Zur Neukonstitution mancher Kommunalparlamente in Deutschland dürfen bereits heute Sechzehnjährige wirksam ihre Stimme abgeben, und nicht wenige fordern, das Wahlalter generell herabzusetzen. Dazu kann man stehen wie man will.
Dies vorangestellt möchte ich einen Vorfall aus dem Erzgebirge aufgreifen. In einem tschechischen Hotel am Keilberg ereignete sich neulich am Abend ein Chlorgasunfall, der zwei deutsche Familien, die dort mit ihren minderjährigen Kindern Skiurlaub verbrachten, wegen der vorübergehenden Unbewohnbarkeit des Hauses obdachlos machte. Auf Vermittlung ihres Hoteliers sollten sie aber im nahen Oberwiesenthal zur Überbrückung unterkommen. Das dort avisierte Haus lehnte trotz freier Zimmer die Beherbergung jedoch mit dem Hinweis ab, sie seien ein „+16-Hotel“. Dabei konnte noch nicht einmal die Notsituation eine abweichende Entscheidung herbeiführen. Nach einer kleinen Odyssee sind die Gestrandeten dann doch noch irgendwo herzlich aufgenommen worden.
Ohne dieses Ereignis hätte ich nicht gewußt, daß es solche Gasthäuser überhaupt gibt. Offensichtlich liegen aber Hotels mit ähnlicher Ausrichtung – es existieren sogar welche, die das Mindestalter auf achtzehn Jahre festsetzen – im Trend. Man will es kaum glauben, aber Beherbergungskonzepte, die Wahlmündige nicht als Gäste akzeptieren, haben offensichtlich eine Marktchance. Was ist das für eine Gesellschaft!?
Solche Abstrusitäten machen aber sichtbar, in welch‘ entscheidender Art sich die Grundstimmung in unserem Land verändert hat. Schon friedliche Flüchtlingsfamilien in der Nachbarschaft führen zu starken diffusen Ängsten und Minderjährige möchte man wenn möglich nicht in der Nähe haben. Daß wegen mangelnder Erziehung und Disziplinierung durch ihre schwachen Eltern manche Kinder heute schwerer erträglich sind, will ich nicht bestreiten, aber schon immer waren öffentliche Auftritte Lernphasen für die, deren Sozialverträglichkeit Defizite aufwies. Alle tragen letztlich eine erzieherische Verantwortung, und dazu gehört eben auch dann, wenn die Toleranzgrenze für überschritten angesehen wird, sich zu erklären und ein konsensuales Zusammenleben zu erreichen. Das macht Mühe und führt nicht immer zu einem Ergebnis, das alle vollends zufriedenstellt; insgesamt ist es jedoch unabdingbar für ein friedliches Miteinander. Sich diesen Konfrontationen von vornherein über eine Gästeselektion zu entziehen, ist nicht nur langweilig und feige, sondern im höchsten Maße asozial und verantwortungslos.
Letzteres scheint in meinen Augen der Knackpunkt. Viele glauben, daß einzig der Staat oder auf jeden Fall aber immer andere die Verantwortung für irgendetwas tragen, so daß sie sich vollkommen heraushalten können. Das ist der Nährboden für tumbe „Merkel muß weg“- und „Lügenpresse“-Rufe.
Wo sind also die Menschen, die, obwohl kinderlos reisend, Hotels mit Jugendverbot trotzdem meiden, weil ihnen die Denkart, die dahinter steckt, zuwider ist!? Wenn die verbliebenen Normalempfindenden nicht das Maul aufreißen, wird man sie bald im Gebrüll der brandstiftenden Biedermänner nicht mehr vernehmen können. Ob sich ein gesundes Empfinden dann in absehbarer Zeit überhaupt noch einmal Gehör wird verschaffen können, scheint mehr als fraglich.
Gute Nacht!
Ihr/Euer Wolf