wolfsgeheul.eu vom 09.09.2016

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„Mein Name ist Schröder, Gerhard Schröder!“!

Als der einstige Juso-Vorsitzende 1999 seinen sehnlichsten Wunsch erfüllt sah und endlich mit rund 55 Jahren im Kanzleramt angekommen war, entluden sich Stolz und Freude in einer Photostrecke in der Gala, die ihn mit Havanna-Zigarre und insbesondere im edelkaschmirnen Brioni-Anzug zeigte. Damals ein klassisches Emporkömmlingsgehabe, das bei vielen, speziell bei seinen sozialistischen Parteifreunden ein Naserümpfen hervorrief, aus heutiger Sicht aber als lebensfroher Gegenentwurf zu unserer frugalen Frau Kanzler fast sympathisch wirkt! Und dem italienischen Herrenschneider hat es genauso zu mehr Erfolg verholfen wie die kluge Marketingidee, zum Beispiel als Ausstatter des berühmten Agenten 007, sowie weiterer Prominenter und des europäischen Adels zu fungieren.

Inzwischen aber ist, wie es Clark Parkin schon 2012 in der „Welt“ beschrieben hat, das 1945 gegründete Modehaus „mit seiner Kundschaft gealtert“ und darbt ein wenig. Da tut eine Verjüngungskur Not. Mit neuem Chefdesigner hat man dieses Jahr damit begonnen, sich in den Markt zurückzukämpfen.

Und da schlage ich heute meine Leib- und Magen-Zeitung auf und sehe eine Anzeige(s. Link zur gesamten Kampagne “  http://www.brioni.com/de/adcampaignparisone_section „), die die aktuell vier Mitglieder der Metal-Band Metallica im brionischen Dinnerjacket zeigt. Welch‘ grandiose Idee! Die Herren Gründungsmitglieder der lauten Musikkapelle sind beide Jahrgang 63, also fast schon alte Säcke. Das war wohl nichts mit dem Jungbrunnen. Und gibt es unauthentischere Werbeträger als diese tätowierten, langhaarigen Rockerzottel!? Obendrein wissen wir, daß sich nur Aufschneider wie zu Guttenberg und kulturlose Emporkömmlinge wie Wulff mit der Vorliebe und Verehrung für eine bestimmte Rockband brüsten. Wenn man dann aber im Netz forscht und liest, daß der hippe Designer laut Wikipedia Gangster und Zuhälter als Inspiration und Zielgruppe für seine aktuelle Kollektion benannt hat, wird die Geschichte schon wieder runder. Allerdings fragt man sich, ob diese Klientel wirklich bereit ist, jeden Preis zu zahlen, und insbesondere sich überhaupt von diesem halbwegs seriösen Label angezogen fühlt.

Nach meiner Vermutung geht der Schuß eher nach hinten los, weil man seine Stammkundschaft damit endgültig vergrault und junge Menschen mit Stil und Geld eher abschreckt. Aber verstehe einer die Mode- und die Werbewelt! Vielleicht liege ich auch völlig falsch!?

Deutlich wird aber, daß nichts für die Ewigkeit ist. Oder möchte man heute noch ein Traditionsunternehmen besitzen und führen? Früher war es einfach. Wenn man die Genialität und das Glück besaß ein gutes Produkt zu kreieren und zu etablieren, konnte man damit Jahrzehnte bestehen und den Lohn der Arbeit einfahren. Heute dagegen muß man nahezu täglich eine neue Sau durchs Dorf treiben, will man überleben. Und so sind zum Beispiel Burberry(s) und Barbour auch nicht mehr das, was sie einmal waren. Das Schielen nach Modeströmungen und Diversifikation der Produktpalette haben sie zwar vorübergehend zu riesigen Unternehmen und Dukateneseln werden lassen, sie aber gleichzeitig weg vom Nischenanbieter hochqualitativer Erzeugnisse in den rauen und schnellwechselnden Wind der hektischen Trendverfolger gestellt.

Und wo sind die alten, edlen Bekleidungsstücke heute? Weg! Wer jetzt noch so etwas Klassisches und Feines tragen will, muß wieder zum kundigen, kleinen Herrenschneider gehen. So hat Brioni auch einmal angefangen. Insofern wiederholt sich Geschichte doch.

Vielleicht kommt sogar Schröder irgendwann wieder!? Es wäre möglicherweise ein Segen für Deutschland. Wer hätte je gedacht, daß man dem polternden, lärmenden und genußsüchtigen Gernegroß jemals nachtrauern würde. Und Brioni stünde er immer noch besser zu Gesicht, als die alternden Rocker.

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

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wolfsgeheul.eu vom 06.08.2015

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Morgen gehe ich mit meinen Kindern ins „La Becasse“ – seit langer Zeit mit einem Michelin-Stern geadelt -, der Traditions-Top-Adresse bei mir vor Ort, um ein paar aufgelaufene Anlässe schlemmend zu begehen. In meinen über vier Jahren in Aachen wird es erst das dritte Mal sein.

Von mir könnten die also nicht leben. Wie ich überhaupt sagen muß, daß die Wirtschaft an mir insgesamt keine Freude haben kann.

Ohne zu darben, pflege ich mehr und gerne die Häuslichkeit. Es zieht mich also nicht ständig nach draußen, um dort meiner Nahrungsaufnahme nachzugehen. Wie anders ist da ein beträchtlicher Teil meines Umfeldes. Obwohl einige versierte Hobbyköche und sehr gute Gäste und Gastgeber sind, treiben sie sich regelmäßig in Gaststätten oder auch Szenelokalen und Restaurants herum. Ganz abgesehen von den Kosten kann ich den Gewinn nicht so recht nachvollziehen. Das meiste kriegt man zu Hause genauso oder sogar besser hin, und es ist gemütlicher und intimer. Wenn ich über die soziale Kompente hinaus aus essen gehe, dann eigentlich am liebsten dorthin, wo man etwas kann und zelebriert, was ich daheim nicht hinbekomme und/oder wofür ich die Zeit nicht habe.

Aber auch der sonstige Konsum ist bei mir entscheidend anders. Zum Smoking trage englische rahmengenähte glatte – ich mag keine Lackschuhe für Männer, so korrekt es auch sein mag – Grensons, die ich vor über dreißig Jahren als Student gekauft und ebenso zur Jeans im Matsch getragen habe. Gut gepflegt und spiegelnd gewichst bin ich damit bis heute gut angezogen. Mein Burberry ist ebenfalls fast dreißig Jahre alt und noch ein „Burberrys“, ein untrügliches Zeichen, daß er mindestens sechszehn Jahre alt sein muß. Natürlich sind die Kanten etwas abgewetzt und ein kleines Löchlein vom Einklemmen in der Autotür ist unten drin. Aber das tut doch zeitlosen Kleidungsstücken keinen Abbruch, ganz im Gegenteil es macht sie in meinen Augen erst richtig wertvoll. So ist das eben mir guter Qualität und klassischen Dingen, sie begleiten einen möglicherweise ein ganzes Leben und verrichten treu ihren Dienst, während sie mit dem Träger altern.

Das einzig ständig wachsende ist meine Bibliothek und hier und da ein Möbelstück oder Kunstwerk, einfach so oder um den Abfluß einiger Teile an die Kinder zu kompensieren bzw. zu ermöglichen. Platten braucht man ja im Zeitalter des Streamens auch nicht mehr zu kaufen. Und der Rest sind Ersatzinvestitionen.

Wer mich kennt, weiß, daß mir jedwedes Frugale fernliegt, ich nicht geizig bin und das Leben liebe und durchaus zu genießen versuche. Insofern empfinde ich mich auch keineswegs als Konsumverweigerer, geschweige denn, daß ich in diese Richtung missionieren wollte. Und jeder Jeck ist anders, und diese Vielfalt ist bereichernd. Ebenso ist mir bewußt, daß es ganz offenbar ohne Wachstum keinen Fortschritt gibt, der in vielen Bereichen notwendig und segensreich ist. Trotzdem glaube ich immer mehr, daß das opulente Leben, wie es viele leben und wohl die Mehrzahl anstrebt, nicht ewig so weiter wird gehen können. Und deshalb bin ich sicher, daß uns ein bißchen Bescheidenheit nicht nur gut zu Gesicht stünde, sondern auch gut täte, wenn es nicht gar der einzige Weg ist, das Überleben aller zu sichern. Eine Einschränkung in der Lebensqualität ist damit sicherlich objektiv nicht verbunden und es wird mit der richtigen Einstellung auch nicht als solche empfunden. Und weiterhin liegt der spezielle Reiz im Überraschenden, Besonderen und Inkonsequenten.

Money keeps the world go round! Morgen lassen wir es krachen!

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

 

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