wolfsgeheul.eu vom 09.05.2016

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Red Bull verleiht Flügel!

Ostdeutschland, speziell Sachsen, ist zurück auf der deutschen Fußballandkarte. Dresden und Aue steigen in die 2. Bundesliga auf und RB Leipzig wird erstklassig. Mit Rostock, Magdeburg, Chemnitz, Halle, Erfurt und, wenn sie nicht absteigen, Cottbus bleibt immerhin die 3. Liga der Tummelplatz des Ostens. Ein Grund zur Freude, denn es war nicht gut für die Stimmung in Gesamtdeutschland, daß der Spitzenfußball sich allein im Westen abspielte. Sieben Jahre hat es gedauert, bis ein Ostverein wieder in der 1. Bundesliga vertreten ist.

Und genau diesen Zeitraum hat der junge RB Leipzig seit seiner Gründung gebraucht, um aus der Oberliga an die Spitze vorzustoßen. Was für eine grandiose sportliche Leistung. Aber das scheint nicht das einzige zu sein, was zählt. Das Aufstiegsmärchen basiert nämlich wesentlich auf den Geldzuwendungen des PR-Papstes unter den Brauseherstellern, dem Österreicher Mateschitz. Der Milliardär hatte eine Vision, und er hat sie wahr werden lassen. Die kluge Vereinsführung hat eine solide Aufbauarbeit abgeliefert, ohne wegen des Geldsegens auf die naheliegende Idee zu verfallen, große Namen einzukaufen. Ein Musterbeispiel für das, was im Sport mit kühlem Unternehmergeist und gutem sowohl sportlichen als auch wirtschaftlichen Management möglich ist.

Daran gibt es aus meiner Sicht nichts zu bekritteln. Ein Vorwurf lautet jedoch, Retortenvereine hätten mangels Tradition keine Fankultur. Der läuft aber ins Leere. So etwas läßt und kann sich entwickeln. Hoffenheim mit Dietmar Hopp hat es vorgemacht und beweist gerade jetzt im Abstiegskampf, mit wieviel Herzblut Publikum und Spieler bei der Sache sind. Außerdem sollten und werden hoffentlich allein viele Ostdeutsche ihrem einzigen Erstligaverein offen oder heimlich die Daumen drücken, wenn sie Lokalpatrioten sind. Auch kann ich keine Wettbewerbsverzerrung erkennen. Geld regiert die Welt und natürlich auch den Fußball. Aber Geld ist kein Garant für überproportionalen Erfolg, wie man an Wolfsburg und auch an Hoffenheim sehen kann. Und das Wunder von Darmstadt hat mit Finanzkraft rein gar nichts zu tun. Viele der Traditionsvereine – wie auch Alemannia Aachen – versinken dagegen im Sumpf von Korruption und Eitelkeiten ihrer gottgleichen (Sponsoren)-Klüngelpräsidenten. Ist das ein Vorbild?

Weder Herr Hopp noch Herr Mateschitz haben mutmaßlich mit ihren Invests bisher maßgebliche oder sogar überhaupt direkte Gewinne generiert, wenn man einmal von der Werbewirkung bei Leipzig für Red Bull absieht. Ihr Engagement entspringt hauptsächlich einer Leidenschaft für die populärste und volksnähste Sportart in unserem Lande. So betreiben sie eine Art sportliche Entwicklungshilfe und schenken uns erfrischende Elemente im verfilzten Traditionalisteneinerlei. Weil das so ist, sind alle Anfeinder wahrscheinlich auch nur Neider. Aber Konkurrenz belebt das Geschäft. Das ist nicht nur nicht zu beanstanden, sondern aller Ehren wert und kommt letztlich allen zugute. Glückwunsch an RB Leipzig sowie nach Dresden und Aue!

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

P. S.: Platini ist heute von der FIFA-Spitze zurückgetreten. Der Fisch stinkt vom Kopf. Auch im Hinblick auf eine dringend notwendige Reorganisation des Weltfußballverbandes kann es nur gut sein, wenn nüchterne, noch nicht im Filz verstrickte Unternehmer von unten nachrücken und mit ihren Vereinen Sitz und Stimme gewinnen, um mitzuhelfen, den Augiasstall auszumisten.

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wolfsgeheul.eu vom 31.03.2015

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Anläßlich einer dienstlichen und privaten Reise über Frankfurt a. M., Chemnitz, Dresden und Cottbus hatte ich heute die Freude, einen Termin am Landgericht Cottbus wahrzunehmen. Kurz zuvor hatte ich irgendwo ein Bild der neuen Universitätsbibliothek in Cottbus gesehen und mir vorgenommen, wenn es der zeitliche Ablauf erlauben sollte, dieser einen Besuch abzustatten. Das Zeitfenster hat sich ergeben, und ich muß sagen, ich war begeistert und ein wenig peinlich berührt. Schon vor mehr als zehn Jahren nämlich – ich hätte also schon viel früher Kenntnis davon nehmen und anläßlich anderer Termine einen Besuch dort abstatten können – nach einem Entwurf von Herzog & de Meuron errichtet, steht der Doppelglaskörper mit seinen Rundungen wie eine uneinnehmbare Burg auf einer künstlichen Minianhöhe im ansonsten platten Land, auf dem Cottbus sich ausbreitet. Die vorgehängte Fassade aus Glasscheiben ist über und über mit kryptischen, matten, ineinander verwobenen  Zeichen beätzt, innen domieren an Boden und Wänden giftiges Grün und Hellviolett, eine ruhig-verwegene Wendeltreppe, moderne Möbel u. a. von Eames, Leseräume zum Teil über zwei Etagen hoch mit zeitgemäßen Lüsterinterpretationen, kurzum ein Festschmaus für die Sinne, immer durch die bodentiefe Verglasung in gedämpftem direktem Kontakt mit dem Außen. Was für grandiose Arbeitsbedingungen!

Dererlei Beispiele großartiger, geglückter Architektur gibt es naturgemäß – nach der Wende war der Bedarf an Veränderung, Erweiterung und Neubau hoch – sehr viele in Ostdeutschland! Denkt man nur an das St. Benno-Gymnasium von Behnisch in Dresden, das staatliche Gymnasium für Hochbegabte St. Afra in Meißen von Friedrich und Partner oder das Musikgymnasium Schloss Belvedere in Weimar von den Kölner Architekten van den Valentyn und Oreyzi. Traumhafte Lern- und Lehrverhältnisse mit großer Funktionalität und Variabilität bei gleichzeitiger Erfüllung hoher Anspüche an ästhetischen Genuß und Einpassung in das Umfeld, welches Rückzugsräume genauso wie Foren bietet und dabei zu freudvollem Dialog und Disput einlädt.

Wissen das die Belehrten und Lehrenden eigentlich zu schätzen? Denn vordergründig sind diese Gebäude ja für sie geschaffen und nicht für den reisenden Architekturfreund. Hieran habe ich manchmal meine Zweifel. Könnte man also sagen, es reichte auch der profane Zweckbau für die Masse der Uninteressierten? Niemals! Erstens werden solche Räume niemanden gänzlich kalt lassen und zweitens reicht es, wenn sich einige durch sie besonders inspirieren lassen. Von der Bereicherung das Stadtbildes einmal ganz zu schweigen! Der Beantwortung der Frage also, ob die Cottbusser Studiosi beglückt sind, ihren Lesehunger in einem lebendigen Vorläufer der Elbphilharmonie stillen zu dürfen, ist meines Erachtens obsolet. Der Genuß kommt hoffentlich beim Essen.

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

P.S.: Der neue EZB-Doppelturm in Ffm.  von Coop Himmelb(l)au ist auch eine Reise wert!

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