wolfsgeheul.eu vom 02.08.2015

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Johann Baptist(genannt: Hans) Zehetmair ist Baujahr 36, gelernter Gymnasiallehrer unter anderem für Deutsch, ehemaliger Kultusminister Bayerns und von 2004 an Leiter des von der Kultusministerkonferenz eingesetzten Rechtschreibrates. Da, so meint man, paßte endlich einmal die Qualifikation eines Politikers mit seinem Amt zusammen. Denkste!

Zwanzig Jahre nach der auch von ihm zu verantwortenden und gebilligten unsäglichen Rechtschreibreform und im Angesicht des Lebensendes gesteht der Katholik Zehetmaier, im Gesamtbild eher ein Hardliner,  öffentlich in der „Zeit“, daß die Reform „überflüssig“ gewesen sei und macht sich den Vorwurf, „dass ich als Kultusminister nicht frühzeitig die Tragweite erkannt und die Reform in geordnete Bahnen gelenkt habe.“. Klasse, seit wann kann und darf man bei Protestanten beichten!? Oder wählt Zehetmair diesen Weg, weil er weiß, daß er in seiner Kirche eher keinen Geistlichen finden würde, der ihm diesbezüglich Absolution zuteil werden läßt?

Nehmen wir das Positive. Immerhin einmal ein Expolitiker, der zu Lebzeiten eingesteht, Fehler gemacht zu haben! Das ist nicht üblich. Normalerweise trägt man bis zur Bahre seine Orden stolz vor sich her und verteidigt jede noch so blödsinnige, einfach falsche oder sogar katastrophale Entscheidung bis aufs Blut und zum Sterbebett, um das eigene Denkmal nicht ins Wanken zu bringen und lebenden Auges untergehen sehen zu müssen. Also gebührt ihm Dank und Respekt! Trotzdem muß die Frage erlaubt sein, wie es so weit überhaupt kommen konnte, unterstellt, daß alle, demnach auch Zehetmair, im Vollbesitz ihrer geistigen Kräfte waren, als sie die Rechtschreibreform beschlossen. Bei aller eingestandenen Fehlbarkeit des Menschen, so etwas darf nicht passieren.

Und wenn die Politik schon Unsinn – und das ist dezent formuliert, denn die eigentlichen Betreiber der Reform waren sozialistische Gleichmacheridelogen, was Zehetmair aber zusätzlich auf den Plan hätte rufen und Mehrheiten für die Blockade finden lassen müssen – verbricht, dann muß sich doch das Korrektiv aus dem Widerstand der im positiven und freiheitlichen Sinne „Intelligenzia“ erheben und kämpfen bis zum Umfallen. Umfallen!? Stimmt, da war einmal meine FAZ, die richtigerweise und trotzig verkündete, den Quatsch nicht mitzumachen, und heute schreibt sie „daß“ auch mit „ss“, beklagt aber gleichzeitig am letzten Samstag auf Seite 1 mit einem großen Leitartikel von Heike Schmoll „dass die Rechtschreibreform ein Indiz für eine allgemeine Nivellierung im Denken ist, deren Folgen nicht nur im Bildungssystem ruinös sind.“. Recht hat sie. Aber dann bleibt auch konsequent, es kann doch nicht angehen, daß meine Kolumne das kleine gallische Dorf ist, das sich der Volksverdummung widersetzt!?

Und, Herr Zehetmair, Absolution kann ich mangels Amt und Autorität – zum Glück – leider auch nicht erteilen. Manchen Gram muß man auch mit sich ausmachen und mit ins Grab nehmen. Geschieht ihnen recht. Trotzdem alles Gute und Dank!

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

 

 

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wolfsgeheul.eu vom 07.07.2015

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Die Verwandlung

Man stelle sich vor, ein Mann wacht morgens auf, (sieht keinen Rollstuhl neben seinem Bett,) erhebt sich mühsam, schlurft schlaftrunken Richtung Bad, öffnet die Tür und es trifft ihn fast der Schlag. Wo früher die Designerwanne frei im Raum stand, macht sich ein gläsener Eßtisch umringt von zehn weißledernen Chromfreischwingern lang, anstatt des opulenten Doppelwaschtisches findet er eine breite, schwarze Schleiflackanrichte für die Audio- und TV-Technik vor, die ehemalige Glasdusche hat sich mit mehreren Glasböden in eine beleuchtete Vitrine mit Ferrarimodellen, Grappaphiolen und anderem Schnickschnack darin verwandelt, anstelle der kleinen Dampfsaunakabine brummt ein Weinschrank mit Glasfront leise vor sich hin, der Eckwhirlpool ist einer puristischen Sofalandschaft gewichen und statt Toilette und Bidet prunkt der obligatorische Eames Lounge Chair mit passendem Hocker. An den Wänden hängen wenige minimalistische Litographien. Wenn der besagte Mann belesen wäre, liefe er Gefahr, verrückt zu werden. Wie konnte es so weit kommen? Langsam erinnert er sich.

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Obige, verstörende Geschichte spielt sich in der Zukunft ab. Ihren Anfang nimmt sie heute nach der Lektüre der FAZ. Irgendein vermögendes, bücher- und kulturlos lebendes Pärchen sitzt im karg möblierten Penthouse, und er – wie schon so oft – träumt den Traum von einer schönen Sauna, wie man sie auch gestern wieder bei Freunden neidisch bestaunen durfte. Er grummelt verärgert, man habe aber leider dafür keinen Platz im Bad, und versucht sich wenig erfolgreich damit zu beschwichtigen, daß man es doch auch so ganz schön und komfortabel habe. Da fällt sein Blick auf Seite T2 des „Technik und Motor“-Teiles und er beginnt zu frohlocken. „Schwitzen im Wandschrank“ lautet die Überschrift und unter dem Artikel ist ein zu dreivierteln verglaster Edelholzschrank im Wohnambiente abgebildet. Begierig liest er den Bericht, für den zwar eine Monika Schramm verantwortlich zeichnet, der aber mutmaßlich überwiegend aus den Werbeunterlagen der Firma Klafs abgeschrieben wurde. Da gab es wohl viel Champagner, edle Häppchen und nette Giveaways bei der Präsentation der neuen Sauna S1!? Jedenfalls hat es die nahezu komplette Lähmung der journalistischen Ehre bewirkt, so daß es gerade für die Überschrift gereicht hat und danach als eigener Satz noch „Den versammelten Zuschauern entlockte das ein staunendes „Aa-aahhh““ folgt. Nicht unter Drogen stehende Schreiberlinge hätten doch mit großer Sicherheit schallend gelacht und danach irgendetwas Witziges oder Kritisches statt Werbung zu Papier gebracht!?

Die tolle, führende Schwitzkastenbude Klafs hat in dreijähriger Entwicklungszeit – hört, hört, es war also Zeit genug, das Projekt als schwachsinnig zu erkennen und zu stoppen – dieses sensationelle Produkt S1 entworfen; in drei Längen und Holzvarianten erhältlich ist der schrankähnliche Körper im Normalzustand 2,11 Meter hoch und nur 60 Zentimeter tief und läßt sich bei Bedarf zur Nutzung auf 1.6 Meter ausfahren. Der Kasten ist nur als Sauna zu gebrauchen, was man auch durch die Glasfront unschwer erkennt; wer es nicht sehen will, kann – für ein Wohnzimmer mit Schlafraumambiente auch ein großartiger Einfall – verspiegelte Scheiben ordern. Die Idee ist, daß der moderne Städter keinen Keller und kein ausreichend großes Badezimmer besitzt und deshalb nicht nur geneigt, sondern begierig ist, endlich den unbändigen Saunawunsch im Wohnraum verwirklichen zu können.

Vielleicht wäre es für die FAZ eine amüsante Idee, demnächst in loser Folge uns die reichen urbanen Idioten vorzustellen, die sich diesen kostspieligen Apparat tatsächlich zulegen und damit ihren „living room“ verschandeln.

Man sieht Mutti schon mit dem Feudel wedeln, wenn er nach dem ersten Vitrinensaunagang, bei dem sie krampfhaft zum Fernseher geschaut hat, um ihren nackten Mann nicht lächerlich im Schrank liegen und schwitzen sehen zu müssen, heraustritt und seinen Schweiß fröhlich auf das Edelholzparkett oder den Seidenteppich rinnen läßt. Auch seine Idee mit den Schüsseln mit kaltem und warmem Wasser vor dem Sofa für die Fußbäder findet ihre Zustimmung nicht. Und wenn er sich das erste Mal in die neben der Sauna platzierte Hydrokultur erleichtert, wird spätestens der Punkt erreicht sein, an dem ihr der Geduldsfaden reißt. Da die teure Edel-Bretterbude aber nirgendwo anders Platz finden kann und nicht zum Steakreifeschrank umgebaut werden soll und dafür auch zu groß ist, wird sich das Paar der normativen Kraft des Faktischen ergeben und nach und nach ihr Wohnzimmer zum Bad umbauen, eine Toilette, eine Schwalldusche mit Wasserschlauch installieren, den Boden kacheln und abwaschbare Ruheliegen statt des schwarzen Ledersofas aufstellen. Der verlorengegangene Wohn- Eßraum wird dann sukzessive in das zwar kleinere aber glücklicherweise trotzdem großzügig bemessene – man hat es ja – Badezimmer verlegt werden. Und so schließt sich der Bogen zur einleitenden Geschichte!

Da mutier‘ ich doch fast lieber zum Käfer.

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

 

 

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