wolfsgeheul.eu vom 09.02.2016

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Es gibt noch Menschen, die große Dinge frei heraus sagen, offenbar ohne darüber nachzudenken, ob die Regeln der politischen Korrektheit eingehalten werden. Da sprechen Herz und Verstand unverstellt. Heute morgen hat sich in Bayern ein schlimmes Zugunglück ereignet, bei dem bereits jetzt neun Tote, achtzehn Schwerverletzte und unzählige leichter Verletzte zu beklagen sind. In dem Bericht auf T-Online wird ein Polizeisprecher zitiert, der geäußert haben soll, daß zum Glück am Unglückstag keine Schüler in den Zügen gewesen seien. Bei allem Respekt vor den Opfern und ihren Angehörigen halte ich diese Prioritätensetzung für absolut natürlich, berechtigt und richtig. Der gesunde Erwachsene sorgt sich eben zuerst um den Nachwuchs.

Sodann gibt es zu der leisen Vermutung Anlaß, daß meine Kolumne nicht nur eine stetig wachsende Leserschar erfreut, sondern hier und da auch etwas bewirkt. Wobei ich gar nicht weiß, ob ich lachen oder weinen soll, denn ein wenig fühle ich mich wie die Kabarettisten, nachdem Helmut Kohl abgetreten war. Selbst wenn man so nicht denken sollte, stellt der Verlust einer Anti-Figur nämlich auch etwas Beklagenwertes dar, weil ein spannendes Thema wegbricht. Die Freude aber überwiegt, daß die FAZ ihren abgedrehten Freßkritiker, Jürgen Dollase, endlich abgesetzt und durch einen wohltuend und nachvollziehbar schreibenden Nachfolger, Herrn Jakob Strobel y Serra, ersetzt hat, der wieder Lust aufs Lesen und Genießen macht. Wenn man diesen drastischen Qualitätsunterschied sieht, fragt man sich schon, wie es möglich war, daß Dollase so lange sein Unwesen treiben durfte. In einem Leserbrief der heutigen FAZ beschreibt eine Dr. Lona Tobien exakt das Erlebnis, daß ich auch hatte, daß man beim Lesen nämlich zunächst dachte, Dollase sei geläutert, um dann festzustellen, daß ein neuer Autor die Gaumenfreuden beschreibt. Solch‘ nette Überraschungen wünscht man sich häufiger. Es gibt ja noch Berthold Kohler! Die Themen werden also nicht ausgehen, denn Einfältigkeit und Hybris vermehren sich leider exponentiell.

In diesem Zusammenhange fällt ein Post der Satire-Sendung „extra3“ zum frühen Tode des auch von mir sehr geschätzten Dr. Roger Willemsen auf, die auf Twitter wie folgt kommentieren: „Roger Willemsen ist tot. Deutschlands IQ sinkt um zehn Prozentpunkte.“. Manchmal könnte man wirklich den Eindruck gewinnen, als hinge die Exzellenz in unserem Lande nur an den wenigen bekannten intelligenten Menschen. Deshalb bekräftige ich die Forderung aus meiner Kolumne vom 27.01.2016, daß sich der Geist dem Volke endlich wieder mehr zeigen muß.

Zuletzt noch ein Gedanke zum Rauchen! Am Sonntag hat mich eine mittelschwere Erkältung aus dem Rennen der Tollen Tage genommen. Mit Sicherheit die Folge der Tatsache, daß wir Raucher gezwungen werden, auch bei unwirtlichsten Bedingungen die Gebäude zu verlassen und unserer Sucht ungeschützt im Freien nachgehen „müssen“. Hat eigentlich schon einmal jemand über den volkswirtschaftlichen Schaden nachgedacht, der dadurch angerichtet wird!? Umdenken wäre hier durchaus angebracht! Aber im Zweifel wird es eher noch schlimmer! Wenn demnächst der Verzehr von Schweinshaxen und Eisbein in geschlossenen Räumen verboten werden wird, gesellen sich auch noch die dicken Nichtraucher zu unserem Krankenlager. Dann brauchen wir nur noch auf die Trinker und Freier zu warten, und alle Laster sind im großen Bett vereint.

Der Gesellschaft „Gute Besserung“ und meinen Lesern

gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

 

 

 

 

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wolfsgeheul.eu vom 05.02.2016

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Meine ursprünglich so hohe Meinung vom Karnevalstreiben hat gestern einen kleinen Knacks bekommen.

Zuerst das Positive! Die meisten Menschen verkleiden sich im Karneval in jeder erdenklichen Weise. Das geht von recht phantasielos bis zu ausgesprochen mutig, kreativ und ausgefallen, aber alle eint der Wunsch und das Bemühen, für ein paar Stündchen aus dem Alltag auszubrechen. Sodann zeigt sich in erfreulicher Weise, daß die Teilnehmer am Karnevalstreiben einen ausgeprägten Hang zu friedlicher aber ausgelassener Bewegung haben und diesem mit Solo-, Paar-  oder Gruppentanz wie Polonaise oder Sirtaki Ausdruck verleihen und Befriedigung verschaffen. Auch das gemeinschaftliche, überwiegend erstaunlich textsichere Mitsingen der gespielten Lieder ist wunderbar in seiner befreienden und beglückenden Wirkung.

Genau hier jedoch setzt aber auch meine kleine Enttäuschung an. Bekanntermaßen halte ich große Stücke auf das karnevalistische Kölner Liedgut, welches im gesamten Rheinland bekannt ist und mit dem man meines Erachtens einen kompletten Tanzabend in dieser jecken Zeit bestreiten kann. Daß ein Plattenaufleger zur Abwechslung oder besonderen Bewegungsanheizung zusätzlich ein bißchen Rock and Roll und Gassenhauer wie „Marmor, Stein und Eisen bricht“ einstreut, dagegen ist natürlich nichts einzuwenden. Aber was haben im Karneval „Stars“ der sogenannten Ballermann-Hits, die mir überwiegend nicht bekannt sind, die man aber sofort an ihrer einfachen musikalischen Struktur und ihren primitiven Texten erkennt und die tatsächlich reihenweise zur offensichtlichen Freude eines Großteiles der Anwesenden am gestrigen Tage im Justizzentrum in Aachen aufgelegt worden sind, zu suchen!?

Nur ein kleines Textbeispiel eines mir bis dato unbekannten Vertreters dieser Gattung, Peter Wackel – wie lustig -, der wohl auch den „Hit“ „Scheiß drauf“ geschrieben hat, aus dem Refrain des Liedes „Joana“, wobei die in Klammern stehenden Passagen nur vom Publikum gegrölt werden, möge verdeutlichen, was ich meine:

„Joana, (du geile Sau)
geboren um Liebe zu geben (du Luder)
Verbotene Träume erleben (du Drecksau)
Ohne Fragen an den Morgen danach aha aha“

Und das in den heiligen Hallen der Justiz in Anwesenheit und unter Mitwirkung von Organen der Rechtspflege und deren dienstbaren Geistern!

Im Gegensatz zu den meisten anderen, auch nicht immer hochstehenden Kollektivspäßen, verkörpern diese „Hits“ wirklich ein unterirdisches Niveau, welches einen darob eigentlich wegen überwiegender innerer Abscheu auch nach reichlich Alkohol nicht mitreißen sollte. Diese nach meinem Verständnis natürliche oder zumindest mit einem gewissen Bildungsniveau zwangsläufig einhergehende Hemmschwelle existiert aber offensichtlich nicht mehr. Wie aber wollen sich mutmaßliche Vertreter der bürgerlichen Mitte noch über den abschaumartig sich gerierenden Teil der Gesellschaft à la Pegida erheben, wenn sie selbst in solch‘ ausgelassenen Situation ohne zu zögern ihren Stolz über Bord werfen und mittun!?

Wer sich nicht an die eigene Nase faßt, ist in der Funktion des Kritikus und Oberlehrers fehl am Platze.

Das zu bedenken gebend wünsche ich noch eine schöne Session.

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

P. S.: Aktuell: Liebe Öcher, wenn ihr wissen wollt, wie intelligenter sowie niveauvoller – muß es ja auch geben – und trotzdem lustiger Karneval geht, schaut mal bei „Mainz bleibt Mainz“ rein! Respekt, selbst wenn es nicht mein Rheinland ist! Trotzdem und gerade deshalb denke ich gerne an meine kurze Wiesbadener und Rheingauer Zeit zurück.

 

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