wolfsgeheul.eu vom 15.03.2015

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Wir leben im „Zeitalter der Jacke“!

Wo bist Du hin, du schöner Mantel! Eine Schande, daß dieses genauso stilvolle wie praktische – es schützt und wärmt nämlich auch den verlängerten Rücken und die Beine – Kleidungsstück nahezu aus dem Straßenbild – von rühmlichen Ausnahmen in Großstädten einmal abgesehen – verschwunden ist. Mein alter Vater, der als Hamburger ganz andere Erinnerungen hat,  hat schon vor über zehn Jahren für seinen täglichen Gang in den Supermarkt eine Belohnung von fünf Euro für die Dame ausgesetzt, die ihm mit – ausdrücklich nicht „nur mit“, dafür wäre ein Heiermann auch zuwenig! – einem Mantel bekleidet begegnet. Es steht zu befürchten, daß er bis heute nicht genötigt war, das Geld auszuzahlen. Der Ehrlichkeit halber muß man ergänzen, daß sich die Anekdote in Ostdeutschland abgespielt hat, wo der Kommunismus nicht nur das Christentum, sondern auch den Mantel als kapitalistisches Symbol ausgerottet hat. Tolle Leistung dieser humorlosen, unästhetischen, spießigen Pleitiers! Nun mag man akzeptieren, daß sich der Kundengeschmack ändert und Moden unterworfen ist. Dann müßte der Mantel jedoch wellenmäßig modisch zurückkehren, was er aber nicht tut. Es ist eine kleidungstechnische Kulturevolution zu beklagen. So weit, so unschön! Es gibt ja auch klassische Jacken, zum Beispiel den Caban oder die von Barbour, die nicht nur praktisch, sondern auch schön anzusehen sind, wenngleich nicht verhehlt werden soll, daß es sich auch hierbei ursprünglich um Berufskleidung im weiteren Sinne gehandelt hat; vielleicht muß man sogar den Sündenfall der Veralltaglichung von Zweckbekleidung weit vorverlagern, allerdings hat das den Mantel lange nicht verdrängt. Und die sind aber wenigstens aus Naturmaterialien gefertigt. Was herrscht jedoch vor? Die Plastikjacke! Überwiegend aus raschelnden, ballonseideähnlichen, technischen Stoffen hergestellte Wander- und Outdoorkleidungsstücke sind es, die heute zu jeder Gelegenheit getragen werden. Ohne diese Zeiterscheinung wären solche Erfolgsgeschichten wie die furchtbare Marke Wellensteyn, die nicht Fisch und nicht Fleisch ist, garnicht enstanden, und man würde in Hamburg weiterhin auf kleiner Flamme Berufsbekleidung produzieren oder schon pleite sein. Jetzt dienen deren marktrennerische – wirtschaftlich gesehen natürlich ein gutes Exempel für Anpassung und Erneuerung – Kurzformoberbekleidungsprodukte als noch häßlichere, dafür weniger funktionale, also vollkommen überflüssige Ergänzung der Standards von Vaude, North Face, Jack Wolfskin etc., die man wenigstens auch beim Wandern tragen kann. Jetzt könnte man meine Klage als rein ästhetisches Angewidertsein abtun und mir raten, einfach nicht hinzusehen. Die Menschen aber, die diese Sporttextilien überwiegend abseits der sportlichen Betätigung im Alltag tragen, schrecken davor auch nicht zurück, wenn sie Kirchenkonzerte – das gilt in gewissem Rahmen auch für Gottesdienste – besuchen, bei denen man traditionell und tunlichst den Mantel, also hier die Jacke anläßt, weil es einfach kalt in unseren Gotteshäusern ist. Und da wird es ärgerlich! Zum Bonbonpapierrascheln kommt jetzt das Dauerrascheln der Oberbekleidung hinzu, das sich, selbst wenn der Träger ansonsten weiß, wie man sich zu benehmen hat, auch bei peinlichster Inachtnahme nicht vermeiden läßt. Das ist rücksichtslos und ein weiterer, bedauerungswürdiger Mosaikstein in unserer heutigen, egomanen Welt. Darüber kann man eben gerade nicht den  Mantel des Schweigens decken.

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

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wolfsgeheul.eu vom 13.03.2015

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Man lernt immer dazu!

Bisher habe ich überhaupt keine persönlichen Erfahrungen mit Asien, außer daß ich als Kind einmal Judoka war, leider zu jung, um die philosophische Seite dieses Sport auch nur ansatzweise erfassen zu können. Es bleibt eine später entdeckte Ahnung, was es hätte bedeuten und an Erkenntnis bringen können.

Wie schön ist dann aber, wenn man im heimischen Umfeld auf Menschen anderer Herkunft und Nationalität treffen kann. Es ersetzt zwar das Reisen und die persönliche Erfahrung nicht, gibt jedoch zumeist Einblicke, die man selbst als aufmerksamer Zeitungs- und Bücherleser nicht erhält. Neulich nun saß ich bei einem guten Essen in großer internationaler Runde neben einem chinesischstämmigen Freund aus Maastricht, mit dem man genauso blödeln und lachen wie ernste, immer interessante Gespräche führen kann. Über den köstlichen, halbrohen Lachs kamen wir auf chinesisches Essen zu sprechen, welches der normale Mitteleuropäer nicht kennt, da das durchschnittliche Chinarestaurant bekanntermaßen etwas völlig anderes, ans fremde Umfeld und den hiesigen Geschmack Angepaßtes feilbietet. Auf meine Frage, ob man in China wie in Japan rohen Fisch esse, gab es eine überraschende, zweigeteilte Antwort, nämlich, daß dies im traditionellen Essen absolut keine Rolle spiele – was ich meinte, gewußt zu haben – aber seit einigen Jahren bei den vermögenden und/oder jungen Chinesen der Renner sei. Da orientiert man sich also nach Osten zum ungeliebten Nachbarn, um dem Westen nachzueifern! So spielt manchmal das Leben! Auf die weitere Frage, ob diese neue Mode bei der normalen Bevölkerung auf Unmut oder sogar Ablehnung stoße, kam die kleine Sensation für mich. Der Freund erklärte mir nämlich, daß diese Frage sich gar nicht stelle, da die Chinesen das toleranteste Volk seien, das er kenne. Das hatte ich nicht erwartet. Warum eigentlich nicht? Eigentlich hatte ich mir bis zu dem Zeitpunkt über den Tolenzgrad des gemeinen Chinesen keine Gedanken, geschweige denn eine gefestigte Vorstellung gemacht. Wahrscheinlich jedoch hatte ich es der Bevölkerung unter einer maoistischen Diktatur nicht zugetraut, geben doch die Anschauungsbeispiele allein in Deutschland andere Kunde. Eine kleine, aber entscheidende Relativierung gab es dann auch, indem mein Gesprächspartner ergänzte, daß dies mit zwei Ausnahmen gelte, da die Toleranz zum einen bei Kritik an der Regierung und – viel wichtiger – zum anderen bei ebensolcher am Volk an sich ende. Beides ist aber nachvollziehbar, der erste Punkt entspringt der Harschheit des Regimes, der zweite einem gesunden Nationalgefühl und -stolz. Es bleibt die Erkenntnis, daß wir von den Chinesen etwas lernen können, nämlich ganz offensichtlich Gelassenheit und Toleranz. Das mindert doch schon einmal die diffuse Angst vor der „gelben Gefahr“, oder!? Und außerdem beschämt es uns. Daß Deutsche und Franzosen diesbezüglich kein Vorbild sind, wußten wir schon, wenn aber seit einiger Zeit sogar die ursprünglich einmal so vorbildlichen Niederländer(siehe Wilders)  schwächeln, ist es höchste Zeit, sich einmal anderen Input zu holen. Wer weiß also, von Chinesen lernen könnte siegen lernen bedeuten!? Und im Kampf um Bedeutung und wirtschaftliche Vormachtstellung erscheint es mir allemal besser, wenn man Toleranz mit Toleranz begegnet.  Dank für die erhellenden Worte, mein Freund!

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

 

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