wolfsgeheul.eu vom 13.04.2016

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„Mut verloren – alles verloren!“ dichtet Goethe in „Zahme Xenien VIII“.

Keiner hat Jan Böhmermann gebeten oder gar gezwungen, sich wie andere vor ihm mit Erdogan anzulegen. Daß er es getan hat, ehrt ihn, und meinerseits ist dazu in der Kolumne vom 01.04.2016 nahezu alles gesagt. Und was auch immer man von Erdogan hält, er versucht lediglich, die rechtlichen Möglichkeiten in Deutschland, die wir glücklicherweise haben, auszuschöpfen. Das ist nicht zu beanstanden, und wer ihn dafür schilt, entlarvt sich als Dummkopf, der offenbar meint, der türkische Präsident habe sein Recht, den deutschen Rechtsstaat anzurufen und zu befragen, warum auch immer verwirkt. Mitnichten, hat er das! Gerade diese Freiheit zeichnet unser Land aus und ist beispielhaft. Die Sache landet – hinsichtlich des zu prüfenden Straftatbestandes natürlich auch in Abhängigkeit von der Entscheidung Merkels – also entweder vorm Kadi oder sie tut es nicht. Tut sie’s, wird ein deutsches Gericht darüber zu befinden haben, und ich bin weiterhin zuversichtlich, daß Böhmermann aus der Sache ungeschoren herauskommen wird, auch wenn sein Beitrag – und das in vollem Bewußtsein – grenzwertig und von zweifelhaftem Niveau war. Mehr müßte dazu eigentlich nicht gesagt werden, wäre da nicht die letztlich feige Reaktion des Jung-Satirikers. Während er in der Folgesendung die Causa „Erdogan“ noch äußerst elegant und nahezu surreal zusammen mit einer hervorragenden Anne Will als mutigem Gast umschiffte, verläßt ihn nun offensichtlich der Mut. Erst erscheint er – das wäre eine Demonstration der Stärke und ein Fanal für die Kunst- und Meinungsfreiheit gewesen, ihn dort inmitten der Schwierigkeiten öffentlich zu ehren – nicht zur Grimme-Preis-Verleihung, und jetzt sagt er auch noch seine morgige Sendung ab. Da sieht man dann leider, aus welchem Holze der heutige Kabarettist geschnitzt zu sein scheint. Ähnlich wie der sanft-schleimige Dieter Nuhr, der, wenn er angefeindet wird, nachdem er durchaus ordentlich ausgeteilt hat, zu jammern und zu weinen anfängt, weicht Böhmermann aus und duckt sich ab. Das hätten die Herren Hildebrandt und Co. nach meiner festen Überzeugung niemals getan. Gerade im Sturm erweist sich doch der wahre Kämpfer. Trotzdem aufzutreten und zu zeigen, daß man sich nicht den Mund verbieten läßt, und das auf eine elegante und espritvolle Art, so sehen die wahren Herausforderungen des Lebens aus! Geraten aber unsere heutigen satirischen Grenzgänger in Turbulenzen, flennen sie wie Sandkastenkinder, denen das Förmchen weggenommen wurde. Damit entwertet Böhmermann, der doch etwas kann, sich und sein bisheriges Werk bedauerlicherweise vollends. Und das ohne Not, denn an Unterstützung von allen Seiten mangelt es ihm nun wirklich nicht! Schönwetterkabarettisten jedoch, werden nicht ernst genommen und verlieren ein für allemal ihre gesellschaftspolitische Autorität und Kraft. Schade, Herr Böhmermann, hätten sie vielleicht besser ‚mal vorher Goethe gelesen! Game over!

Aber es bleibt für ihn die Chance, doch noch in die Geschichtsbücher einzugehen, nämlich als derjenige, der zum Sturz unserer „Königin des Wankelmutes“, die aber auch alles in diesem Falle falsch gemacht hat, beigetragen zu haben. Es ist also weiterhin spannend!

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

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wolfsgeheul.eu vom 01.04.2016

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Genscher ist tot! R.I.P.!

So gehen sie dahin, die großen, markanten Köpfe und die aktuellen Abziehbilder in ihrer Nachfolge trauern unisono via Twitter. Da verschwindet nicht nur eine Generation, sondern leider auch ein Typus Mensch, der die Bevölkerung noch mitreißen und begeistern konnte. Eine Frage von intellektueller Klasse, Verantwortungsbewußtsein, Disziplin und Authentizität! Gleichwohl könnte man den Alten – jeder macht Fehler – vieles vorwerfen, dafür ist aber hier angesichts des Todes nicht der richtige Platz. Eines jedoch muß gesagt werden und darf es auch, weil es gleichzeitig eine Ehrung des Verstorbenen beinhaltet, und das ist die traurige Tatsache, daß ihnen nahezu ausnahmslos bedauerlicherweise der unabdingbare  Schritt zu wahrer Größe nicht in ausreichendem Maße gelungen ist, vergleichbar charaktervolle Individualisten heranzuziehen und in ihre Fußstapfen treten zu lassen. Muß denn auf gut immer schlecht und auf schlecht noch schlechter folgen!? Damit hat der verdiente Platz in den Geschichtsbüchern einen ewigen Makel, wenngleich Hans-Dietrich Genscher eingestandenermaßen mit Westerwelle grundsätzlich nicht den schlechtesten Riecher hatte. Wer aber letztlich nicht für gleichgute oder sogar bessere Erben sorgt, hat nicht unmaßgeblich versagt. Da hat dann wohl die eitle Lichtgestalt doch einen zu langen Schatten geworfen, in dem nichts gedeihen konnte. Schade!

Was gab es sonst am 1. April?

Die FAZ hat meines Erachtens – das sage ich auf die Gefahr hin, mich kräftig zu blamieren – keinen Scherz in ihrer heutigen Ausgabe versteckt. Sollte ich recht haben, postuliere ich, daß man aber nicht automatisch gebildet ist, nur weil man sich des Blödelns enthält. Vielmehr hat man sich dann einzig der intellektuellen Herausforderung nicht gestellt.

Und:

Aus Prügel-Persern werden Prügel-Türken! Obama hat nach den unerträglichen Kompetenzüberschreitungen türkischer Sicherheitskräfte in Washington gegen Demonstranten und Journalisten im Vorfeld des Erdogan-Besuches umgehend im Kanzleramt angerufen und nachgefragt, was wir 1967 gegen die allerdings subtiler vorgetragenen Eingriffe in deutsche Hoheitsrechte durch als Gegendemonstranten getarnte Mitarbeiter des iranischen Geheimdienstes SAVAK in West-Berlin unternommen haben. Die Antwort von Frau Merkel war „Nichts! Stattdessen hat sich der damalige Bundesinnenminister nachträglich beim Schah für die Proteste sogar entschuldigt.“. Ob sich der amerikanische Präsident mit dieser Auskunft zufrieden geben wird, bleibt fraglich. Hoffentlich reagiert er besser und vor allem deftig! Dem türkischen Präsidenten gehört nämlich definitiv einmal gehörig der Kopf gewaschen, damit er nicht abhebt. Ganz gut gelungen ist das übrigens dem gestrigen Neo Magazin Royal, das sich auf die Gratwanderung begeben hat, als Beispiel durch verbrämte Reime, die Erdogan massiv beleidigen, zu erläutern, was nicht mehr erlaubte Satire, sondern bereits unerlaubte Schmähkritik ist. Da darf man auf die vielleicht nicht ausbleibenden juristischen Scharmützel gespannt sein und sollte hoffen, daß die anwaltliche Expertise die Sendung auf dem schmalen Höhenweg gehalten hat. Beim ZDF scheint man diesbezüglich allerdings nicht sehr optimistisch zu sein, denn die gesamte Folge wurde inzwischen mit der fadenscheinigen Begründung, das Gedicht genüge den Niveauansprüchen des Hauses nicht, aus der Mediathek entfernt. Gesendet ist gesendet und vorauseilender Gehorsam ist – oder hat die Bundesregierung da etwa nachgeholfen!? – feige, auch beim Staatsfernsehen! Aber sicherlich kann man die Sequenz bald und für alle Ewigkeit bei YouTube anschauen. Herr Erdogan, sie müssen noch viel lernen! Hoffentlich bringt man es ihnen schnell und unmißverständlich bei.

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

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