Fast 130 Jahre nach seinem Freitod im schönen Würmsee erhielt der Bayern-König Ludwig II. am vergangenen Samstag in Aachen den Orden wider den tierischen Ernst.
Damals, kurz vor seinem einundvierzigsten Geburtstag gerade wegen Paranoia und Geistesschwäche entmündigt, sah der eigentlich nicht für besonderen Humor bekannte, hochverschuldete und unter seiner verkappten Homosexualität leidende Monarch keinen anderen Ausweg, als seinem Leben mit einem letzten kühlen Bade ein Ende zu setzen. Sicher hätte er sich nicht träumen lassen, über ein Jahrhundert später noch für sein Lebenswerk ausgezeichnet zu werden, wenngleich sein Hang zur Verkleidung und der erkennbare Unernst, mit dem er, ohne über die entsprechenden Mittel zu verfügen, ein Märchenschloß nach dem anderen bauen ließ, ihn durchaus zum Karnevalisten in Aachen prädestinierten. Daß er eher grimmig daherkommen und wenig pointenreich reden würde, war allerdings bei einem derart alten und geistig verwirrten Toten zu erwarten. Jedenfalls ist Ludwig Zwo der Erste, dem diese Ehre posthum zuteil wird. Und er brachte Glamour in die trostlose Hütte der Lackschuhkarnevalisten und paßte bestens zu dem unkarnevalistischsten Ehrengast, den man sich denken kann, der Schlager-Diva Vicky Leandros. Dieses Konzept scheint ausbaufähig und hat den unschätzbaren Vorteil, daß man die feierliche Zeremonie zukünftig auch außerhalb der Session, in der sich die echten Karnevalsveranstaltungen ohnehin schon knubbeln, terminieren kann.
Toll gemacht, AKV!
Nicht auszudenken übrigens, wenn man, wie ursprünglich geplant, wirklich Dr. Markus Söder zum Ritter geschlagen hätte. Der ist weder – auch wenn es manchmal so scheinen mag – geisteskrank, noch homosexuell, noch verantwortet er als bayerischer Finanzminister einen überschuldeten Haushalt. Allein, daß sich sein Humor ebenfalls in Grenzen hält, er zu Travestie und Camouflage neigt und ein meist schwer erträglicher Kläffer und Karrierist ist, hätte doch niemals ausgereicht, um ihn zu würdigen und im rheinischen Karneval hoffähig zu machen. Schön, daß dieser leere Kelch an uns vorübergegangen ist.
Und ein bißchen Mitleid muß man mit den jungen Autonomen, Sozialisten und Kommunisten Aachens haben, die zu einem „Jeisterzoch“ aufgerufen hatten und zur Veranstaltungsstätte gezogen sind, um gegen Söder zu demonstrieren. Wenn die vorher gewußt hätten, daß gar nicht ihre lebendige bayerische Haßfigur den Orden erhält, hätten sie sich die Mühe sparen können. Ach, ich vergaß! Man muß die nicht bedauern. Für die zählt doch das Gemeinschaftserlebnis und ein bißchen Randale. Der Grund ist eigentlich wurscht.
So haben alle ihren Spaß gehabt, die, die für viel Geld eine vorgeblich karnevalistische Sitzung besucht haben, die, die wieder gegen etwas sein durften, und der König, der sicherlich den letzten Orden seines späten Nachlebens erhalten hat. Oche, alaaf!
Gute Nacht!
Ihr/Euer Karnevals-Wolf
P. S.: Mehr muß man zur Ordensverleihung meines Erachtens nicht wissen. Die in einer Stunde beginnende Fernsehaufzeichnung kann man sich also getrost schenken und lieber den ersten lauen rheinischen Frühlingsabend in diesem noch jungen Jahr im Freien genießen.