wolfsgeheul.eu vom 14.02.2017

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Mir ist keine Ritterrede anläßlich der Verleihung des Ordens wider den tierischen Ernst erinnerlich, bei der der Ausgezeichnete selbst in den ersten Sätzen den schlagenden Beweis antritt, daß er die Würdigung nicht verdient.

„Es gibt eine Gemeinsamkeit von dem einen untergegangenen und dem anderen noch existierenden deutschen Staat, und die Gemeinsamkeit besteht darin, daß ich von beiden keine staatliche Auszeichnung erhalten habe. Von dem einen ist das auch nicht mehr möglich, und bei dem anderen ist es auch verzichtbar.“

Was will uns Herr Dr. Gysi damit sagen? Zum einen läßt das Wörtchen „noch“ tief blicken. Glaubt der Altkommunist nicht an den ewigen Fortbestand der freiheitlichen Demokratie in Deutschland oder wünscht er sich gar deren Ende herbei? Liegt sein Trachten also eventuell darin, das untergegangene diktatorische Deutschland wieder auferstehen zu lassen? Fraglich scheint auch, ob ein Abgeordneter des Bundesparlamentes wirklich hinter einem Staat steht, dessen Auszeichnungen er für „verzichtbar“ erklärt, was wohl wie eine vorauseilende kategorische Ablehnung verstanden werden muß? Und hätte er vielleicht doch gerne einen Orden des Unrechtsstaates erhalten? So klingt ein Bekenntnis zum Grundgesetz jedenfalls nicht. Eine Selbstdiskreditierung – eigentlich ist der Ausdruck falsch, da zumindest ich ohnehin zu keinem Zeitpunkt Vertrauen in ihn gesetzt habe – erster Klasse!

Und fest steht wohl, daß der real existierende „IM Notar“ „im Februar 1985 anläßlich des 35. Jahrestages der Stasi-Gründung eine Urkunde und eine Münze“ erhalten hat, wie der Spiegel in einem mit „stk/AFP“ unterzeichneten Artikel am 17.02.2013 berichtete. Wenn also wider alle Erwartung doch eine Personengleichheit zwischen Gysi und dem „IM Notar“ bestünde, hätte der frisch gekürte Ritter in seiner Rede zusätzlich sogar gelogen. Aber hier wird die Wahrheit wohl niemals ans Licht kommen, denn bisher hat sich der feine Advokat aus jeglichem diesbezüglichen Vorwurf herauswinden können. Die Stasi wußte schon, wie sie die kurze Zeit des Überganges zwischen Untergang und Neuausrichtung nutzen mußte, um wichtige Dokumente und Beweise auf ewig verschwinden zu lassen.

Trotzdem konnte der Verdacht einer Tätigkeit für die Staatssicherheit bisher genausowenig endgültig ausgeräumt werden, wie der – s. Kolumne vom 22.06.2016 – des Parteiverrates. Bei aller Achtung der Unschuldsvermutung sieht eine vollständige Entlastung anders aus.

Es bleibt für mich demnach dabei, daß die Wahl des AKV für Gysi als Ritter einen Fehlgriff der Extraklasse darstellt. Schlimmer noch, der Ordensträger hat zusätzliches Material geliefert, um diese Auffassung zu stützen.

Die vermeintlich karnevalistische Veranstaltung, die Teil der Aachener Reputation ist, hat sich einen Bärendienst erwiesen.

Aber offensichtlich bin ich der Einzige, der sich daran stört. Das ist traurig und zeigt die Oberflächlichkeit unserer Gesellschaft. Wenn man aber in populistischer Verblendung seine Feinde nicht mehr erkennt, kann das durchaus auch einmal richtig gefährlich werden. Cave!

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

 

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wolfsgeheul.eu vom 11.01.2017

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„Eine derartige Schwächung ist auch das Ziel des Gedankens der Gewaltentrennung gewesen; die Gewaltentrennung erschien als der beste Garant des bürgerlichen Freiheitsgedankens. Mit der Gewinnung eines einzigen Willens- und Handlungsträgers der Volksordnung ist die Trennung und Hemmung der Gewalten überwunden. […] Innerhalb der Volksordnung aber sind die Gewalten vereinigt in der Person des Führers; sie sind damit zu einer echten Gesamtgewalt, der Führergewalt geworden.“

Diese unerträglichen Ausführungen – weitere erspare ich mir – stammen aus dem 1937 und ihr Verfasser war das zu diesem Zeitpunkt bereits 36-jährige NSDAP- und SA-Mitglied Theodor Maunz, der – wie auch immer – nach dem Krieg zum führenden Verfassungsrechtler und Grundgesetzkommentator der demokratisch verfaßten Bundesrepublik Deutschland, in der die Gewaltenteilung richtiger- und glücklicherweise wieder maßgeblicher konstitioneller Grundsatz wurde, avancierte. Wäre er nicht wegen seiner NS-Vergangenheit 1964 nach rund sieben Jahren Amtszeit als bayerischer Kultusminister zurückgetreten worden, hätte er nach 1945 eine untadelige Karriere hingelegt.

Als Student der Rechtswissenschaften habe ich mich an diesen Tatsachen energisch gerieben, mit dem heutigen Abstand muß man vielleicht pragmatisch sagen, daß ein ausgewiesener Fachmann eben in jedem System sein Bestes zu geben vermag, wenn man ihn läßt. Und Ideologien sind für manche Menschen halt austauschbar, sie durchlaufen keine Läuterung, sondern passen sich einfach stante pede an die neuen Verhältnisse an, offenbar sogar ohne dem Alten in irgendeiner erkennbaren Weise nachzuhängen. So schwer es auch fällt, eine andere Würdigung ist wohl gar nicht möglich.

Wie komme ich auf dieses Thema? Der gerade verstorbene Roman Herzog hat bei Maunz promoviert, war sechs Jahre lang sein Assistent und später Mitautor- und herausgeber des Standard-Kommentars zum Grundgesetz „Maunz/Dürig“.

Und, hat es ihm geschadet? Offensichtlich in keinster Weise, wenn man eine grundkonservative Prägung nicht als Schaden ansieht! Der Ex-Bundespräsident Herzog ist vollkommen berechtigter Weise allseits in höchsten Tönen gewürdigt worden. Wir verlieren mit ihm einen der leider seltener werdenden Vertreter der kantigen, unbequemen Spezies, der seine Meinungen und Ideen unverblümt kundtat und mit Nachdruck zu vertreten in der Lage war, was auch und gerade bedeutete, darüber auf hohem Niveau zu streiten, im Sinne des Ringens um die beste Lösung.

So wird man Roman Herzog ein ehrendes Andenken bewahren und weiterhin Ausschau nach adäquaten Nachfolgern halten. Es muß sie doch geben!

Und dem akademischen Ziehvater ist unabhängig von seiner zweifelhaften Biographie im Dritten Reich zu danken dafür, daß er mitgeholfen hat, Roman Herzog zu dem zu machen, den wir die Freude hatten, erleben zu dürfen.

Wer hätte gedacht, daß ich das einmal sagen würde!?

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

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