wolfsgeheul.eu vom 19.07.2017

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„Größe selbst hat ihre eigene Wirkung, und körperlich können wir uns stärker zu einer großen Skulptur in Beziehung setzen, als zu einer kleinen.“.

Diese Aussage stammt von Henry Moore, dem das Arp Museum in Remagen gerade eine sehenswerte Ausstellung widmet. Der Künstler hat seinem Credo alle Ehre gemacht, und deshalb sind es natürlich die riesigen Werke, die seinen Ruhm begründen und aktuell am Bahnhof Rolandseck präsentiert werden. Viele davon erstmals innerhalb eines Gebäudes!

Dem berühmten Skulpteur widerspreche ich nur ungern, aber seine These teile ich nicht gänzlich. Denn auch in der Exposition haben mich die kleinen Werke – häufig sogar nur Arbeitsmodelle – oft viel mehr beeindruckt, wenngleich in der klassischen Museumssituation natürlich immer der Nachteil besteht, daß man die Kunst nicht haptisch erfahren kann. Gerade das aber macht die Kleinodien, wenn man sie besitzt, aus. Man kann sie berühren und mit den Händen erfahren. In Entsprechung bereitet es allerdings ebenfalls eine Riesenfreude, die großen Kunstwerke im Freien nicht nur zu betatschen, sondern gegebenenfalls sogar zu erobern, indem man sie besteigt. Alles in allem jedoch sind Skulpturen, die man nicht berühren darf, nur die Hälfte wert. Könnte man Moore noch befragen, so glaube ich allerdings, er hätte es gestattet.

Trotzdem lohnt sich der Ausflug an den Rhein. Allein schon wegen des wunderbaren Baues von Richard Meier, der die Kunst immer auch in Beziehung zur spektakulären Umgebung setzt. Die nette Bemerkung meiner Mutter unter dem Eindruck dieser architektonischen Leistung bringt es auf den Punkt: „Der Architekt ist aber sein Geld wert.“.

Was die Bevorzugung von klein oder groß angeht, mag jeder seine eigene Meinung haben oder entwickeln. Für mich bleiben es in nahezu allen Lebensbereichen die kleinen Dinge, die meist den größeren Eindruck hinterlassen. Das Große mag spektakulär sein, aber das Kleine birgt oftmals ein umso größeres Geheimnis.

In diesem Sinne erscheint es immer wieder erfolgversprechend und der pragmatisch bessere Ansatz, das Große im Kleinen zu suchen, denn das Große ist dem Großen immanent und häufig viel kleiner als erwartet oder erwartbar.

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

 

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wolfsgeheul.eu vom 09.07.2017

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„Tempel für den Tempranillo“!

So titelte die FAZ vom Donnerstag in ihrem Reiseblatt einen Artikel über neue, futuristische Architekturpretiosen, die in der Region Rioja Alavesa in letzter Zeit auf so manchem Weingut entstanden sind. Man wähnt sich vor irgendeinem der modernen Museumsbauten, die an allen möglichen und unmöglichen Ecken der Welt wie Pilze aus dem Boden schießen.

Wie konnte es zu dieser Entwicklung kommen? Früher zog es die Menschen zu „Ferien auf dem Bauernhof“, weil sie auf der Suche nach der Romantik des Urtümlichen, des Einfachen waren. Erwarten sie heute wirklich, daß sie ein landwirtschaftlicher Erzeuger mit einem spektakulären Bauwerk empfängt? Und könnte beim Kunden nicht auch der Verdacht aufkeimen, daß die Kosten für derartige önologische Festhallen auf den Flaschenpreis des eigentlichen Produktes umgeschlagen werden?

Mir ist noch gut in Erinnerung, wie die Familie Meyer mit einem Kleinkind vor rund fünfundzwanzig Jahren erstmalig bei einem – und bis heute meinem – Erbacher Winzer aufschlug, und ganz unkompliziert zunächst in der Küche empfangen und erst danach in einen wohnzimmerähnlichen Probierraum gebeten wurde. Zugegebenermaßen hat auch er heute einen reduziert aber keineswegs ungemütlich gehaltenen Raum eingerichtet, der sich vollverglast zum kleinen Innenhof  der dreiseitigen, in der Häuserflucht liegenden Hofanlage öffnet. Die Jugend, die mit der Zeit geht, hat eben das Ruder übernommen, und es erscheint mehr als verständlich, daß man seine privaten Räume nicht begangen wissen möchte. Aber das Verhältnis stimmt weiterhin, es ist bescheiden geblieben. Und man vermißt nichts.

Gespannt darf man auf die weitere Entwicklung sein. Geht es konsequent voran, wird einen bald der kleine Eierbauer nicht mehr mit einem Misthaufen in der Mitte des Gehöftes empfangen, sondern mit  ovoiden Verkaufsräumen allerneuesten Schicks, in denen die Hühnerprodukte in mit Brandzeichen versehenen und mit Samt ausgekleideten Holzkästen dargeboten werden. Da zahlt man dann doch gerne einen Euro für sein Frühstücksei, oder!?

Wohl bekomm’s!

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

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