Der Drang nach Besonderheit treibt zuweilen skurrile Blüten!
Im Stellenmarkt der Samstags-FAZ findet sich die auffällige, mittelgroße Annonce einer mir bis dato und mutmaßlich allgemein recht unbekannten Firma namens JDC GmbH aus Pforzheim, offenbar einer SAP-Beratungsgesellschaft. Die Firmenbeschreibung in der Anzeige gibt kaum Aufschluß über Details des Unternehmens, auch die karge Homepage macht einen diesbezüglich nicht wesentlich schlauer. Sei es drum! Jeder, wie er mag!
Sie sucht jedenfalls einen SAP-Nachwuchsberater(m/w), der sich für „Wirtschaftslehre und Informatik begeistern“ kann! So weit, so langweilig! Über der Annonce finden sich aber namentlich unterzeichnet die Porträts von Giacomo Casanova und Sir Isaac Newton. Den Bezug bildet die Haupt-Personenbeschreibung „WENN SIE ETWAS VON BEIDEN HABEN, SIND SIE BEI UNS GENAU RICHTIG.“.
Was will man uns damit sagen!?
Zunächst einmal dürften sich weibliche AGG-Hopper die Hände reiben, denn eine Mischung aus zwei Männern ergibt wohl seltenst eine Frau. Oder gilt nach aktueller Lesart etwa bereits „Mann mal Mann gleich Frau“!? Auch die Tatsache, daß Casanova auf dem Porträt wie eine herbe Frau mit Doppelkinn wirkt, wird der Inserentin nicht maßgeblich gegen den Diskriminierungsvorwurf helfen.
Was soll aber nun der Kandidat mitbringen?
Casanova studierte beide Rechte in Padua und wurde zum „Dr. iur. utr.“ promoviert. Als SAP-Berater ist er meines Wissens eher nicht aufgefallen. Das kann aber nur bedeuten, daß die Pforzheimer Firma konkret einen Weiberhelden sucht. Das nenne ich einmal innovativ, denn die biederen Unternehmen von Gestern waren eher an Menschen in gesicherten Beziehungen interessiert.
Und Newton? Mutmaßlich homosexuell, ein Neurotiker mit schweren psychischen Problemen, ein oft zerstreuter Mann, ein streitbarer Kritiker, der jedoch immerhin seine Meriten auch in der Mathematik verdient hat! Trotzdem erscheint es höchst zweifelhaft, daß er in heutiger Zeit SAP-Berater geworden wäre!
Auf die Sexualgewohnheiten reduziert, was einzig einleuchtend erscheint, sucht man also wohl einen bisexuellen, promiskuitiven jungen Mann mit Hang zu Wirtschaftslehre und Informatik. Endlich einmal eine Personenbeschreibung, bei der sich der Kandidat so geben kann, wie er ist! Allein, es bleiben Zweifel, daß überhaupt potentielle Bewerber existieren, die diese doch recht speziellen Anforderungen sämtlich zu erfüllen vermögen. Und welcher Kunde sucht eigentlich genau dieses Profil bei seinen Beratern!?
Kurz springen ist schon peinlich, aber kurz denken ist zutiefst blamabel! Wenn ich ein SAP-Beratungsunternehmen bräuchte, wüßte ich, welches ich nicht näher in Betracht zöge.
Gute Nacht!
Ihr/Euer Wolf