wolfsgeheul.eu vom 05.02.2016

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Meine ursprünglich so hohe Meinung vom Karnevalstreiben hat gestern einen kleinen Knacks bekommen.

Zuerst das Positive! Die meisten Menschen verkleiden sich im Karneval in jeder erdenklichen Weise. Das geht von recht phantasielos bis zu ausgesprochen mutig, kreativ und ausgefallen, aber alle eint der Wunsch und das Bemühen, für ein paar Stündchen aus dem Alltag auszubrechen. Sodann zeigt sich in erfreulicher Weise, daß die Teilnehmer am Karnevalstreiben einen ausgeprägten Hang zu friedlicher aber ausgelassener Bewegung haben und diesem mit Solo-, Paar-  oder Gruppentanz wie Polonaise oder Sirtaki Ausdruck verleihen und Befriedigung verschaffen. Auch das gemeinschaftliche, überwiegend erstaunlich textsichere Mitsingen der gespielten Lieder ist wunderbar in seiner befreienden und beglückenden Wirkung.

Genau hier jedoch setzt aber auch meine kleine Enttäuschung an. Bekanntermaßen halte ich große Stücke auf das karnevalistische Kölner Liedgut, welches im gesamten Rheinland bekannt ist und mit dem man meines Erachtens einen kompletten Tanzabend in dieser jecken Zeit bestreiten kann. Daß ein Plattenaufleger zur Abwechslung oder besonderen Bewegungsanheizung zusätzlich ein bißchen Rock and Roll und Gassenhauer wie „Marmor, Stein und Eisen bricht“ einstreut, dagegen ist natürlich nichts einzuwenden. Aber was haben im Karneval „Stars“ der sogenannten Ballermann-Hits, die mir überwiegend nicht bekannt sind, die man aber sofort an ihrer einfachen musikalischen Struktur und ihren primitiven Texten erkennt und die tatsächlich reihenweise zur offensichtlichen Freude eines Großteiles der Anwesenden am gestrigen Tage im Justizzentrum in Aachen aufgelegt worden sind, zu suchen!?

Nur ein kleines Textbeispiel eines mir bis dato unbekannten Vertreters dieser Gattung, Peter Wackel – wie lustig -, der wohl auch den „Hit“ „Scheiß drauf“ geschrieben hat, aus dem Refrain des Liedes „Joana“, wobei die in Klammern stehenden Passagen nur vom Publikum gegrölt werden, möge verdeutlichen, was ich meine:

„Joana, (du geile Sau)
geboren um Liebe zu geben (du Luder)
Verbotene Träume erleben (du Drecksau)
Ohne Fragen an den Morgen danach aha aha“

Und das in den heiligen Hallen der Justiz in Anwesenheit und unter Mitwirkung von Organen der Rechtspflege und deren dienstbaren Geistern!

Im Gegensatz zu den meisten anderen, auch nicht immer hochstehenden Kollektivspäßen, verkörpern diese „Hits“ wirklich ein unterirdisches Niveau, welches einen darob eigentlich wegen überwiegender innerer Abscheu auch nach reichlich Alkohol nicht mitreißen sollte. Diese nach meinem Verständnis natürliche oder zumindest mit einem gewissen Bildungsniveau zwangsläufig einhergehende Hemmschwelle existiert aber offensichtlich nicht mehr. Wie aber wollen sich mutmaßliche Vertreter der bürgerlichen Mitte noch über den abschaumartig sich gerierenden Teil der Gesellschaft à la Pegida erheben, wenn sie selbst in solch‘ ausgelassenen Situation ohne zu zögern ihren Stolz über Bord werfen und mittun!?

Wer sich nicht an die eigene Nase faßt, ist in der Funktion des Kritikus und Oberlehrers fehl am Platze.

Das zu bedenken gebend wünsche ich noch eine schöne Session.

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

P. S.: Aktuell: Liebe Öcher, wenn ihr wissen wollt, wie intelligenter sowie niveauvoller – muß es ja auch geben – und trotzdem lustiger Karneval geht, schaut mal bei „Mainz bleibt Mainz“ rein! Respekt, selbst wenn es nicht mein Rheinland ist! Trotzdem und gerade deshalb denke ich gerne an meine kurze Wiesbadener und Rheingauer Zeit zurück.

 

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wolfsgeheul.eu vom 24.01.2015

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Neulich in irgendeinem Fersehkrimi: „Der hat doch die Hosen geschissen voll!“! Und ich habe die Nase gestrichen voll, weil das nicht sprachschöpferisch, sondern schlicht falsch ist!

Schon mehrfach habe ich mich dem Thema der Sprachverwahrlosung gewidmet und mir ehemals vorgenommen, regelmäßig sprachliche Fehlleistungen zu notieren und sie in loser Folge an dieser Stelle zu dokumentieren. Inzwischen habe ich mich der Übermacht der Unfähigkeit ergeben und das sofortige Notieren weitestgehend eingestellt. Jeden Tag fallen mir in Presse, Funk und Fernsehen eine solche Vielzahl dieser Falschheiten auf, so daß ich mit dem Memorieren gar nicht mehr nachkomme. Dabei mag man noch Verständnis für die aufbringen, die ohne Konzept den lieben langen Tag reden müssen, denn wo gehobelt wird, da fallen Späne, wenngleich weiterhin zu bedauern ist, daß die wenigsten, denen solche Fehler unterlaufen, die Souveränität aufbringen, sich zu korrigieren. Die, die es nicht besser wissen, können es nicht bemerken. Aber es wird doch auch noch andere geben, oder!? Daß jedoch in Filmen solche Unkorrektheiten unbemerkt durchgehen, ist vollkommen unverständlich. Da gibt es Drehbücher, die redigiert und umgeschrieben werden. Da gibt es Regisseure, die sie in Szene setzen. Und als letzte Instanz gibt es Schauspieler, die die Texte lernen und sprechen. Wenn in einem derart engmaschigen System ein Lapsus linguae durchrutscht, dann kann der Grund eigentlich nur in kollektiver Ahnungslosigkeit und Dummheit liegen. Oder wird hier in unserer flüchtigen Zeit vorsätzlich liederlich gearbeitet? Wenn das tatsächlich so sein sollte, wo bliebe dann das Verantwortungsbewußtsein!? Da können doch die Kinderstube und die Schule noch so akkurat arbeiten, gegen die tägliche Berieselung mit sprachlichen Entgleisungen ist letztlich kein Kraut gewachsen. Steter Tropfen höhlt den Stein. Und wenn schon das Fundament – wie so oft – schwach ist, dann setzt es dieser Lawine kaum Widerstand entgegen, und der Sprachgebrauch, der auch viel durch Nachahmung gebildet wird, gerät viel leichter aus dem Ruder. Die Fehler brennen sich ein und werden nach und nach zur Normalität. Selbst mir geht es inzwischen manchmal schon so, daß ich etwas Merkwürdiges vernehme und nicht ad hoc weiß, wie es richtig wäre.

Mein Appell: Journalisten, Lehrer, Priester Richter, Kunst- und Fernsehschaffende und alle mit Öffentlichkeitswirkung, werdet euch eures Vorbildcharakters bewußt, achtet auf eure Sprache und geht mit gutem Beispiel voran, solange ihr es noch könnt. Korrigiert euch und werdet nicht müde, eure Kinder zu korrigieren. Fordert euch und die anderen. Beschwert euch massiv über Liederlichkeit. Nur mit einer elaborierten Sprache kann Deutschland auf hohem geistigen Niveau überleben.

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

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