wolfsgeheul.eu vom 02.12.2016

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Wir lassen uns das Feiern weder verbieten noch vermiesen.

Heute treffen sich vier Männer, die drei der Künstler-ARGE „Ensemble“ und ihr Galerist, zur ganz privaten Finissage ihrer „Massemblage“ bei Wasser und Brot, nein, bei Wein und Speis‘, um noch einmal auf die großartige Zusammenarbeit anzustoßen, obwohl sich der wirtschaftliche Erfolg gelinde gesagt in Grenzen hielt, wenn man Verlust betriebswirtschaftlich richtig nicht unter den Terminus Erfolg subsummiert. Dafür waren die durchweg positive Resonanz und der Applaus der zahlreichen Besucher sowie die geradezu überschwängliche Würdigung durch den Laudator am Abend der Austellungseröffnung und im Nachgang in der lokalen Presse – siehe in meiner Facebook-Chronik – Labsal genug.

Für mich war es obendrein der erste ernstzunehmende Ausflug in die Kunst, so daß mir allemal zur Freude Anlaß gegeben ist.

Nur, welches Phänomen durfte ich da bei meiner Premiere erleben? Zwei studierte und erfahrene Künstler – der Maler Harald Klein und der Komponist Dr. Johannes Sistermanns – beschließen ein gemeinsames Projekt zur Aachener Kunstroute 2016, bei dem auch das Wort einbezogen werden soll, und erwählen in mir den Sprachakrobaten, um ein Multiple aus Bild, Klang und Wort zu entwickeln und auf die Beine zu stellen. Ein erstaunlich reibungsloser Prozeß setzt sich in Gang, beginnend mit der Themenfindung, die sich unglaublich leicht und unangestrengt bei Kölsch und rustikalen Speisen „Bei d’r Tant“ entwickelte und sehr unkompliziert abgesegnet wurde. Danach machte jeder das Seine, ohne daß es irgendwelcher inhaltlicher Abstimmungen bedurfte, und zum Schluß stand ein Werk – ich getraue mich, das unbescheiden selbst zu konstatieren -, das sich sehen und hören lassen konnte und kann. Der Rest war profane und zum Teil chaotische Organisation, die auf wundersame Weise – wie zumeist im Leben – alles auf die (letzte) Minute an Ort und Stelle sein ließ. Es folgten drei rauschende Tage Kunstroute und ein weiterer Austellungs-Monat in der Galerie gundolf b. in Aachen. Sowohl unser Gastgeber, Gundolf Bruchhaus, als auch wir Ensemble-Mitglieder haben bereitwillig Fragen beantwortet und – soweit nötig und möglich – Erläuterungen gegeben, und fast immer war die Reaktion sehr interessiert oder gar begeistert. Wir haben für die Besucher ein bleibendes Erlebnis kreiirt, und das lag eben nicht nur an der guten Atmosphäre, die wir geboten, sowie dem edlen Wein, den wir gereicht haben.

Aber, obwohl es vielfältige, durchaus nicht überteuerte Möglichkeiten gab, die erlebte Kunst auch nach Hause zu tragen und dort weiterwirken zu lassen, wurde davon kein Gebrauch gemacht. Also war es doch alles Käse!? Haben wir uns und unser Schaffen überschätzt? Das kann und will ich nicht glauben.

Als hätten wir ihn bestellt, springt uns dieser Tage Bernd Schultz, der Gründer des Auktionshauses Villa Grisebach in einem Gespräch mit der Berliner Morgenpost zur Seite:

„Unter den jungen Sammlern gibt es nicht mehr die richtigen Connaisseure, wie ich sie von früher kenne. Früher waren die Sammler kenntnisreicher, die intensive Beschäftigung für die Künstler, für das Medium gehörte dazu.“

Na, das tröstet uns doch! Man holt sich zwar eventuell noch Appetit bei Kunst, die Arbeit macht, weil sie eine Auseinandersetzung mit ihr und deren Machern fordert, aber am Ende kauft man, wenn überhaupt, gefälliges Einerlei. Ist also der Lackmustest für ernstzunehmende Kunst ihre schwierige Vermarktbarkeit? Zeigt sich auch hier die zunehmende Oberflächlichkeit und das Fehlen von Willen sowie die Schwäche, sich etwas zu erschließen? Greift man deshalb in der Politik vermehrt zur Vereinfachung und ruft lieber „Ausländer raus!“ und „Kopf ab!“ statt „Einwanderungsgesetz!“ und „Kopf an!“? Wird die Welt gar nicht komplizierter, sondern einfacher und damit grober?

Sei’s drum! Wir lassen gleich die Gläser klingen und den Gaumen hüpfen und freuen uns darüber, das wir es gewagt und umgesetzt haben. Dieses Erlebnis nimmt uns keiner, und das lassen wir uns sowieso nicht abkaufen, weil es unbezahlbar ist.

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

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wolfsgeheul.eu vom 23.09.2016

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Drei beileibe nicht unterbeschäftigte Alphatiere sollen künstlerisch ein, nein, sogar das „Ensemble“ bilden können!? Und ein Vierter dieser Gattung soll der gastgebende Galerist der „Massemblage“ genannten Ausstellung sein!? Das hört sich eher nach Karambolage an. Das kann nicht gutgehen.

Doch, es kann! Es macht natürlich sehr viel Arbeit, gefühlt fast mehr als der jeweilige individuelle Teil des Schaffens des eigenen Beitrages. Vier ausgeprägte Charaktere unter einen Hut zu bringen, dazu bedarf es Gelassenheit und eines gehörigen Maßes an gegenseitiger Rücksichtnahme. Einige Treffen, unzählige E-Mails, Mißverständnisse und dutzende unbeantwortete oder ungeklärte Fragen weiter steht und hängt trotzdem alles, und die Besucher können kommen. Der Rest klärt sich beim Verputz. Und wir reden, lachen, speisen, trinken immer noch miteinander und necken uns obendrein bei nahezu jeder passenden Gelegenheit. Ein Spaß und gleichzeitig eine Herausforderung für Geist, Seele und Herz! Vielleicht sind wir nicht repräsentativ. Vielleicht liegt es an unser aller fortgeschritterem Alter. Vielleicht hatten wir auch nur Glück. Aber wenn es irgendwo gelingt, dann nach meinem Eindruck am ehesten unter Künstlern. Denn bei aller Ernsthaftigkeit haftet der Kunst doch etwas Leichtes – nicht Flüchtiges – an. Dem Spannenden, Geheimnisvollen und Schönen dienen und nachzuspüren ist zwar für die Macher Arbeit, aber auch, wie für die Konsumenten, ein Lebenselixier, jedoch nicht im Sinne des täglichen Brotes allein, sondern im Sinne auch des Sahnehäubchens auf dem Alltag, des schleckbaren Lohnes des außerhalb des Gewöhnlichen liegenden bzw., nüchtern gesprochen, nicht – außer für den Nur-Künstler – lebensnotwendigen  und vorallem unerwarteten, geschweige denn von irgendjemandem geforderten Werkes.

Goethe rät der Kunstwelt in „Wilhelm Meisters Wanderjahre“ zur Geselligkeit und eventuell sogar Gemeinsamkeit auch und gerade als Quell‘ der Inspiration:

»Zu erfinden, zu beschließen,
Bleibe, Künstler, oft allein;
Deines Wirkens zu genießen,
Eile freudig zum Verein!
Hier im Ganzen schau‘, erfahre
Deinen eignen Lebenslauf,
Und die Taten mancher Jahre
Gehn dir in dem Nachbar auf.

Der Gedanke, das Entwerfen,
Die Gestalten, ihr Bezug,
Eines wird das andre schärfen,
Und am Ende sei’s genug!
Wohl erfunden, klug ersonnen,
Schön gebildet, zart vollbracht –
So von jeher hat gewonnen
Künstler kunstreich seine Macht.

Wie Natur im Vielgebilde
Einen Gott nur offenbart,
So im weiten Kunstgefilde
Webt ein Sinn der ew’gen Art;
Dieses ist der Sinn der Wahrheit,
Der sich nur mit Schönem schmückt
Und getrost der höchsten Klarheit
Hellsten Tags entgegenblickt.

Wie beherzt in Reim und Prose
Redner, Dichter sich ergehn,
Soll des Lebens heitre Rose
Frisch auf Malertafel stehn,
Mit Geschwistern reich umgeben,
Mit des Herbstes Frucht umlegt,
Daß sie von geheimem Leben
Offenbaren Sinn erregt.

Tausendfach und schön entfließe
Form aus Formen deiner Hand,
Und im Menschenbild genieße,
Daß ein Gott sich hergewandt.
Welch ein Werkzeug ihr gebrauchet
Stellet euch als Brüder dar;
Und gesangweis flammt und rauchet
Opfersäule vom Altar.«

Das haben wir beherzigt und tatsächlich etwas Gemeinsames auf die Beine gestellt. Wir – so scheint es mir – sind alle letztlich tief zufrieden. Diese positive Erfahrung möchte ich nicht missen.

Jetzt müssen die Menschen nur noch zu uns streben, denn ohne Aufmerksamkeit und öffentliche Wirkung ist das Ganze – so ehrlich muß man unabhängig vom jeweiligen Eitelkeitsgrad sein – gelinde gesagt nicht vollkommen.

Und, liebe Besucher: Der Lohn des Künstlers ist der Applaus, denn nur in der Not schmeckt die Sahne auch ohne Brot! Es ist eben nicht alles Wurscht.

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

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