wolfsgeheul.eu vom 29.01.2017

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Mitten in der Hochzeit des Karnevals begehe ich demnächst mein 6-jähriges Aachen-Jubiläum. Ein guter Anlaß, meiner neuen Heimat einmal zu huldigen!

Als gebürtiger Düsseldorfer halbrheinischen Blutes, der bei allen „Abwegen“ über Iserlohn(Sauerland), Hilchenbach(Siegerland), Münster(land), Germering(München), Limbach-Oberfrohna(Sachsen) und nach zwischenzeitlichen rheintreuen Stationen in Haan(Kreis D’dorf), Krefeld(Niederrhein) und mit hessischen Abstrichen Eltville(Rheingau) im fortgeschrittenen Alter in 2011 nach NRW, dem Bundesland seiner Geburt und überwiegenden Heimat, zurückkehrt, stand für mich außer Frage, daß Aachen dem Rheinland am nächsten kommt und gleichzeitig eine spannende und bewußtseinserweiternde Nähe zum Eifeler Bergvolk, dem oberen Belgien und den unteren Niederlanden(Limburg) aufweist. Daß die Euregio Rhein-Maas noch nicht so lebt, wie ich es erhofft und ungeprüft vorauseilend positiv unterstellt habe(s. Kolumne vom 30.09.2015), ändert nichts daran, daß, wenn man es will, daraus ungeheure Vorteile zu ziehen sind und es sehr genußvoll sein kann, hier zu leben. Und daß die Mentalität genauso wie der Dialekt im besten Sinne rheinisch sind, ist ebenfalls unstreitig.

Was ich aber von Beginn an unterstellt habe und letztlich wußte, ist, daß der Öcher Karneval gleich dem Düsseldorfer in Bezug auf jeckes Liedgut an irgendeinem Punkt vor langer Zeit den Anschluß an die kreativen und fähigen Kölner verloren hat, so daß für einen guten Rheinländer, egal wo er herkommt und domiziliert, karnevalistisches Treiben ohne kölsche Lieder undenkbar ist. Die Texte beherrscht man in der gesamten Region von der ersten bis zur letzten Zeile und ohne sie ist der Fastelovend nichts wert. Das zu akzeptieren fällt den Abgehängten immer wieder neu schwer, aber es erscheint nahezu unmöglich, jemals wieder den Anschluß zu finden, geschweige denn ernsthaft in Konkurrenz zu treten. Als Düsseldorfer sehe ich das völlig gelassen, weil ich eine bessere Leistung problemlos anzuerkennen vermag und jedem Abklatsch vorziehe. Leider sind nicht alle dazu in der Lage, was in Aachen zum Beispiel dazu führt, daß zu Karneval mancherorts auch primitive mallorkinische Stimmungsmusik gespielt wird.

In dieser Session aber gibt es ein Lied auf der Prinzen-CD 2017, das erstens nett und gut zu singen und dem zweitens von der Aussage her zuzustimmen ist. Der Text lautet wie folgt:

„Ich kenn viele andere Orte, deren Name größer klingt Doch es gibt keine andere Stadt, in der man schon beim reden singt und wo man singt da lass Dich nieder, haben viele schon gesagt Wer mal fort war der kommt wieder und dann wird Partyyy gemacht

Refrain:
Ich will nach Aix – (CHOR) lalalala, la Chapelle zurück – (CHOR) lalalala. In keiner anderen Stadt find ich mein Glück Ich brauch die Oecher Luft zum Atmen, bin nach Oecher Flair verrückt. Ich will nach Aix – (CHOR) lalalala, la Chapelle zurück.

Nirgendwo hab ich gefunden, was ich hier in Aachen fand. Andere Länder um die Ecke, blicke übern Tellerrand! Da war immer diese Sehnsucht, nach der alten Kaiserstadt. Da war immer dieses Lied, das sich in mir gemeldet hat.

Refrain:
s. o.

Langsam glaub ich zu verstehen, was ich so an Aachen schätz. Kommst de heut nicht kommst de Morgen, heißt das Oecher Grundgesetz. In Köln musst Du voll Scham versinken, trinkst Du Pils oder ein Alt. Nur in Aachen kann man trinken, was man will – Hauptsache kalt.

Refrain:
s. o. “ (Anm. des Autors: Text fast unverändert aus dem Netz von der Prinzen-Homepage übernommen; lediglich habe ich mir erlaubt, aus „Scharm“ das gemeinte „Scham“ zu machen)

So sehr mir Feindschaften benachbarter Städte auch Spaß bereiten, so sehr können sie einen manchmal auch langweilen. Helau- und Alaaf-Rufer machen sich übereinander verächtlich und das Altbier wird gegen das Kölsch ausgespielt. Wat’ene Quatsch!

Zwar macht Aachen, gerade auch aktuell, beim Helau-Bashing mit, aber die Freiheit der Getränkewahl hat tatsächlich etwas für sich. Allerdings gibt es merkwürdigerweise, denn die „Braunbier“-Fraktion beginnt schon in Mönchengladbach, noch Nachholbedarf in der tatsächlichen Umsetzung von tolerantem Ausschank von Alt vom Faß in den Traditionskneipen der westlichsten deutschen Großstadt. Aber das Öcher Platt singt tatsächlich noch mehr und schöner als das Düsseldorfer, und Oche ist wirklich eine lebendige Stadt, die von der Lage, ihren Studenten, ihren Nachbarn und ihren sympatischen Ureinwohnern profitiert. Mit diesem Pfund läßt sich wuchern.

Für meine unstete Vita, meine Wurzeln, meine Liebe zum Meer(Nordsee) und meine frankophile Ader bietet Aachen nicht nur Heimatcharakter und Bedienung meiner Vorlieben vor Ort oder in der Nähe, sondern es könnte sogar Altersruhesitz werden.

Alaaf!

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

 

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wolfsgeheul.eu vom 28.12.2016

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Frage Kind: „Mama, wann machen wir denn Bescherung?“

Antwort Frau: „Wenn Deine Mutter wieder nüchtern ist.“

Es gibt Städte, die sich durch besondere Traditionen ihrer Bürger auszeichnen. Als ich vor einem Jahr zu Heiligabend in Frankfurt(s. Kolumne vom 27.12.2015) war, hat mich das „Große Stadtgeläute“ unglaublich beeindruckt. Letzten Samstag nun war ich mit meinem Freund und Co-Künstler Johannes S. Sistermanns aus Bornheim und meinem Sohn auf dem Weihnachtsmarkt im rheinischen Brühl verabredet. Auch wenn dieser Budenzauber eigentlich nicht zu den Ereignissen gehört, die ich besonders gerne besuche, weist der zwischen Köln und Bonn fast ein Alleinstellungsmerkmal auf. Er hat nämlich offiziell an Heiligabend noch bis vierzehn Uhr geöffnet. Nun könnte man denken, daß der durchschnittliche Einwohner kurz vor Kirche und Bescherung etwas Wichtigeres und Besseres zu tun hat, als stehend in der Kälte Alkohol zu konsumieren. Aber das Gegenteil ist der Fall. Die Fußgängerzone ist schwarz vor Menschen und an den Glühweinständen ist praktisch kein Durchkommen. Personen aller Couleur, viele auch mit Kindern, versammeln sich dort in friedlich-fröhlicher Stimmung ohne jede Hatz. Es herrscht eine nahezu karnevalistische Atmosphäre mit Schwätzchen, Lachen und Ausgelassenheit, die nicht im Ansatz ein Gefühl von Weihnachtsstreß aufkommen läßt. Und während die Frauen überwiegend wettergemäße Heißgetränke zu sich nehmen, trinkt oder besser säuft die Mehrzahl der Männer Kölsch in zum Teil durchaus strammer Reihe. Als ich um 13:30 Uhr schon etwas bierselig zur Weihnachtsfeier ins Seniorenheim meiner Mutter entschwinden mußte, hatte man in keinster Weise den Eindruck, als würde sich die Versammlung in einer halben Stunde abrupt auflösen. Warum auch, die Budenbetreiber machen in diesem Tag vielleicht den besten Umsatz der gesamten Weihnachtszeit und gemütliches Zusammensein wird im Rheinland regelmäßig sogar über die Schließzeit hinaus geduldet. Vielleicht auch deshalb, weil ich nicht nur einmal gehört habe, wie neben mir gesagt wurde, daß man an diesem besonderen Tag dort Menschen treffe, die man möglicherweise ein ganzes Jahr nicht gesehen habe. Also ein Muß für den ordentlichen Brühler und eine großartige, äußerst sympathische Tradition, die den Unterschied zu Städten ausmacht, denen es an einem solchen Bürgersinn fehlt.

Obiger, wahrlich nicht untypischer Dialog hat sich im übrigen bereits vor über zehn Jahren an genau diesem Ort zur gleichen Zeit vor meinen Ohren zugetragen. Jede Landsmannschaft hat ihre liebenswerten Eigenheiten, aber der Rheinländer ist schon etwas Besonderes. Es könnte durchaus sein, daß ich nächstes Jahr wieder in Brühl auf das eine oder andere Kölsch vorbeischaue. Prösterchen!

Alaaf und gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

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