige Einschränkung empfunden, sehen sie es doch als ihre originäre Aufgabe an, die grausame, nicht gestellte Welt, derselben unverstellt vor Augen zu halten. Dabei unterschätzten sie immer schon das Vorstellungsvermögen der Menschen, die nicht alles sehen müssen, um es zu erfahren, zu begreifen. Ebenso begaben sie sich in die Gefahr, lediglich die Sensationslust der Sofa-Gaffer zu bedienen und damit statt aufzurütteln, mehr die Abstumpfung zu befördern. In dieser Spirale ergab sich faktisch der Zwang, immer fürchterlichere Photos zu schießen, um überhaupt noch eine Reaktion beim Betrachter zu erzielen und die Kassen klingeln zu lassen.

Vielleicht brauchte es den armen ertrunkenen Jungen, um eine Umkehr einzuläuten!? Aber was ist tatsächlich der Effekt?

Jetzt feiert ungefragt der bemitleidenswerte staubeingehüllte Aleppojunge auf dem Klappsitz des Rettungswagens traurige Klickrekorde. Genauso schrecklich, aber das Kind lebt! Statt das traumatisierte Häufchen Elend entweder allein zu lassen oder ihm die Hand zu tätscheln bzw. den Kopf zu streicheln, hält der heuchlerische Kurzdistanzvoyeur ohne Skrupel voll drauf und schert sich in Wahrheit einen Dreck um dessen Schicksal. Für Sentimentalitäten und menschliche Gesten ist in der wilden Hatz auf das letzte aller Photos kein Raum. Drei Häuser weiter wartet schon das beinamputierte Minenopfermädchen mit dem herzzerreißend süßen Gesicht auf sein Photoshooting. „World Next Kriegsversehrten Top Model“! The show must go on.

Und für die etwas weniger Mutigen unter den Bilddokumentionshelden, die es scheuen, in wahrhaftig pulvergeschwängerten Krisengebieten auf Safari zu gehen, gibt es ja zum Glück allenthalben Naturkatastrophen. Wie das Erdbeben in Italien! Erstens kann man da schnell mit dem Mietwagen von Rom aus hingelangen und abends am Ufer des Tiber trotzdem genüßlich seinen Pinot Grigio schlürfen, und zweitens hält sich das Risiko, wenn man sich im Freien sowie fern von einsturzgefährdeten Gebäuden bewegt und nicht etwa an Aufräum- und Sucharbeiten teilnimmt, in überschaubaren Grenzen. Also Objektivdeckel ab und den Auslöser gedrückt! Die Presseheinis warten bereits sehnlichst auf die bunten Horrorbildchen, denn die Schlagzeilen dazu sind schon geschrieben.

So wie vermutlich bei der dpa-Meldung auf T-Online gestern mit „Viele Kinder bei Erdbeben ums Leben gekommen“! Das bringt allerdings den Kamerabediener ins Schwitzen! Wie war noch die Regel für Kinderleichen? „Für dich habe ich heute leider kein Photo.“! Mist! Aber nicht verzagen! Da geht trotzdem was. Also schnell eine Mädchenpuppe in den Trümmern gesucht, und der zum Artikel passende Schnappschuß(Reuters) ist im Kasten( s. Link: http://www.t-online.de/eltern/familie/id_78797200/erdbeben-in-italien-viele-kinder-sind-unter-den-toten.html )! Hohe Kunst, denn man muß tatsächlich zweimal hingucken, um zu erkennen, daß da kein echter Leichnam liegt!

So etwas aber erfüllt die Voraussetzungen an einen moralischen Umgehungstatbestand und ist deshalb nicht minder verwerflich. Liebe Journalisten, erklärt uns einfach die Welt wortmächtig, wie es eure (Auf)Gabe ist, dann braucht es nämlich keine Bilder! Und die widerlichen Gaffer am Auslöseknopf könnten sich doch zum Beispiel als Hochzeitsphotographen – ein Ereignis, das häufig den Ausgangspunkt für die Geburt von Kindern bildet und/oder auch den Beginn einer Katastrophe darstellen kann, insofern also ebenso in ihr Beuteschema passen müßte – ihr kärgliches Brot verdienen. Der sensationsgierbefriedigenden Photos jedenfalls bedarf es nicht, um zu verstehen, daß die Menschheit auf beiden Seiten oft verabscheuungswürdig ist. Laßt sie weg!

Ansonsten gucken wir bald nicht mehr hin beziehungsweise schließen trotzig unsere Äugelein und sagen leise

gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

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