wolfsgeheul.eu vom 16.03.2015

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Im Moment warte ich selbst auf eine Kolumne von mir, die den Vorfrühling kopiert, einzig sonniges Gemüt versprüht und etwas Erfreuliches aufgreift. Allein, diesbezügliche Themen liegen zur Zeit nicht auf der Straße. Die Suche geht aber weiter.

Dann rege ich mich eben wieder über etwas auf!

SUV’s!

Voranschicken möchte ich, auch in Bezug auf meine Plagiats-Kolumne vom 10.03.2015, daß ich bei der Formulierung meiner Meinung gleichwohl nicht ganz die Distanz zu mir verliere. Hab‘ ich durchaus die Erinnerung an einen wundervollen Text(„Die rotwiesblau jestrievte Frau“) der kölner Gruppe BAP, in der eine Bonzentussi über das Los der Arbeiterklasse lamentiert und unter Voranstellung der These, daß jeder einen Rolls Royce haben müsse, wörtlich beklagt „Waröm die arm‘ Säu ken Jeduld han“. Die Linksrockgruppe persifliert in diesem Lied in perfekter Agitpropmanier die Etablierten und gibt sie der Lächerlichkeit preis, und weil sie dabei so oft, so Recht haben und den Ton perfekt treffen, liebe ich den Song bis heute, insbesondere weil er die Edelmaus, vom Texter mutmaßlich ungewollt, mit einem Faktum zitiert, das durchaus beklagenswert erscheint und das im Zweifel selbst die Achtundsechziger heute so sehen, nämlich der Tatsache, daß die Menschen nicht mehr soviel Geduld haben, ihre Träume lustvoll und ohne Traurigkeit zu zelebrieren, sich an Ihnen hochzuziehen und ohne Zeitvorgabe auf deren Erfüllung zu warten. Nahezu jeder unserer Generation – die Eltern sowieso! – hat Studentenleben und später Ehe mit alten Sachen der Altvorderen begonnen und sich auf den Tag gefreut, wenn lang gehegte Wünsche endlich finanzier- und umsetzbar waren.

Und da sind wir wieder bei den Drecks-Edelgeländewagen, die garkeine richtigen mehr sind und dafür ohnehin nicht benötigt werden, da kaum einer die Berechtigung und Notwendigkeit hat, damit das Gelände zu befahren, für das sie geschaffen wurden, einmal ganz davon abgesehen, daß die meisten dieser Undinger noch nicht einmal dort zurechtkämen!

Wie konnte sich diese Mode gegen alle Vernunft und Notwendigkeit durchsetzen? Unstreitig ist, daß diese fahrenden Blechhaufen keinen höheren Nutzwert haben als z. B. vergleichbare Kombinationskraftwagen, dafür aber mehrere einhundert Kilo zusätzlich auf die Waage bringen und entsprechend mehr verbrauchen. Früher gab es aus gutem Grund diese weichgespülten Offroader auch gar nicht, weil die Menschen, die solcherart Mobile suchten, keine Sänfte, sondern ein Arbeitstier benötigten. Selbst der komfortablere Range Rover wurde nur zur Jagd, zum Reitsport etc. genutzt, stand doch für die Überlandfahrt ein Jaguar oder mehr zur Verfügung, der selbstverständlich dafür auch angespannt wurde; wer wollte schon mit einem schlammigem Auto zur Oper fahren. Soweit also ein reines Ding der oberen Zehntausend, und nicht das Problem des Proletariats oder des Bürgertums, die sich selbstredend einen Bentley erträumten, wenn sie mit dem Taunus oder Rekord in die Stadt fuhren, niemals jedoch einen Defender, da der doch viel zu unbequem war, und man sich eine Safari oder Pferde ohnehin nicht leisten konnte. Was ist also passiert? Zunächst hat man den Reichen, die einen Geländewagen mangels entsprechender Hobbies nicht benötigten, im Rahmen des Allradbooms, ein Feature übrigens, das ebenfalls die meisten nicht brauchen – ich weiß, wovon ich rede, hab‘ den Quatsch doch selber mitgemacht und dann die Gelegenheiten regelrecht gesucht und provoziert, bei denen dieses Antriebskonzept sinnvoll oder sogar vonnöten(am besten an einer Steigung halten um erstens die alte Dame über die Straße lassen und zweitens(viel wichtiger) den einachsgetriebenen Hintermann zu ärgern und ins Schwitzen zu bringen) war – eingeredet, ein weichgelutschtes Exemplar, genannt SUV, sei geeignet, ihren Status zu zeigen und zu erhöhen. Das wäre zahlenmäßig, wie die tatsächlichen Geländewagen, überschaubar geblieben, und hätte in einer Gesellschaft, die es aushalten kann, über längere Zeit mit unerfüllten Träumen zu leben, keinen großen Schaden angerichtet. Aber jetzt bin ich wieder bei BAP und der rotweißblau gestreiften Frau. Die „armen Säue“ haben keine Geduld und finden erst von der heimischen Industrie gefertigte, erschwinglichere Kleinausgaben vor, die dann nach und nach in Billiglohnländern kopiert werden und, quasi als Hartz IV- Ausgabe, ihren traurigen, vorläufigen Endpunkt in einem rumänischen Modell finden; Fortsetzung aus Indien und China folgt!

Der Effekt ist, daß vom Reichen, über den Potenzprotzer, die Familienmutti, den Biedermann und Rentner, bis hin zum Arbeitslosen jetzt alle so eine doofe Karre fahren und sich leisten können. Welch eine vollkommen unsinnige Verschwendung von Resourcen!

Nun bin ich als Verfechter der Freien Marktwirschaft und des Kapitalismus (leider) der Möglichkeit benommen, den Vorschlag zu unterbreiten, SUV’s zu verbieten respektive den Erwerb vom Nachweis einer Notwendigkeit für den Gebrauch abhängig zu machen. Wo aber sind die verantwortlichen Eltern und die Jungverdiener, die im Interesse ihrer oder der Zukunft der Kinder zur Vernunft und zum freiwilligen Verzicht aufrufen und mit gutem Beispiel vorangehen? Ich gebe die Hoffnung nicht auf und heule weiter.

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

 

 

 

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wolfsgeheul.eu vom 15.03.2015

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Wir leben im „Zeitalter der Jacke“!

Wo bist Du hin, du schöner Mantel! Eine Schande, daß dieses genauso stilvolle wie praktische – es schützt und wärmt nämlich auch den verlängerten Rücken und die Beine – Kleidungsstück nahezu aus dem Straßenbild – von rühmlichen Ausnahmen in Großstädten einmal abgesehen – verschwunden ist. Mein alter Vater, der als Hamburger ganz andere Erinnerungen hat,  hat schon vor über zehn Jahren für seinen täglichen Gang in den Supermarkt eine Belohnung von fünf Euro für die Dame ausgesetzt, die ihm mit – ausdrücklich nicht „nur mit“, dafür wäre ein Heiermann auch zuwenig! – einem Mantel bekleidet begegnet. Es steht zu befürchten, daß er bis heute nicht genötigt war, das Geld auszuzahlen. Der Ehrlichkeit halber muß man ergänzen, daß sich die Anekdote in Ostdeutschland abgespielt hat, wo der Kommunismus nicht nur das Christentum, sondern auch den Mantel als kapitalistisches Symbol ausgerottet hat. Tolle Leistung dieser humorlosen, unästhetischen, spießigen Pleitiers! Nun mag man akzeptieren, daß sich der Kundengeschmack ändert und Moden unterworfen ist. Dann müßte der Mantel jedoch wellenmäßig modisch zurückkehren, was er aber nicht tut. Es ist eine kleidungstechnische Kulturevolution zu beklagen. So weit, so unschön! Es gibt ja auch klassische Jacken, zum Beispiel den Caban oder die von Barbour, die nicht nur praktisch, sondern auch schön anzusehen sind, wenngleich nicht verhehlt werden soll, daß es sich auch hierbei ursprünglich um Berufskleidung im weiteren Sinne gehandelt hat; vielleicht muß man sogar den Sündenfall der Veralltaglichung von Zweckbekleidung weit vorverlagern, allerdings hat das den Mantel lange nicht verdrängt. Und die sind aber wenigstens aus Naturmaterialien gefertigt. Was herrscht jedoch vor? Die Plastikjacke! Überwiegend aus raschelnden, ballonseideähnlichen, technischen Stoffen hergestellte Wander- und Outdoorkleidungsstücke sind es, die heute zu jeder Gelegenheit getragen werden. Ohne diese Zeiterscheinung wären solche Erfolgsgeschichten wie die furchtbare Marke Wellensteyn, die nicht Fisch und nicht Fleisch ist, garnicht enstanden, und man würde in Hamburg weiterhin auf kleiner Flamme Berufsbekleidung produzieren oder schon pleite sein. Jetzt dienen deren marktrennerische – wirtschaftlich gesehen natürlich ein gutes Exempel für Anpassung und Erneuerung – Kurzformoberbekleidungsprodukte als noch häßlichere, dafür weniger funktionale, also vollkommen überflüssige Ergänzung der Standards von Vaude, North Face, Jack Wolfskin etc., die man wenigstens auch beim Wandern tragen kann. Jetzt könnte man meine Klage als rein ästhetisches Angewidertsein abtun und mir raten, einfach nicht hinzusehen. Die Menschen aber, die diese Sporttextilien überwiegend abseits der sportlichen Betätigung im Alltag tragen, schrecken davor auch nicht zurück, wenn sie Kirchenkonzerte – das gilt in gewissem Rahmen auch für Gottesdienste – besuchen, bei denen man traditionell und tunlichst den Mantel, also hier die Jacke anläßt, weil es einfach kalt in unseren Gotteshäusern ist. Und da wird es ärgerlich! Zum Bonbonpapierrascheln kommt jetzt das Dauerrascheln der Oberbekleidung hinzu, das sich, selbst wenn der Träger ansonsten weiß, wie man sich zu benehmen hat, auch bei peinlichster Inachtnahme nicht vermeiden läßt. Das ist rücksichtslos und ein weiterer, bedauerungswürdiger Mosaikstein in unserer heutigen, egomanen Welt. Darüber kann man eben gerade nicht den  Mantel des Schweigens decken.

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

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