wolfsgeheul.eu vom 03.02.2016

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Man wird doch noch Paul Gerhardt mit Robert Gernhardt verwechseln dürfen!? Und beide mögen bitte vom Himmel herab Nachsicht mit mir haben! Der spielerisch philosophische Kern des rheinischen Karnevals aber ist das gemeinschaftlich dargebrachte Kölner Liedgut. Und das ist textlich tiefgründiger, als viele glauben mögen. Mit folgendem besinnlichen kleinen Text bewerbe ich mich übrigens auch um die Aufnahme in die Karnevalsausgabe vom „Gotteslob“(Nr. 101) der Erzdiözese Köln. Mit ein klein wenig Übung singt es sich nach der bekannten Musik von Heinrich Isaac recht flüssig. Singe, wem Gesang gegeben!

Karnevalslied – Zur Weiberfastnacht

Nun ruhen alle Akten,

Nichts zählen mehr die Fakten.

Es tanzt und singt die Meng‘!

Die Meute ist von Sinnen;

Der Endspurt kann beginnen.

Vorbei ist’s mit der Eng‘!

 

Wo seid ihr Sorgen blieben?

Klamauk hat sie vertrieben.

Der Spaß, des Ernstes Feind!

Es ist schon eine Wonne,

Scheint blond die Kölsche Sonne.

Die Jecken sind vereint!

 

Der schnöde Alltag nun vorbei,

Es zählt allein die Narretei.

Auf Plätzen und in Sälen!

Und man vergißt für den Moment,

Daß es an vielen Ecken brennt.

Welch‘ Segen für die Seelen!

 

Es wirkt wie Balsam auf die Pein,

Hier ist man Mensch, und kann es sein.

Die Fröhlichkeit regiert die Welt!

Und nach den Tollen Tagen

Muß keiner sich mehr fragen,

Was uns am Leben hält!

 

Nur Mittun das macht klug,

Die Chose ist kein Trug.

Drum komm‘ heran und reih‘ dich ein!

Vertreib‘ all‘ die Mühsalen;

Das wirkt selbst bei Westfalen.

Die Stimmung steigt, schwingt erst das Bein!

 

Dank, lieber Gott, für Karneval,

Er macht erträglich manche Qual.

Da kann man reich von zehren!

Mit neuer Tatkraft geht es dann,

Nach Aschermittwoch wieder ran;

Der guten Sach‘ zu Ehren!

 

Der Kernsatz des erweiterten rheinisch-katholischen Glaubensbekenntnisses lautet dieser Tage: „Ich glaube an die Kraft des Karnevals, an fröhlich rheinischen Unsinn mit „Hätz un Siel“!“.

Öffnet die Herzen und macht euch auf, irgendwohin ins Rheinland! In diesem Punkt ist mein Missionseifer unerbittlich. Aber wenn der Funke erst übergesprungen sein wird – da bin ich sicher -, wird mich jeder verstehen und mir vielleicht sogar dankbar sein.

Gute Nacht!

Ihr/Euer Karnevals-Wolf

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wolfsgeheul.eu vom 25.01.2016

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Fast 130 Jahre nach seinem Freitod im schönen Würmsee erhielt der Bayern-König Ludwig II. am vergangenen Samstag in Aachen den Orden wider den tierischen Ernst.

Damals, kurz vor seinem einundvierzigsten Geburtstag gerade wegen Paranoia und Geistesschwäche entmündigt, sah der eigentlich nicht für besonderen Humor bekannte, hochverschuldete und unter seiner verkappten Homosexualität leidende Monarch keinen anderen Ausweg, als seinem Leben mit einem letzten kühlen Bade ein Ende zu setzen. Sicher hätte er sich nicht träumen lassen, über ein Jahrhundert später noch für sein Lebenswerk ausgezeichnet zu werden, wenngleich sein Hang zur Verkleidung und der erkennbare Unernst, mit dem er, ohne über die entsprechenden Mittel zu verfügen, ein Märchenschloß nach dem anderen bauen ließ, ihn durchaus zum Karnevalisten in Aachen prädestinierten. Daß er eher grimmig daherkommen und wenig pointenreich reden würde, war allerdings bei einem derart alten und geistig verwirrten Toten zu erwarten. Jedenfalls ist Ludwig Zwo der Erste, dem diese Ehre posthum zuteil wird. Und er brachte Glamour in die trostlose Hütte der Lackschuhkarnevalisten und paßte bestens zu dem unkarnevalistischsten Ehrengast, den man sich denken kann, der Schlager-Diva Vicky Leandros. Dieses Konzept scheint ausbaufähig und hat den unschätzbaren Vorteil, daß man die feierliche Zeremonie zukünftig auch außerhalb der Session, in der sich die echten Karnevalsveranstaltungen ohnehin schon knubbeln, terminieren kann.

Toll gemacht, AKV!

Nicht auszudenken übrigens, wenn man, wie ursprünglich geplant, wirklich Dr. Markus Söder zum Ritter geschlagen hätte. Der ist weder – auch wenn es manchmal so scheinen mag – geisteskrank, noch homosexuell, noch verantwortet er als bayerischer Finanzminister einen überschuldeten Haushalt. Allein, daß sich sein Humor ebenfalls in Grenzen hält, er zu Travestie und Camouflage neigt und ein meist schwer erträglicher Kläffer und Karrierist ist, hätte doch niemals ausgereicht, um ihn zu würdigen und im rheinischen Karneval hoffähig zu machen. Schön, daß dieser leere Kelch an uns vorübergegangen ist.

Und ein bißchen Mitleid muß man mit den jungen Autonomen, Sozialisten und Kommunisten Aachens haben, die zu einem „Jeisterzoch“ aufgerufen hatten und zur Veranstaltungsstätte gezogen sind, um gegen Söder zu demonstrieren. Wenn die vorher gewußt hätten, daß gar nicht ihre lebendige bayerische Haßfigur den Orden erhält, hätten sie sich die Mühe sparen können. Ach, ich vergaß! Man muß die nicht bedauern. Für die zählt doch das Gemeinschaftserlebnis und ein bißchen Randale. Der Grund ist eigentlich wurscht.

So haben alle ihren Spaß gehabt, die, die für viel Geld eine vorgeblich karnevalistische Sitzung besucht haben, die, die wieder gegen etwas sein durften, und der König, der sicherlich den letzten Orden seines späten Nachlebens erhalten hat. Oche, alaaf!

Gute Nacht!

Ihr/Euer Karnevals-Wolf

P. S.: Mehr muß man zur Ordensverleihung meines Erachtens nicht wissen. Die in einer Stunde beginnende Fernsehaufzeichnung kann man sich also getrost schenken und lieber den ersten lauen rheinischen Frühlingsabend in diesem noch jungen Jahr im Freien genießen.

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