wolfsgeheul.eu vom 08.11.2016

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Wenn man selbst schreibt, ergibt sich ein anderer Blick auf die professionell schreibende Zunft. Neben die Beurteilung der Meinung tritt im mindesten gleichwertig die des Stiles. Durch die zusätzliche Kategorie sind damit konsequenterweise die Fälle nicht so häufig, in denen beide Wertungen positiv ausfallen. Wenn es aber geschieht, ringt mir das Respekt ab, und ein klein wenig ist man dann auch neidisch, weil man es nicht eher und gleichgut vermocht hat, sich eines bestimmten Themas zu widmen, wobei ich allerdings vorliegend zu denen gehöre, die den Anlaß gar nicht wahrgenommen haben. Ein solch‘ doppelt positives Werk stellt nämlich die gestrige Kolumne Jan Fleischhauers (s. Link:  http://www.spiegel.de/politik/deutschland/christentum-und-islam-die-unterwerfung-kolumne-a-1120073.html ) dar, die ich hiermit unbedingt zur Lektüre anempfehle. Zwar kann mich Bedford-Strohm nicht enttäuschen, aber daß Kardinal Marx seine Religion, Kirche und sich selbst derart verleugnet, hätte ich niemals für denkbar gehalten. Damit hat er sich meines Erachtens für höhere Weihen disqualifiziert. Schade, ich fand ihn immer ganz erfrischend. Aber hier rächt sich offensichtlich ein Zuviel an populistischer Orientierung. Die wirklich guten haben unverhandelbare Prinzipien und Haltungen, unabhängig davon, ob vorübergehende Nachteile drohen. Vielleicht hätte einen der Name stutzig machen sollen!?

Der Vorgang und seine klare Kommentierung durch Fleischhauer wirft aber eine andere Frage auf. Wenn man nämlich einmal als unstreitig unterstellt, daß Unterwürfigkeit niemals notwendig und angebracht ist, gelangt man zu der Überlegung, ob eine solch‘ scharfe Verurteilung derselben auch in anderen Fällen die Regel ist. Willi Brandt zum Beispiel ist für eine ebensolche Geste, die ich als übertrieben und geradezu schleimig empfunden habe, überwiegend frenetisch gefeiert worden. Gleiches trifft man an, wenn es etwa um Israel und den natürlich bis heute immer noch mitschwingenden Holocaust geht. Aber auch die Zurückhaltung, die ebenfalls nichts anderes als Devotion darstellt, gegenüber China mit Blick auf die die Wirtschaft zählt hierunter.

Wie wäre es also mit einem Grundkonsens, der jede Form von Unterwerfung für obsolet erklärt und bei gleichwohligem Auftreten dieser Haltung – eigentlich ist sie das genaue Gegenteil davon – mit einhelliger, scharfer Kritik überzieht und nicht mit zweierlei Maß mißt?

Das ist mein Wunsch!

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

 

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wolfsgeheul.eu vom 23.09.2015

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Auf SPIEGEL-ONLINE erschien heute eine lesenswerte Kolumne von Jan Fleischhauer unter dem Titel „Weniger Demokratie wagen!“( http://www.spiegel.de/politik/deutschland/zu-dumm-fuer-die-demokratie-kolumne-von-jan-fleischhauer-a-1054099.html#ref=meinunghp ), die ich nahezu vollständig unterschreiben könnte, spränge sie nicht teilweise zu kurz und zeugte sie nicht von einer Überheblichkeit, die ich zwar nachvollziehen und genauso berechtigt wie sympathisch finden, aber letztlich nicht teilen kann.

Aufhänger ist die häufig geführte Klage über die geringe Beteiligung an Wahlen sowie die berechtigte Annahme, daß der Bodensatz – Fleischhauer spricht von „Subproletariat“ – der Gesellschaft dazu neigt, „ganz links“ oder „ganz rechts“ zu votieren. Da das wohl so ist, solle man froh sein, daß dieses „“Pack““ am Wahltag zumeist zu besoffen und/oder zu müde sei, sonst wären „nicht nur gemäßigte Kräfte im Bundestag vertreten“. Mittendrein findet sich dann noch die These, die Bildungsbarrieren sollten nicht gesenkt, sondern vielmehr erhöht werden, weil „nur wer einen geraden Satz schreiben“ könne, „Anspruch darauf, dass man sich mit ihm auseinandersetzt“ habe. Und „ein wenig mehr Bildungsdünkel würde uns mitunter gut tun“.

Gut gebrüllt, Löwe! Das vom Spiegel, das von einem achtbaren Intellektuellen aber mutmaßlichen – im positivsten aller Sinne – Salon-Bolschewisten der Nach-68er-Generation, wo man doch jahrzehntelang gegen Eliten und für Gleichmacherei geschrieben hat!? Es geschehen noch Zeichen und Wunder. Aber späte Einsicht ist besser als gar keine.

Mit der Bildungsthese hat er schon recht. Aber wir ändern doch nicht von heute auf morgen das Bildungsniveau der Gesellschaft in toto, und zum guten Ende wird immer eine äußerst dumme – entweder generell oder in Relation zur Mehrheit – Unterschicht bleiben. Diese müssen wir wie auch immer stets einbeziehen und in die Gesellschaft holen, wenn wir nicht durch ihr Stimmverhalten Schaden erleiden wollen. Deshalb ist es gerade die Aufgabe der Schlauen, mit jedem zu reden und nicht einen Sprachtest zur Eignung von korrekter Satzbildung vorzuschalten und denen, die durchfallen, die Kalte Schulter zu zeigen. Dieses Gespräch mit Erfolg zu führen, ist vielleicht Spezialisten vorbehalten, aber jedem sollte es grundsätzlich möglich und jeder muß willens dazu sein. Alles andere ist Arroganz und ein Verschließen der Augen vor der Realität. Weitere Ausgrenzung kalmiert nicht, sondern radikalisiert mit unabsehbaren Folgen.

Und die Behauptung, wir hätten nur gemäßigte Kräfte im Bundestag ist schlichtweg falsch. Da sitzen seit der Wende Kommunisten unter der Fahne der Ex-SED, genannt „Die Linke“! Wohl trotz aller Altersweisheit immer noch etwas sehbehindert auf dem linken Auge, Herr Fleischhauer!? Blinde können eben nie wieder richtig sehen.

Letztlich bezweifele ich, daß, gingen alle – also wirklich alle – zur Wahl, wir signifikant mehr nichtgemäßigte Parlamentarier hätten. Ein nicht unbeträchtlicher Teil der Nichtwähler rekrutiert sich nämlich auch aus dem gemäßigten Bürgertum, das einfach zu satt und ignorant ist und deshalb ihrer Bürgerpflicht nicht mehr nachkommt. Selbst wenn der Anteil von Extremisten zunähme, ginge der Mittelbau mit Sicherheit derart gestärkt aus Vollbeteiligungswahlen – ich plädiere daher übrigens für eine Wahlpflicht – hervor, daß wir uns vor den Randerscheinungen nicht mehr, sondern eher sogar weniger fürchten müßten, zeigt doch abgesehen von der Partei „Die Linke“, die erstaunlicherweise eine Ausnahme darstellt, die Erfahrung, daß extremistische Parteien über kurz oder lang im parlamentarischen Alltagsbetrieb ihre Unfähig- und Nutzlosigkeit unter Beweis stellen und wieder verschwinden. Wir sollten uns daher vielleicht sogar wünschen, daß für ein für alle lehrreiches Interim die eine oder andere unappetitliche Gruppierung einmal mitmachen, letztlich aber scheitern darf. Die wählt danach nämlich keiner mehr, wohingegen solche Un-Parteien in der APO eine viel längere Lebensdauer aufweisen und von dort weit mehr Schaden anrichten können.

Mein Fazit aber ist, daß ich erfreut zur Kenntnis nehme, wie klug die Altlinken geworden sind und wie nah wir inzwischen beieinander liegen. Mit ein bißchen Feinschliff und Konsens hätten wir in Deutschland definitiv ein schlagkräftiges Bürgertum, daß unsere freiheitlichen Werte wirksam verteidigen kann. Reden wir also mehr miteinander, aber vergessen wir dabei nie, auch mit den Abgehängten zu reden.

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

 

 

 

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