wolfsgeheul.eu vom 06.04.2016

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„Back from the USSR!“

Es ist nach Mitternacht, und ich bin gerade aus Sachsen zurück. Eindrücke(s. Kolumne vom 03.04.2016) konnte ich viele gewinnen. Für heute nur eine kleine Begebenheit.

In Limbach-Oberfrohna, einer Großen Kreisstadt bei Chemnitz, gibt es eine sehr umtriebige Wohnungsgenossenschaft, die seit der Wende von einem hochengagierten, kundigen und sympathischen Sozialdemokraten geleitet worden ist, der Unglaubliches in Sachen Sanierung und Vollvermietung des großen Bestandes selbst in Plattenbaugebieten erreicht hat. Die Stadt profitiert davon bezüglich Wohnwert und Optik an allen Ecken und Enden. Ein Teil der Arbeit besteht dabei natürlich auch in der Bereinigung der Liegenschaften in Form von Teilabrissen und Grünflächengewinnung. Weniger ist manchmal mehr!

Als vor Monaten die ersten Einwanderer angekündigt wurden, entschied sich die Stadt, besonders für Flüchtlingsfamilien weitestgehend einer Unterbringung in Wohnungen den Vorzug zu geben, um eine Konzentration und Ghettoisierung zu vermeiden und die Einbindung in die Bevölkerung zu gewährleisten. Vorbildlich! Die Genossenschaft hatte gerade in einer bevorzugten Lage einen Fünfgeschosser saniert, der noch leer stand und sich deshalb vorzüglich zu diesem Zweck angeboten hätte. Nicht zur Freude der angestammten Bewohner im Viertel und vieler anderer im Ort allerdings! Deshalb reagierten die Genossen unter neuer Leitung schnell und ließen den gerade sanierten Wohnblock abreißen. Flüchtlingsproblem gelöst, nach dem Sankt-Florian-Prinzip!

Soviel zu „Die Mehrheit der Bevölkerung ist wohlmeinend!

In der Stadt traf ich noch eine ehemalige Nachbarin, weibliches Oberhaupt einer zutiefst christlichen Familie, die begeistert erzählte, wieder auf dem Weg zum von der evangelischen Kirche organisierten Flüchtlingstreff ins neue Gemeindezentrum zu sein. Die Arbeit sei eine Freude, wenngleich die Traumatisierung auch und gerade der Kinder syrischer Familien aus Kriegsgebieten hoch sei und sicher noch viel Aufmerksamkeit erfordere. Auf den Abriß des Genossenschaftshauses angesprochen zeigte sie sich empört und verurteilte die Maßnahme auf der ganzen Linie! Respekt!

Soviel zur wohltätigen Hilfe der wenigen, insbesondere der paar Christen in der Diaspora!

Wenn Sachsen seine häßliche Fratze ablegen will, muß es sich an dieser Minderheit ein Beispiel nehmen. Ob das gelingen wird?

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

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wolfsgeheul.eu vom 02.03.2016

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Eine empirische These: Freiheit toleriert nicht mehr nur Minderheiten, sondern fördert und bevorzugt sie – zwar ungewollt aber realiter – sogar.

Freiheitliche Systeme werden faktisch zunehmend ad absurdum geführt, dadurch, daß Minoritäten sich neuerdings nicht mehr damit zufrieden geben, unbehelligt leben zu können. Stattdessen wollen sie überproportional wahrgenommen und berücksichtigt werden, was wiederum die Freiheit der Mehrheit beschneidet, ein Faktum, das jedoch der freiheitlichen Idee zuwiderläuft und sie zerstört. Werden also mit dem Postulat Freiheit Geister beschworen, die man dann nicht mehr los wird? Und enden somit freie Gesellschaften irgendwann zwangsläufig in einer Diktatur von wenigen Freien über den großen Rest?

Schauen wir auf zwei aktuelle Beispiele!

Das Kölner Kulturpublikum machte auf mich immer einen sehr aufgeschlossenen und toleranten Eindruck, wenngleich es weniger vornehm als mehr spontan und ehrlich daherkam. In lebhafter Erinnerung ist mir eine Aufführung im Rahmen eines Festivals für internationalen Tanz vor circa 35 Jahren. Eine belgische oder englische Tanzkompanie führte ein Stück zu den Klängen der h-moll-Messe auf. Tänzerisch auf höchsten Niveau erschloß sich dem genauso gebannten wie irritierten Besucher nicht alles in der Inszenierung sofort und gegebenenfalls auch danach nicht. Lange Zeit wurde zum Beispiel auf der Bühne mit einem Kohlkopf Fußball gespielt, bis er in seine Einzelteile zerlegt war. So oder so, es war ein Ereignis und Erlebnis. Daß das nicht alle so sahen, zeigte sich daran, daß viele den Saal während der Aufführung verließen. Dies taten sie aber maximal grummelnd und nicht laut schimpfend oder protestierend, so daß es zwar störend, aber nicht anlaßgebend war, die Aufführung abzubrechen. Der Kölner Humor allerdings entlud sich in der letzten Reihe mit dem lauten Ausruf: „Wenn ich bezahlt habe, bleibe ich auch bis zum Schluß!“ Kunst soll aufrütteln, und das hat sie hier exemplarisch getan und alle waren zufrieden, die Zufriedenen genauso wie die Unzufriedenen, die ihrem Unmut Luft und sich demonstrativ aus dem Staub gemacht hatten. Gestern nun mußte ein Konzert in der Philharmonie abgebrochen werden, weil eine Minderheit sich so lautstark äußerte und tumultartig den Saal verließ, daß der Cembalist sich genötigt sah, mitten im Spiel des den Unmut erregenden modernen Stückes einzuhalten und endgültig aufzuhören. Der Mehrheit, der die Musik gefiel oder die zumindest bereit war, sich auf sie einzulassen, wurde diese Möglichkeit praktisch gewaltsam genommen. Nun kann man streiten, ob nicht schon das Verlassen des Saales während des Konzertes mehr als nur ungehörig und nicht von der Freiheit umfaßt ist, weil es den freien Genuß der anderen bereits zu sehr stört, aber solange es still geschieht, dürfte es nicht zu beanstanden sein. Der veranstaltete Tumult jedoch überschreitet jedenfalls die Grenze des Hinnehmbaren. Tatsächlich ist es aber ein Versagen der Mehrheit und der Intendanz, die hätte eingreifen und alle, die sich der modernen Musik nicht stellen wollten, zum Gehen hätte auffordern oder sie notfalls zwangsweise entfernen müssen, um danach ungestört weiter musizieren zu können.

Anderer Fall aus der heutigen FAZ! In Israel klagt eine 81-Jährige Holocaust-Überlebende gegen die Airline El Al wegen Diskriminierung. Den Grund bildet folgender Vorfall: Die Klägerin hatte bereits ihren Sitzplatz eingenommen, als ein ultra-orthodoxer Jude sich auf dem Nachbarsitz niederließ und sich sofort beschwerte, weil er aus religiösen Gründen nicht neben einer Frau sitzen könne. Die daran gewöhnte und insofern geübte Fluggesellschaft bat die Dame daraufhin, ihren Platz zu wechseln, was diese auch tat, aber zu recht als Diskriminierung empfand. Niemand hat etwas gegen Menschen, die, warum auch immer, nicht neben Frauen sitzen können oder wollen. Die müssen dann aber bestensfalls im Vorfeld entsprechend Sorge tragen oder wie vorliegend selbst ihr Köfferchen nehmen und umziehen, soweit die Möglichkeit besteht und vom Flugpersonal eingeräumt wird. „Schlimmstenfalls“ muß der Frauenphobiker die unerwünschte Nachbarschaft hinnehmen. Alles andere wäre und ist leider verkehrte Welt! Bei allem Verständnis für die Sorge um Kundenzufriedenheit, darf es demnach nicht angehen, überhaupt in Erwägung zu ziehen, die Frau zum Umsetzen zu bewegen. Hier muß eine klare Linie für die Freiheit an sich und die der Mehrheit gezogen werden.

Eine Gesellschaft, die Minderheiten also nicht in ihre Schranken weist, wird über kurz oder lang mehrheitlich unfrei. Wehret den Anfängen, muß demnach die Devise sein! Denn ich bin fest davon überzeugt, daß sich hier keine Zwangsläufigkeit entwickelt. Der bisher gemachte Fehler der Mehrheit ist es nur, sich nicht früh genug zu beschweren und aufzubegehren, wenn die, deren Freiheit man will und verteidigt, statt sich bedanken und zufrieden zu sein, beginnen, an der Freiheit derer zu knabbern, die sie ihnen gewähren. Wer an diesem Punkt langmütig und nachsichtig bleibt, bringt auf Dauer seine eigene Freiheit in Gefahr. So beginnen Diktaturen, aber nur dann, wenn die Majorität es mit sich machen und geschehen läßt. Wir haben es also in der Hand! Freiheit ist nicht immer auch die Freiheit, sich um nichts zu scheren, will man sie für sich selbst erhalten. Freiheit will fortdauernd verteidigt und erkämpft sein.

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

 

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