wolfsgeheul.eu vom 24.01.2015

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Neulich in irgendeinem Fersehkrimi: „Der hat doch die Hosen geschissen voll!“! Und ich habe die Nase gestrichen voll, weil das nicht sprachschöpferisch, sondern schlicht falsch ist!

Schon mehrfach habe ich mich dem Thema der Sprachverwahrlosung gewidmet und mir ehemals vorgenommen, regelmäßig sprachliche Fehlleistungen zu notieren und sie in loser Folge an dieser Stelle zu dokumentieren. Inzwischen habe ich mich der Übermacht der Unfähigkeit ergeben und das sofortige Notieren weitestgehend eingestellt. Jeden Tag fallen mir in Presse, Funk und Fernsehen eine solche Vielzahl dieser Falschheiten auf, so daß ich mit dem Memorieren gar nicht mehr nachkomme. Dabei mag man noch Verständnis für die aufbringen, die ohne Konzept den lieben langen Tag reden müssen, denn wo gehobelt wird, da fallen Späne, wenngleich weiterhin zu bedauern ist, daß die wenigsten, denen solche Fehler unterlaufen, die Souveränität aufbringen, sich zu korrigieren. Die, die es nicht besser wissen, können es nicht bemerken. Aber es wird doch auch noch andere geben, oder!? Daß jedoch in Filmen solche Unkorrektheiten unbemerkt durchgehen, ist vollkommen unverständlich. Da gibt es Drehbücher, die redigiert und umgeschrieben werden. Da gibt es Regisseure, die sie in Szene setzen. Und als letzte Instanz gibt es Schauspieler, die die Texte lernen und sprechen. Wenn in einem derart engmaschigen System ein Lapsus linguae durchrutscht, dann kann der Grund eigentlich nur in kollektiver Ahnungslosigkeit und Dummheit liegen. Oder wird hier in unserer flüchtigen Zeit vorsätzlich liederlich gearbeitet? Wenn das tatsächlich so sein sollte, wo bliebe dann das Verantwortungsbewußtsein!? Da können doch die Kinderstube und die Schule noch so akkurat arbeiten, gegen die tägliche Berieselung mit sprachlichen Entgleisungen ist letztlich kein Kraut gewachsen. Steter Tropfen höhlt den Stein. Und wenn schon das Fundament – wie so oft – schwach ist, dann setzt es dieser Lawine kaum Widerstand entgegen, und der Sprachgebrauch, der auch viel durch Nachahmung gebildet wird, gerät viel leichter aus dem Ruder. Die Fehler brennen sich ein und werden nach und nach zur Normalität. Selbst mir geht es inzwischen manchmal schon so, daß ich etwas Merkwürdiges vernehme und nicht ad hoc weiß, wie es richtig wäre.

Mein Appell: Journalisten, Lehrer, Priester Richter, Kunst- und Fernsehschaffende und alle mit Öffentlichkeitswirkung, werdet euch eures Vorbildcharakters bewußt, achtet auf eure Sprache und geht mit gutem Beispiel voran, solange ihr es noch könnt. Korrigiert euch und werdet nicht müde, eure Kinder zu korrigieren. Fordert euch und die anderen. Beschwert euch massiv über Liederlichkeit. Nur mit einer elaborierten Sprache kann Deutschland auf hohem geistigen Niveau überleben.

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

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wolfsgeheul.eu vom 05.01.2016

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Kondolieren ist ein besonders schwieriges Unterfangen, das selbst Menschen, denen das Schreiben ansonsten leicht von der Hand geht, an ihre Grenzen zu bringen vermag. Darüberhinaus ist es ein höchst privatimer Akt gegenüber einer einem nahestehenden Person oder Familie. Das wiederum aber schützt den Autor einer zu sachlichen oder gar unglücklichen Beileidsbekundung vor öffentlichem Spott, und die Trauernden beweisen in dieser Situation sicherlich ein großes Herz mit gegebenenfalls etwas unbeholfenen Freunden oder guten Bekannten des Hauses, gibt es doch viel Größeres zu beklagen, als eine eventuelle Ungeschicklichkeit beim Versuch, die Hinterbliebenen zu trösten und sie der Wertschätzung für den Verstorbenen zu versichern. Außerdem zählen die Geste und der Mut, es überhaupt gewagt zu haben. Denn wie oft erlebt man auch die, die sich nonchalant meinen, durchmogeln zu können, indem sie freimütig und feige bekunden, des Kondolierens nicht fähig zu sein. In diesen Fällen wäre sogar Schweigen der bessere Weg. Und die ganzen formellen Schreiben sollte man ohnehin hinsichtlich Wahrheitsgehalt und Ernsthaftigkeit nicht besonders wichtig nehmen. Hier wird nämlich genausoviel gelogen und geheuchelt wie schon zuvor in so mancher Todesanzeige, weshalb bei ihnen maximal die Anzahl und die gesellschaftliche Stellung des Absenders als Gradmesser für die Bekanntheit und Wirkmächtigkeit des Toten zu seinen Lebzeiten herhalten können, was aber in Summe auch einer Ehrung und Würdigung gleichkommt.

Viel einfacher gestaltet sich da tatsächlich der öffentliche Nachruf, bei dem letztlich nur der Grundsatz „de mortuis nihil nisi bene“ zu beachten ist. Für Kritik, Herabwürdigung oder gar Beleidigungen ist es zu spät, die Chancen sind vertan. Die Höchststrafe bleibt so, gar keinen Nachruf zu verfassen, was aber selbst dem Erzfeind gegenüber armselig sich ausmacht. Zusätzlich ist es im höchsten Maße ungerecht, jemandem, an dem man sich sein Leben lang gerieben und abgearbeitet hat, die Ehre zu verweigern, festzustellen, daß er dafür immerhin für würdig befunden worden ist. Anders liegt der Fall nur bei Menschen, die der Autor oder das Presseorgan immer schon mit Mißachtung bestraft haben. Ein öffentlicher Nachruf braucht also in der Minimalversion nur die wesentlichen biographischen Daten aufzulisten. Soll er persönlicher und ausführlicher sein, hat er zu beachten, daß er sich mit diskreten Details zurückhält, denn er richtet sich an die Öffentlichkeit und der Verstorbene hat keine Möglichkeit mehr, sich dazu zu äußern. Das gilt insbesondere für objektiv unberechtigte Vereinnahmungen und übertriebene Darstellung eines Nähevehältnisses, welches in Wirklichkeit niemals bestanden hat, ein Phänomen, das leider in unserer eitlen Welt, in der immer wieder auch vom Nachrufer der Versuch unternommen wird, sich ungerechtfertigterweise mit den Lorbeeren des Toten zu schmücken und von seinem Ableben selbst zu profitieren, nicht selten vorkommt. Eingedenk dessen kann ebenfalls beim Nachruf einiges schiefgehen, aber der Wohlmeinende und Ehrliche hat ein relativ leichtes Spiel mit dieser Aufgabe.

Am Montag nun ist Achim Mentzel im Alter von nur 69 Jahren überraschend verstorben. Der Ostberliner Entertainer und Schlagersänger hat nicht nur in der DDR, sondern auch im vereinten Deutschland mit seiner unbändigen Lebenslust, seinem Humor und seiner Fähigkeit zur Selbstironie zu recht eine allgemeine Berühmheit erlangt. Er war ein Original. Was aber jetzt via Facebook vermeintliche Freunde wie Oliver Kalkhofe oder Jens Riwa verbreiten, ist geschmacklos und zeigt, welch‘ Geistes Kinder die Verfasser sind. Der so seriös daherkommende Riewa ruft Achim Mentzel „Tschüß, Hamsterfresse.“ nach, und Kalkhofe redet ihn mit „Zonen-Zausel“ an und wähnt ihn in Anspielung auf den Spreewald und einen Schlager Mentzels im „Gurkenhimmel“.

Hier offenbart sich augenscheinlich ein großes Mißverständnis. Zum einen ist Facebook öffentlich und zum zweiten ist Achim Mentzel tot. Wie auch immer man sich zu Lebzeiten unter Freunden, wenn es denn wirklich welche waren, angeredet oder übereinander gesprochen, worüber man auch immer gemeinsam gefrotzelt haben mag, es verbietet sich, nach dem Tod des Freundes damit fortzufahren. Selbst Kalkhofe und Riewa ist zu unterstellen, daß sie der Witwe Mentzels mit ihren handschriftlichen Beileidsbriefen nicht ihre Trauer und Anteilnahme wegen des Ablebens ihres „Zonen-Zausels“ und ihrer „Hamsterfresse“ ausdrücken.

Der Rückgang in Sachen Stil, Benehmen und Einfühlungsvermögen ist ein herber Verlust für unsere Kulturnation. Es ist aber auch nicht zu verkennen, daß ein so schnelles und flüchtiges Medium wie Facebook die Einhaltung guter alter Regeln nicht gerade befördert. Es läßt die Grenzen zwischen öffentlich und privat für die Nutzer offenbar verschwimmen. Schade! Der Welt geht ein Stück Würde verloren. Auch das ist leider ein Mosaikstein in der Beantwortung der Frage, warum wir zunehmend verrohen.

Nur, weil er grenzenlosen Humor, ein unerschütterliches Selbstvertrauen besaß und deshalb hart im Nehmen war, hat Achim Mentzel das nicht verdient. Ruhe in Frieden!

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

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