wolfsgeheul.eu vom 21.01.2018

0
0

Purim!?

Zu meiner Schande muß ich gestehen, in den jüdischen Festen und Gebräuchen nicht besonders bewandert zu sein. So habe ich mich ein wenig belesen müssen. Anlaß war eine Meldung der Rheinischen Post(„Mit Heinrich Heine im Zoch: Der erste jüdische Mottowagen“) in der vergangenen Woche, daß im diesjährigen Rosenmontagszug in Düsseldorf erstmalig ein Mottowagen der dortigen jüdischen Gemeinde mitfahren wird, der mit den Mitteln des Humors versucht, Stellung gegen Antisemitismus zu beziehen.

Prima! Aber was ist daran spektakulär?

Der bekannt beste Wagenbauer Tilly wird das in der von ihm gewohnten Klasse umsetzen, und ich bin mir eigentlich sicher, daß dieses leider immer virulente Thema auch in früheren Zügen nicht nur in Düsseldorf schon aufgegriffen worden ist. Außerdem bin ich, ohne mir weiter Gedanken darüber gemacht zu haben, davon ausgegangen, daß der begeisterte Karnevalist im Rheinland trotz der christlichen Wurzeln des Festes unabhängig von der religösen Orientierung (s)eine Leidenschaft lebt, so daß wir insofern längst wieder in der Normalität angekommen sind, daß jeder, der Spaß an der Freud‘ hat, sich im bunten Treiben engagieren kann. Das wird sicherlich auch so sein.

Ebensowenig neu erscheint mir die Tatsache, daß Initiator und Träger eines Karnevalswagens eine religiöse Gemeinschaft ist. Die Nachricht dürfte also im Kern darauf zu reduzieren zu sein, daß die jüdische Gemeinde Düsseldorfs in ihrer Gesamtheit sich zum ersten Male am Rosenmontagszug beteiligt. Wir reden demnach über Antisemitismus und zeigen gleichzeitig immer noch eine gewisse Verkrampftheit im Umgang mit unseren jüdischen Mitbürgern. Wann wird das endlich aufhören!?

Im jüdischen Kalender, das habe ich gelernt, gibt es aber mit dem Purimfest – es feiert die Rettung der persischen Juden – eine Entsprechung zum Karneval, insofern, als man sich dort verkleidet und regelmäßig auch einen über den Durst trinkt. In diesem Jahr fällt es auf den 1. März. In Frankfurt zum Beispiel wird es traditionell öffentlich begangen. Das wäre doch einmal ein Grund zum Fastenbrechen, oder!?

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

0
0

wolfsgeheul.eu vom 12.06.2016

2
0

„Kommt, laßt uns Bekanntschaft schließen.

Laßt die Dinge schlichter fließen.

Laßt uns in Liebe leben.

Niemand überlebt die Welt.“

Dieses nette Gedicht vom Lyriker Yunus Emre hat die Ditib-Gemeinde Aachen zu ihrem Sinnspruch und den Dichter selbst zum Namenspatron ihrer noch im Bau befindlichen neuen Moschee erwählt. In einer kleinen Nachrecherche zu meiner letzten Kolumne habe ich dort gestern vorbeigeschaut und kann sagen, daß ich mich vollends bestätigt sehe. Einem der dortigen Pressesprecher, der als Türke seit 36 Jahren in Deutschland lebt, sind ebenfalls keine belastbaren Zahlen zur Unfallhäufigkeit während des Ramadan bekannt. Interessant ist noch ein Detail, daß nämlich die Ausnahmen zum Beispiel für Reisende trotzdem ein Fastenbrechen darstellen, sprich die Zeiten in eigener Verantwortung nachgefastet werden müssen. Bei meinem Besuch traf ich im übrigen ausschließlich auf freundliche, hilfbereite und auskunftsfreudige Menschen und wurde direkt zu einer am Abend des Samstag stattfindenen Feier eingeladen, an der ich jedoch leider nicht teilnehmen konnte. Angenehm! Allerdings war auch zu spüren, daß sich offensichtlich nicht häufig ein Fremder dorthin verirrt, offen und vollkommen unbefangen Kontakt aufnimmt und Fragen stellt. Hier sind wir noch um einiges von einer Normalität entfernt und, um das zu ändern, müssen beide Seiten vermehrt aufeinander zugehen. Eine weitere Ergänzung sei gestattet. Im Netz findet sich ein Bericht aus der saudischen Millionenstadt Dschidda, in der tatsächlich im Ramadan die Unfälle sich verdoppeln, allerdings nicht wegen der geschwächten Fahrzeuglenker, sondern wegen des immens gesteigerten Verkehrsaufkommen vor Sonnenuntergang, also vor dem abendlichen Fastenbrechen.

Fazit: Das war wohl nichts, liebe FAZ. Und: Pfui, Salzmann, setzen „sechs“!

Einen anderen Vorgang möchte ich ansprechen, den Suizid des Fußballtrainers Sascha Lewandowski. Sein Name war  mir zwar irgendwie geläufig, aber viel mehr auch nicht. Diese, meine subjektive memoriale Wertigkeit deckt sich im übrigen mit der relativen Bedeutungslosigkeit dieses Mannes, so daß ich schon nicht verstanden habe, warum ihm zum Beispiel die FAZ in ihrer Freitagsausgabe einen vierspaltigen Artikel mit großem Bild im Sportteil gewidmet hatte. Darüberhinaus rächt sich wahrscheinlich die Gier nach Aktualität, denn inzwischen verdichten sich die Hinweise, daß der Tote Tage zuvor eventuell sexuelle Handlungen mit einem 12-Jährigen rumänischen Strichjungen ausgeführt hat. Jedenfalls wurde er fast auf mutmaßlich frischer Tat von der Polizei gestellt, kurz in Haft genommen und erkennungsdienstlich behandelt. Im Zusammenhang mit einem angeblich vorliegenden Abschiedsbrief wird jetzt darüber spekuliert, ob der strafrechtliche Vorwurf der Grund für den Selbstmord war. Nun kann Sascha Lewandowski durch seinen Freitod zwar nicht mehr belangt werden, so daß auch das Ermittlungsverfahren einzustellen sein wird, aber es darf gezweifelt werden, ob die Nachruf-Elogen, die im übrigen hauptsächlich darauf rekurrierten, was für ein netter Kerl Lewandowski, der als pikantes Detail übrigens eine lange Zeit seines Trainerlebens im Jugendbereich verbracht hat, doch gewesen sei, genauso ausgefallen wären, wenn die Informationen über mögliche päderastische Abgründe in der Person des Verstorbenen zur Zeit ihrer Veröffentlichung bereits vorgelegen hätten. Stattdessen unbewiesen ein Burnout-Syndrom als Ursache in Betracht zu ziehen, welches im März diesen Jahres zum Ausscheiden des Trainers bei Union Berlin geführt hat, entlarvt sich mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit als Schnellschuß, wenn man nicht so weit gehen will, das Ausgebranntsein zusätzlich als Entschuldigung für einen eventuellen Kindesmißbrauch gelten zu lassen. Geht so seriöser Journalismus bei einem ungeklärten Selbstmord? Unsere reißerische Aufschrei- und Extremtrauergesellschaft neigt zu erhöhter Fehleranfälligkeit. Aber nichts ist ja bekanntlich älter als die Zeitung (und ihr Geschwätz) von gestern.

Nur, seit wann macht meine FAZ da mit und überläßt dieses Feld nicht der Bild-Zeitung, auf die man doch wohl weiterhin berechtigt verächtlich herabblicken möchte!?

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

2
0