wolfsgeheul.eu vom 10.01.2016

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Immer wieder spricht die westliche Welt davon, wie sie die restliche retten will, und gleichzeitig scheint sie wild entschlossen, keine noch so idiotische Fehlentwicklung auszulassen und damit skrupellos dem Ganzen zu schaden.

Jeder Kenner weiß, daß der beste Kaffee immer noch der von Hand aufgebrühte ist. Auch wenn ich profaner Beutelbenutzer bin, glaube ich, daß Nämliches auch für den Tee gilt. Eigentlich bräuchte man also nicht mehr als Bohnen, Mühle, Porzellanfilter, Papiertüten, Tee-Ei, gegebenenfalls Termoskanne und einen Wasserkessel- oder kocher. Stattdessen fertigen wir zum Teil riesige Maschinen, deren Gebräue allesamt nicht überzeugen können. Nur für die Herstellung eines Espressos kann – und muß es als Liebhaber der kleinen schwarzen Crema-Göttin auch – ich den Einsatz von Siebträgermaschinen nachvollziehen, da keine andere Brühmethode – habe alles ausprobiert – zu einem vergleichbar guten Ergebnis führt. Die entsprechenden Maschinen sind auch optimal für den heute so beliebten Latte Macchiato geeignet, da sie gleichfalls den hierzu notwendigen Dampf zu erzeugen vermögen. Für jede andere Kaffeespezialität aber sind elektrische Apparate eigentlich überflüssig und gelangen obendrein sogar zu eher schlechteren bis zu völlig unzureichenden Resultaten.

Vollkommen obsolet sind die billigen Kaffekapselmaschinen. Ob die Döschen nun aus Aluminium oder Plastik gefertigt sind, sie kosten in der Herstellung Energie und Ressourcen und haben einen gigantischen Müllberg zur Folge. Zusätzlich füllen sie die Taschen der Produzenten in einer so gigantischen Weise, daß die wundersame Brotvermehrung sich dagegen als kläglicher Kindertrick ausmacht. Bei aller beschworenen Freiheit gehörten diese Dinger genau wie – ich kann es nicht lassen – die SUV’s also eigentlich verboten. Da sich Verbieten aber bei uns grundsätzlich verbietet, bräuchte es entweder verantwortungsvolle Unternehmer – das können wir leider überwiegend vergessen – oder mündige und einsichtige Verbraucher, was leider ebenso illusorisch erscheint, so daß ein Verbot doch als ultima ratio in Betracht zu ziehen wäre.

Da ein Fluch aber selten allein kommt, gibt es jetzt auch noch Kapselmaschinen für Tee. Die Firma Tee-Kanne zum Beispiel möchte offenbar ebenfalls ihre Gewinnmargen exponentiell steigern und bietet sowohl den entsprechenden Apparat als – viel wichtiger für das große Abkassieren – auch die passenden Dosen an. Das ist zwar nicht schändlicher als die Kaffeependants, aber muß denn jeder die verantwortungslosen Fehler der anderen wiederholen!? Und wo bleibt die Kreativität, nach anderen Lösungen zu suchen. Schon der Teebeutel dürfte eine von uns gar nicht mehr realisierte Lizenz zum Gelddrucken sein und unglaubliche Gewinnmargen generieren, ist er doch der Vorläufer der Kapselportionierung. Reicht das nicht? Könnte man denn nicht statt des Nacheiferns versuchen, unter Hinweis auf die bessere Ökobilanz den Kaffeetrinker zum Tee abzuwerben. Der Verbraucher ist doch teilweise für überzeugende Argumentationen auf diesem Gebiet empfänglich.

Aber statt auf Nachhaltigkeit zu setzen, wird die Verschwendungsspirale weiter angeheitzt. Der Verbraucher ist ja abgehärtet. Während Kühlschränke und Fernseher früher fast ewig halten konnten, akzeptiert er heute viel kürzere Lebenszyklen und stört sich noch nicht einmal an dem begründeten Verdacht, daß die Hersteller die Haltbarkeit ihrer Geräte sogar bewußt beschränken, was im höchsten Maße verwerflich wäre, wenn es stimmen sollte.

Freiheit ist zwar ein hohes Gut, aber nicht immer gut. Denn Gewissenlosigkeit und Blödheit können sich gleichfalls in ihr frei entfalten. Wenn wir etwas ändern wollen, gehört vieles auf den Prüfstand. Helfen könnte es, den Menschen klar zu machen, wie unfrei sie tatsächlich sind, wenn sie sich freiwillig zu Sklaven der Geschäftemacher und des Konsums machen.

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

P.S.: Das Original des Tagore-Spruches, den ich in der letzten Kolumne verwandt bzw. -hunzt habe, hängt übrigens nicht nur wenig beachtet seit Studententagen über meinem Bett, weil meine Mutter ihn gut findet und mir damals dediziert hat, sondern stand neulich auch in der Familien-Todesanzeige für Rolf Bossi, weswegen er mir wieder besonders präsent war, weil ich gedacht habe, daß er für einen Strafverteidiger, der mutmaßlich überwiegend von Wahl- und nicht von Pflichtverteidigungen gut gelebt hat, eigentlich eher unpassend ist.

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wolfsgeheul.eu vom 13.07.2015

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Jedes zehnte verkaufte Fahrrad verfügt heute über einen Elektroantrieb. Der aktuelle Bestand geht in die Millionen und der Trend ist ungebrochen. Während früher die Fahrräder unter den Zweirädern die waren, die allein mit Muskelkraft bewegt werden mußten und deshalb auch keines Führerscheines bedurften, hat sich inzwischen heimlich, still und leise eine Vielzahl neuer, motorisierter Verkehrsteilnehmer hinzugesellt, die sich aber nach meinem Eindruck Eindruck weiterhin als gleichwertiger Teil der Pedalistenfamilie wähnt. Das führt zu nicht unerheblichen Veränderungen und Problemen im Verkehr.

Da ist insbesondere die gewandelte Wahrnehmung. Früher wußte man, wenn man in eine ansteigende Straße einbog, daß der von links kommende Radfahrer eine Weile braucht, um sich heranzuächzen, heute kann selbst das alte Mütterchen in Sekundenschnelle herangenaht sein, ohne daß man eine Chance hat, sie vorher als rasende Hilfsmotor-Omi zu erkennen. Ein Gewöhnungsprozeß, denn aufhalten läßt sich die Bewegung bedauerlicherweise schon längst nicht mehr, wenngleich ich diese Zweiradspezies grundsätzlich als überflüssig empfinde; wer nicht mehr normal radeln kann oder will, sollte auch nicht mehr in die Pedale treten. Das war eine natürliche Auslese und hielt uns die fern, die auf einem solchen Gefährt nichts mehr zu suchen haben, weil sie damit sich und andere gefährden. Aber es war dem Menschen seit jeher immanent, daß er Grenzen verschieben möchte, und die große Gruppe der Senioren akzeptiert ganz offensichtlich in ihrem Streben nach ewiger Jugend und Vitalität überhaupt keine natürlichen Beschränkungen mehr. Es ist noch nicht so lange her, daß der gesunde ältere Mensch irgendwann nur noch Spazierengehen konnte, was ihm auch gut zu Gesicht stand und seinem Leistungsniveau entsprach. Das war auch noch die Zeit, als Enkel echte Großeltern hatten, die sich sichtbar von der Jugend unterschieden. Wie bereits gesagt, es hilft kein Klagen. Die neuen Verhältnisse sind zur Kenntnis zu nehmen.

Was aber nicht akzeptiert werden muß, ist die Tatsache, daß der motorunterstützte Zweiradler jetzt auch Terrains erobern kann, die ihm vorher verwehrt waren. Kein normaler Radfahrer wäre früher auf die Idee gekommen, sich mit seinem Drahtesel auf hügeligen Waldstrecken zu bewegen. Die erste Revolution waren die Mountainbikes, die zugestandenermaßen zu Anfang auch zu Problemen geführt haben und dies leider bis heute tun. Es war für den Wanderer ein Novum, daß er seine Wege, auf denen er früher nur Seinesgleichen begegnete, fortan mit Radlern teilen mußte. Und die Hügelbiker lassen es eben oft an der gebotenen Rücksichtnahme fehlen, so daß die eigentlich mögliche, friedliche Koexistenz von Fuß- und Radvolk immer wieder auf eine harte Probe gestellt wird. Was aber meines Erachtens gar nicht in den Wald und in die Berge gehört sind Motorfahrzeuge, wobei das elektrifizierte Bergfahrad ohnehin der Gipfel des Widerspruches in sich ist. Während nämlich den Mountainbiker und den Wanderer früher noch einte, daß sie allein mit Muskelkraft den Gipfel oder die Paßhöhe erreichen mußten, kommt heute eine Gruppe hinzu, die den Weg und das Ziel sich nicht erarbeiten müssen. Eine völlig andere Philosophie, die definitiv inkompatibel ist. Motorräder – und nichts anderes sind Elektrodrahtesel – haben keine Berechtigung in der mittelgebirgigen und alpinen Welt. Hoffentlich verfügt das bald einer!

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

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