Morgen gehe ich mit meinen Kindern ins „La Becasse“ – seit langer Zeit mit einem Michelin-Stern geadelt -, der Traditions-Top-Adresse bei mir vor Ort, um ein paar aufgelaufene Anlässe schlemmend zu begehen. In meinen über vier Jahren in Aachen wird es erst das dritte Mal sein.
Von mir könnten die also nicht leben. Wie ich überhaupt sagen muß, daß die Wirtschaft an mir insgesamt keine Freude haben kann.
Ohne zu darben, pflege ich mehr und gerne die Häuslichkeit. Es zieht mich also nicht ständig nach draußen, um dort meiner Nahrungsaufnahme nachzugehen. Wie anders ist da ein beträchtlicher Teil meines Umfeldes. Obwohl einige versierte Hobbyköche und sehr gute Gäste und Gastgeber sind, treiben sie sich regelmäßig in Gaststätten oder auch Szenelokalen und Restaurants herum. Ganz abgesehen von den Kosten kann ich den Gewinn nicht so recht nachvollziehen. Das meiste kriegt man zu Hause genauso oder sogar besser hin, und es ist gemütlicher und intimer. Wenn ich über die soziale Kompente hinaus aus essen gehe, dann eigentlich am liebsten dorthin, wo man etwas kann und zelebriert, was ich daheim nicht hinbekomme und/oder wofür ich die Zeit nicht habe.
Aber auch der sonstige Konsum ist bei mir entscheidend anders. Zum Smoking trage englische rahmengenähte glatte – ich mag keine Lackschuhe für Männer, so korrekt es auch sein mag – Grensons, die ich vor über dreißig Jahren als Student gekauft und ebenso zur Jeans im Matsch getragen habe. Gut gepflegt und spiegelnd gewichst bin ich damit bis heute gut angezogen. Mein Burberry ist ebenfalls fast dreißig Jahre alt und noch ein „Burberrys“, ein untrügliches Zeichen, daß er mindestens sechszehn Jahre alt sein muß. Natürlich sind die Kanten etwas abgewetzt und ein kleines Löchlein vom Einklemmen in der Autotür ist unten drin. Aber das tut doch zeitlosen Kleidungsstücken keinen Abbruch, ganz im Gegenteil es macht sie in meinen Augen erst richtig wertvoll. So ist das eben mir guter Qualität und klassischen Dingen, sie begleiten einen möglicherweise ein ganzes Leben und verrichten treu ihren Dienst, während sie mit dem Träger altern.
Das einzig ständig wachsende ist meine Bibliothek und hier und da ein Möbelstück oder Kunstwerk, einfach so oder um den Abfluß einiger Teile an die Kinder zu kompensieren bzw. zu ermöglichen. Platten braucht man ja im Zeitalter des Streamens auch nicht mehr zu kaufen. Und der Rest sind Ersatzinvestitionen.
Wer mich kennt, weiß, daß mir jedwedes Frugale fernliegt, ich nicht geizig bin und das Leben liebe und durchaus zu genießen versuche. Insofern empfinde ich mich auch keineswegs als Konsumverweigerer, geschweige denn, daß ich in diese Richtung missionieren wollte. Und jeder Jeck ist anders, und diese Vielfalt ist bereichernd. Ebenso ist mir bewußt, daß es ganz offenbar ohne Wachstum keinen Fortschritt gibt, der in vielen Bereichen notwendig und segensreich ist. Trotzdem glaube ich immer mehr, daß das opulente Leben, wie es viele leben und wohl die Mehrzahl anstrebt, nicht ewig so weiter wird gehen können. Und deshalb bin ich sicher, daß uns ein bißchen Bescheidenheit nicht nur gut zu Gesicht stünde, sondern auch gut täte, wenn es nicht gar der einzige Weg ist, das Überleben aller zu sichern. Eine Einschränkung in der Lebensqualität ist damit sicherlich objektiv nicht verbunden und es wird mit der richtigen Einstellung auch nicht als solche empfunden. Und weiterhin liegt der spezielle Reiz im Überraschenden, Besonderen und Inkonsequenten.
Money keeps the world go round! Morgen lassen wir es krachen!
Gute Nacht!
Ihr/Euer Wolf