wolfsgeheul.eu vom 29.06.2016

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„#untaggable“!?

Na, wenn es das denn wirklich gäbe in dieser unerträglichen Hashtagflut! So bewirbt Audi seine neue Mini-Schrankwand, also den kleinen SUV namens Q2. Weil er in keine bisher bekannte und bediente Automobilschublade passe, könne man für ihn auch keinen rautentauglichen Begriff finden. Die Vier-Ringe-Schmiede setzt beherzt und einzig auf die Karte „Jugend“. Ob das gut geht?

Bei einem Autöchen, welches – aber so will es sicherlich niemand haben – mindestens knapp 23.000,00 Euro kostet, darf das bezweifelt werden. Denn wer fährt diese hochgelegten vermeintlichen Geländekutschen? Doch vornehmlich der altersgerecht bewegungsbehinderte Rentner und die klimakterische und/oder unbefriedigte Mutti, weil sie beide den leichteren Einstieg und die erhöhte Sitzposition so sehr schätzen! Aber der Rentner weiß mit „untaggable“ bestimmt nichts anzufangen, und die Mutter dürfte durch ihre hashtagenden Blagen von dieser Mode eher genervt sein. Ist das also eine kluge Kampagne, die die Zielgruppe erreicht? Das glaube ich nicht. „untaggable“ steht demnach vielmehr als Unwort stellvertretend für ein Unauto. Damit paßt es allerdings wieder.

Wo wir gerade von den Alten reden, noch ein Wort zu meiner Kolumne vom vergangenen Freitag. Wenn, wie sich zwischenzeitlich herauskristallisiert, die jungen Menschen in England in eklatantem Maße nicht zum Brexit-Entscheid angetreten sein und gleichzeitig die disziplinierten Alten fast vollzählig ihre Stimme abgegeben haben sollten, dann wäre der erste Reflex, der Jugend dort entgegenzurufen, daß sie selbst die Hauptschuld an der nunmehrigen Misere trage. Trotzdem offenbart sich dann aber ein (weiterer) Systemfehler, weil wir überwiegend und auch in England keine Wahlpflicht(s. auch Kolumnen vom 23.09. und 09.11.2015) haben. Es kann nicht angehen, daß Wahlen zunehmend durch die Faulheit, Oberflächlichkeit oder Ignoranz der Nichtwähler entschieden werden!? Wer eine entscheidende Frage stellt, möchte doch eine repräsentative Antwort vom Volk erhalten. Jede Umfrage, die eine derart unausgewogene Gruppe festlegte und interviewte, würde zu recht mit ihrem Ergebnis in der Luft zerrissen. Aber die Wahlentscheidung soll man so hinnehmen. Ja, in diesem Fall muß man es leider sogar, denn gewählt ist gewählt! Allerdings zeigt sich auch hier dringender Handlungsbedarf. Sollte sich, wenn alle wählen müssen, im übrigen herausstellen, daß die Alten rein nominell gar keine Wahl mehr entscheiden können, wäre es vielleicht sogar möglich, sie weiter mitspielen zu lassen, wenngleich ich es fortdauernd für richtiger hielte, sie irgendwann auszuschließen. Wahlpflicht gilt übrigens zum Beispiel in Italien, Belgien, Griechenland, Luxemburg und Liechtenstein. Und Luxemburg hat interessanterweise obendrein eine  Zusatzregelung, die vermuten läßt, daß man bei ihrer Festschreibung ähnliche Überlegungen angestellt hat wie ich. Wer dort nicht zur Wahl geht wird mit Geldstrafen zwischen 100,00 und 250,00 Euro belegt, es sei denn – und nun kommt es -, er ist über 75 Jahre alt. Den betagten Wähler will man nicht zwingen bzw. in Ruhe lassen. Anders gesprochen ist man eventuell froh, wenn der seine Stimme nicht einbringt, weil man nicht sicher sein kann, von ihm noch ein ausgewogenes Votum zu erhalten und nicht ein alterstrotziges. Respektive man denkt, daß die Wünsche eines Menschen mit geringer eigener Zukunft nicht unbedingt mehr Berücksichtigung finden müssen. Das keineswegs abwegige Thema sollte also weiter diskutiert und nicht schroff abgelehnt werden, denn unstreitig müßte sein, daß es so, wie es ist, nicht weitergehen kann.

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

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wolfsgeheul.eu vom 30.10.2015

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Manchmal fragt man sich, was Spitzenmanager den ganzen Tag so treiben. Daß da viel Operette und natürlich auch nüchternes Arbeiten sowie hartes Tagen und Verhandeln dabei ist, wissen wir. Ebenso ist bekannt, daß der Tag manchmal mehr als 24 Stunden haben müßte, um das Pensum zu bewältigen. Aber wie steht es um die Behandlung maßgeblicher Entscheidungen, zum Beispiel bei der Werbung?

Heute beglückt uns die Firma Audi – ein Freund frotzelte einmal vor vielen Jahren, als ich mit einem neuen A6 Avant, meinem ersten und letzten Audi, vorfuhr, dies sei die einzige Firma, die ohne Designer auskäme – in der FAZ auf Seite 5 mit einer halbseitigen Anzeige, um dem Kunden einen Gebrauchtwagen der Marke anzupreisen. Das macht Sinn, wenn man bedenkt, daß gerade die Schummeldieselversionen im Moment sicherlich schwer an den Mann zu bringen sein dürften. Die Abbildung des Audi-PKW aber verblüfft. Mutmaßlich auf einem Salzsee fährt ein biederer Kombinationskraftwagen mit dezentem „quattro-Emblem“ im Kühlergrill rasant und spektakulär nur auf den linken Rädern und oben auf der der hochaufragenden Karosse sitzt ganz entspannt – ein Gefühl, das ein Gebrauchtwagen von Audi wegen der auf fünf Jahre, allerdings nur gegen Aufpreis, verlängerbaren Garantie laut Text angeblich vermitteln soll – ein bärtiger junger Mann mit ausgestreckten Beinen und lässig auf der Dachkante aufliegendem Arm.

Was will uns der Werber damit sagen?

Zum ersten ist es nicht so recht einsichtig, warum es sinnig sein soll, daß ein permanent vierradgetriebener PKW nur auf zwei Rädern fährt. Außerdem dürften die wenigsten Handelsvertreter, Middelmanager, Freiberufler und Studiendirektoren sich mit dieser Stunt-Fahrweise anfreunden können. Auch stellt sich die Frage, warum bei einem Auto, das rundherum im Innenraum mit Airbags ausgestattet und auf Sicherheit getrimmt ist, es sinnvoll sein soll, im ungesicherten, dafür eigentlich auch nicht vorgesehenen – Kinder, bitte nicht nachmachen! – Außenbereich Platz zu nehmen.

Aber den Kardinalfehler stellt doch dar, möglicherweise ein Auto, von dem wir wissen, daß seine Software bei den Tests auf dem Rollenprüfstand erkennt, daß sich bei dem Testkandidaten nur zwei statt der vier Räder drehen, und dann und nur dann Verbräuche bzw. insbesondere Schadstoffausstöße erzeugt, die der Norm genügen, allein auf einer Radseite fahrend abzubilden. Heißt das etwa, daß man einen Audi-Gebrauchtwagen zukünftig nur auf diese Art und Weise bewegen darf, um legal unterwegs zu sein!? Und plant Audi Fahrerkurse für all‘ die Biedermänner, die einen solchen Wagen erwerben wollen, damit sie überhaupt in die Lage versetzt werden, solcherlei Fahrmanöver zu vollführen!?

Fragen über Fragen!

Liebe Firma Audi und lieber Herr Müller als Gesamtverantwortlicher, wenn eure Werbeagentur demnächst einmal wieder vor Enthusiasmus blind am Ziel krachend vorbeischießt, nehmt euch doch einfach die Zeit, so etwas zu erkennen und nicht einfach durchzuwinken. Das Symbolische hat eine enorme Kraft, die sich, paßt man nicht auf, auch ins Gegenteil des Wohlgewollten verkehren kann.

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

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