wolfsgeheul.eu vom 14.10.2016

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Gibt es andere Grenzen der Satire als die des Strafrechts? Natürlich!
„Mittwoch, 12. Oktober 2016
Vorbildliche Gleichbehandlung! Sächsische Polizei fängt weder Nazis noch Islamisten
Donnerstag, 13. Oktober 2016
Leiter der JVA Leipzig: „Wir konnten ja nicht ahnen, dass ein Selbstmordattentäter selbstmordgefährdet ist“
Donnerstag, 13. Oktober 2016
Huch! Jetzt ist auch noch die JVA Leipzig abgebrannt
Freitag, 14. Oktober 2016
„Wir haben eine 2. Chance verdient!“ – Sachsens Innenminister bittet IS um weiteren Terroristen“

Das sind die Überschriften der Artikel auf der von mir eigentlich geschätzten Satireseite „Der Postillion“ der letzten Tage zur Causa „Sachsen“. Sie sprechen für sich.

Zugeben möchte ich zwar, daß ich, wäre mir bei Veröffentlichung meiner Kolumne vom 12.10.2016 der Selbstmord des IS-Terroristen bereits bekannt gewesen, eventuell einen leicht anderen Ton angeschlagen hätte. Es war halt der traurige Endpunkt eines mehr als unglücklich gelaufenen Antiterroreinsatzes. Aber zum Tenor meines Beitrages stehe ich nach wie vor einhundertprozentig.

Die oben zitierten satirischen Beiträge jedoch überschreiten meines Erachtens eindeutig die Grenzen des guten Geschmacks. Damit könnte man die Sache für genauso für erledigt betrachten wie den Fall „Böhmerman“, der grundsätzlich in die gleiche Richtung tendierte. Beides ist strafrechtlich nicht relevant, wie die Einstellung des Verfahrens gegen den Fernsehclown, so wie ich es in meiner Kolumne vom 13.04.2016 verhergesagt habe, zeigt. Es gibt aber einen gravierenden Unterschied. Während man mit Erdogan keinerlei Mitleid hegen mußte, trifft der postillionsche Stil eine Vielzahl von redlichen Menschen, die nur ihre schwierige und gefährliche Arbeit, wenn auch fehlerbehaftet, getan haben.

Es gibt also eine weitere Grenze, nämlich die, daß man unbescholtene Bürger in subalternen Positionen als Polizisten oder Gefängniswärter nicht maßlos mit Häme überziehen sollte. Um hier nicht zu weit zu gehen, bedarf es eines gewissen Stilgefühls, guten Benehmens und sicheren moralischen Korsetts, damit keine unappetitlichen Möpse – pardon – Klöpse aus dem Mieder purzeln. Genau das ist dem Betreiber vom Postillion zumindest in diesem Falle zu verhindern nicht gelungen. So kann man mit einer ungebrachten Kaskade von Geschmacklosigkeiten seinen guten Ruf ganz schnell verspielen.

Satire darf alles und kann wunderbar sein. Die Satiriker sollten sich aber bewußt sein, daß ihre Beiträge durchaus Einfluß auf unsere Gesellschaft und den Umgang der Menschen untereinander haben. Und wenn morgen wieder einer auf den Kaberettbrettern die allgemein umsichgreifende Verrohung beklagt, sollte er sich prüfen und überlegen, ob er dazu nicht (ungewollt) einen Beitrag geleistet hat.

In diesem Sinne, gute Nacht Postillion aber auch sächsische Politik, Justiz und Polizei! Und bitte endlich das Aufwachen nicht vergessen.

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

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wolfsgeheul.eu vom 19.06.2016

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Neulich bei einer Veranstaltung vom Bund Katholischer Unternehmer e. V. in Aachen!

Der smarte Juniorchef eines von seiner Mutter geleiteten Familienunternehmens hält eloquent einen – mangels eigener Ideen – zitatgespickten Vortrag über das großartige Leitbild seines Unternehmens, das auf christlichen Werten fußt und bereits vom verstorbenen Vater aufs Papier gebracht worden ist. Nun wissen alle, die schon einmal in der freien Wirtschaft tätig waren, daß dünne weiße Blätter, sind sie erst mit vielen schwarzen Lettern befleckt, unglaublich geduldig sein können. Firmensphilosophie ist das eine, die täglich gelebte Kultur das andere! So gibt es unabhängig davon, ob schriftlich fixierte Grundsätze existieren oder nicht, letztlich neben dem Erfolg eines Unternehmens nur das allgemeine Betriebsklima als Gradmesser dafür, ob die Mitarbeiter nicht nur ihr Bestes geben, sondern sich dabei auch gerecht behandelt und adäquat entlohnt sehen, sprich sich insgesamt wohlfühlen und ihre Leistung gerne erbringen.

Solche Kompendien sind also komplett überflüssig. Sie können sogar kontraproduktiv sein, weil es nahezu unmöglich sein dürfte, sich nicht an irgendeiner Stelle auch einmal in Widerspruch zu ihnen zu setzen, da das Leben eben keine Rechenaufgabe ist, die man mit starren und immergleichen Regeln lösen kann, und bei Menschen das Fehlen zur Natur gehört, sie eben keine Maschinen sind.

Und so kam es im Referat, wie es kommen mußte! Muttis Liebling schwadrodierte nonchalant, daß er zwar das Arbeitsrecht kenne, es aber auch klar sei, daß, wenn es nicht mehr gehe, es unweigerlich zur Trennung komme. Knallhart, ohne den Ansatz eines Versuches zu behaupten, man sähe in seinem Laden eine weitergehende Verantwortung, ebenfalls dem schwierigen Mitarbeiter zu helfen und Brücken zu bauen, um zu einer zufriedenstellenden Zusammenarbeit zu gelangen! Wer sich strikt an die von oben gesetzten moralinsauren Normen hält, ist gut, wer es nicht tut, wird über Bord geworfen. Selbst Schuld, wenn er die Qualität von Papis Regelwerk nicht erkennt! Kadavergehorsam im Mantel der Nächstenliebe!

Die Moral von der Geschicht‘: Je offensiver jemand seine heiligen Grundsätze ausposaunt und stolz vor sich her trägt, um so verlogener ist er oft. An ihrem Handeln im Alltag sollt und könnt ihr sie erkennen. Dafür muß man nicht einmal des Lesens kundig sein.

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

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