wolfsgeheul.eu vom 03.05.2016

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Beuys vertrat die Auffassung, daß jeder Mensch ein Künstler sei. Dagegen meine ich inzwischen, daß jeder Künstler auch nur ein Mensch ist.

Früher hatte ich die glorifizierende Vorstellung, der Künstler sei der Getriebene seiner genialen Veranlagung. Heute glaube ich, daß er genau wie jeder andere seinen Ansprüchen immer hinterherhechelt. Kunst ist nämlich zuallererst einmal solides Handwerk. Wer das nicht erlernt und spielend beherrscht, wird ohnehin kein Großer seines Fachs. Und dann entwickelt sich bei ihm genauso der Kampf mit den inneren Nöten und Begrenztheiten, es beginnt die mühselige Suche nach dem eigenen Weg. Bilder fließen eben nicht einfach aus dem Pinsel und Musik nicht aus der Feder. Das Schaffen von Werken ist ein langer Prozeß von Experimentieren und der Findung eines Konzeptes. Unabhängig von der Frage, ob etwas tatsächlich neu ist, gar überhaupt neu sein kann oder – was wohl richtiger ist – immer nur eine Kombination aus Vorhandenem und Bekanntem darstellt, geht es vor allem darum, ein persönliches Thema, einen eigenen Stil zu finden. Nur dadurch kann es gelingen, herauszuragen und etwas wirklich Einzigartiges zu entwickeln, das hervorlugt aus dem Meer der Mittelmäßigkeit. Der Kopist oder der phantasielose Produzent von Publikumsgeschmack beendet – unabhängig von eventuellem wirtschaftlichen Erfolg – bereits sein Künstlertum, bevor er diese Stufe der Erhabenheit überhaupt erreicht hat. Nur wer weiter an sich und seinem Werk arbeitet, kann ernst genommen werden. Dieses ständige und niemals endende Ringen ist es, das einen echten Artisten zum einen auszeichnet und zum anderen immer wieder auch zermürbt, denn es ist einfach anstrengend, nicht nur als Mensch, sondern auch in seinem Beruf einzig zu sein. Und da genau liegt der Unterschied zu anderen Berufen und Berufungen. Während es in der nichtkünstlerischen Welt ausreicht, seine Arbeit gut zu machen, muß der Künstler sich ständig verbessern und hinterfragen. Und weil er sich nie am Ende einer und seiner Entwicklung sieht, betreibt er sein Tun oft auch viel verbissener, ja muß es vielleicht sogar. Die meisten Künstler sind nämlich nicht – Ausnahmen bestätigen natürlich wie überall die Regel – oder nicht allein die fröhlichen Lebemenschen, sondern eher humorfernere und ernstere Naturen, deren innere Zerrissenheit und Selbstzweifel häufig ans Pathologische grenzen, so daß sie mehr noch als der Mensch generell dazu neigen, ihr Heil in der Bewußtseinserweiterung und Ablenkung zu suchen, was sie anfälliger für Drogen und zu zwanghaften Hedonisten – eigentlich ein Widerspruch – machen kann. Und letztlich muß auch ein Künstler leben, also ganz profan mit seinem Schaffen Geld verdienen. Künstlersein ist für die meisten harte Arbeit, weswegen manche auch viel zu viel über das Entstehen ihrer Kunst und die dahinterstehenden Überlegungen berichten. Eine drängende Bitte um Würdigung ihres überproportionalen Einsatzes und der Ruf nach Ernstgenommenwerden! Ist das wirklich beneidenswert oder mehr ein selbstauferlegtes schweres Los? Es gleicht eins zu eins dem „wahren“ Leben: Nur die, denen ihr Schaffen einigermaßen leicht von der Hand – die gibt es nämlich in allen Lebensbereichen, also auch in der Kunst – geht, leiden nicht zu stark unter dem, was sie tun. Alle anderen überfordern sich, egal wie bereichernd ihre Kunst auch sein mag.

Wer sich also überlegt, ob er Künstler werden will, sollte eher disziplinierter sein als der Durchschnitt, da in seiner Arbeit erheblich größere Gefahren für ihn selbst lauern und die Luft oben noch dünner wird als in gewöhnlichen Berufen. Denn „Angst essen Seele auf“!

Das alles sollte man bedenken, wenn einem Künstler das Leben versüßen mit ihrer Arbeit. Sie sind Menschen wie Du und Ich, aber sie machen sich um unser Wohl verdient. Das ist allen Dankes wert. Applaudieren wir immer kräftig und bringen sie zum Lachen, damit sie durchhalten und weiter für unsere Zerstreuung sorgen.

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

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Bild: Harald Klein, Photo: Wolf M. Meyer

P. S.: Und, liebe Künstler, bleibt locker! Es hilft euch und uns! Eure Werke auch ohne Hintergrundwissen und Erklärungen einfach nur schön zu finden, ist doch das größte Lob. Während man auf gefallene Mädchen herabblickt, schaut man zu gefallender Kunst auf.

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wolfsgeheul.eu vom 03.03.2016

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Ehrenamt ist kein Zuckerschlecken aber gleichwohl beglückend!

Im letzten Monat habe ich durchaus mit Stolz mein zwanzigjähriges Lions-Jubiläum begangen. Zwei Jahrzehnte karitative Arbeit, in denen ich als Mitglied einer engagierten Gruppe mitgeholfen habe, eine beträchtliche Menge Geldes einzuspielen und guten Zwecken zuzuführen. Dafür will ich weder Dank noch Anerkennung, weil in meinem Weltbild es die Pflicht eines jeden darstellt, nicht nur an das eigene Fortkommen zu denken, sondern auch in irgendeiner Form der Gesellschaft zu dienen. Diese Verantwortung ist mit der ordnungsgemäßen Entrichtung der Steuern nämlich nicht bereits abgegolten, und wir alle wissen, daß es in vielen Bereichen düsterer aussähe, gäbe es nicht Menschen, die Teile ihrer Zeit hergeben, um eine gute Sache zu befördern.

Natürlich kann man, je nach Vermögen – ob anonym oder öffentlich – auch einfach in die Tasche greifen und spenden. Beides ist im Effekt in etwa gleichwertig, wenngleich der menschliche Kontakt dann fehlt. Nur gar nichts in dieser Richtung zu tun, halte ich für inakzeptabel. In letzter Zeit mehren sich jedoch die Anzeichen, daß immer weniger Bürger bereit sind, sich der moralischen Verplichtung, aktiv mitzutun, zu stellen. Woran liegt das?

Sicherlich dürfte ein Grund die häufig fehlende ausreichende Anerkennung sein. Da Eitelkeit aber bei sehr vielen nicht die Hauptantriebsfeder ist, kann das allein die Zurückhaltung nicht begründen. Hinzu kommt wohl auch, neben von mir aus teilweise gestiegener Berufsbelastungen, ein überbordendes Freizeitverhalten, welches kaum Raum für weiteres läßt. Das wiederum ist allerdings lediglich eine Frage der Prioritätensetzung und damit keine Entschuldigung.

Nicht unterschätzen sollte man etwas anderes! Die aktive Betätigung in Vereinen welcher Art und Güte auch immer ist kein Paradies, in dem die normalen Mechanismen unschöner Natur des menschlichen Umgangs außer Kraft gesetzt wären. Es besteht also praktisch kein Unterschied zur „ernsten Seite“ des Lebens. Es geht genauso um Macht und Anerkennung, so daß auch alle Unarten des Miteinanders sich dort ein fröhliches Stelldichein geben. Insofern will ich nicht verhehlen, daß es nicht immer leicht ist, sich diesem Show- und Balzverhalten, diesem Wechselspiel von Gunst und Mißgunst, diesen charakterlichen Unzulänglichkeiten der Mitstreiter auch noch in seiner Freizeit auszusetzen. Da aber ohne Interaktion und Kooperation über alle Schwierigkeiten hinweg nahezu nichts Größeres bewegt werden kann, erfordert das Ehrenamt die gleiche Disziplin wie die familiären oder beruflichen Bereiche. Das hat man sich einfach abzuverlangen, wenn man nicht asozial sein will. Außerdem erhält man mit dem Erfolg und dem Erleben positiver Gemeinschaft ein Vielfaches an Lohn zurück, so daß nach meiner festen Überzeugung die Bilanz seltenst ins Minus gerät, sondern im Gegenteil ein insgesamt beglückendes und bereicherndes Gefühl hinterläßt. Um diese Gemütslage zu erreichen, sind Mühen unumgänglich. Spaß an der Freud‘ allein reicht hierzu nicht aus.

Vielleicht hilft es also den Unentschlossenen, den Zaudernden, daß sie sich keinen Illusionen hingeben. Wer nicht entäuscht werden kann, der entschließt sich sicherlich leichteren Herzens und läßt sich nicht vom ersten Sturm ins Bockshorn jagen. Es gilt Rilkes Zeile: „Sei allem Abschied voran, als wäre er hinter dir,“!

Auf ins Ehrenamt!

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

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