wolfsgeheul.eu vom 02.10.2016

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Dumm gelaufen!

„China enthüllt neuen Tarnkappenbomber“ ist eine AFP-Meldung gestern auf T-Online überschrieben. So etwas nennt man wohl verlorene Liebesmüh‘.

Diese (Rück)Schlag(s)zeile wird noch übertroffen von der Aussage eines Tengelmann-Mitarbeiters, der gestern im Radio auf WDR 2 zu Wort kam und wörtlich sagte: „Das war ein Wellenbad der Gefühle.“.

Da stutzt man kurz und muß fast überlegen, wie es richtig heißt. So geht es einem aber leider häufig, weil die Sprache um einen herum mehr und mehr entgleitet.

Neulich auf einer Fortbildung hatte ein volljuristisch gebildeter Referent ein Lieblingswort und zwar „mitentsprechend“. Bis zum Schluß bin ich nicht genau dahintergekommen, wofür er dieses in unserer Sprache nonexistente  Wort einsetzte. Mal war es nur im Sinne von „entsprechend“, mal auch „dementsprechend“ und häufig hatte es die Unfunktion eines reinen, überflüssigen Füllwortes. Einer Germanistin, der ich davon berichtete und die die Hände über dem Kopfe zusammenschlug, habe ich damit aber einen Floh ins Ohr gesetzt, indem ich in unserer anregenden Korrespondenz begonnen habe, dieses Wort einzusetzen, was sie natürlich sofort aufgriff. Inzwischen haben wir uns fast schon daran gewöhnt und finden multiple Einsatzmöglichkeiten. Ein gefährlicher Spaß!

Meine Leser mögen mich bitte mitentsprechend darauf aufmerksam machen, sollte ich damit beginnen, das Unwort in meiner Kolumne zu verwenden.

Mitentsprechend wünsche ich eine

gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

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wolfsgeheul.eu vom 08.08.2016

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Mea culpa!

Mir ist bekannt, daß ich nicht selten ein altes Lästermaul bin, so manches Mal auch ungerecht sein kann und gelegentlich über das Ziel hinausschieße. Aber aus purer Zurückhaltung ergibt sich nun einmal überwiegend keine intellektuelle Konfrontation, die alle Beteiligten zum Nachdenken anregt und zwingt, ihren Geist besonders anzustrengen und ihre Argumente zu wägen und anzuspitzen. Auch ist mir bewußt, daß ich beiweiten nicht fehlerfrei bin und mir sich häufig zum Teil nicht unbeträchtliche, mir regelmäßig peinliche Wissenslücken offenbaren. Glücklicherweise jedoch gibt es immer jemanden, der es besser weiß, und so heißt es lernen, lernen und nochmals lernen.

Wenn man anderen also Fehler vorwirft, kann es durchaus sein, daß man selbst im Glashaus sitzt. Übte man sich wegen dieses Risikos aber ständig in Zurückhaltung, käme nichts in Bewegung.

Und somit, liebe FAZ, was ist denn in dich gefahren!? Als ewiger Zeitungsvonhintenleser werfe ich gleichwohl zuvörderst im eingeklappten Zustand einen Blick – auch wegen des Titelphotos – auf den oberen Teil der Hauptseite. Und da steht heute folgende kleinere Überschrift: „IS bezichtigt sich des Angriffs auf Polizei in Belgien“. Man liest einmal, man liest zweimal und denkt, hier stimmt doch etwas nicht. Nach Rückversicherung in meiner Wörterbibel, dem Wahrig, weiß ich, daß ich recht habe. „Bezichtigen“ existiert(e) nicht in der Form eines reflexiven Verbs. Es wird „jemand“ bezichtigt, etwas getan zu haben, aber dieser jemand ist man niemals selbst. Es macht doch keinen Sinn, sein eigener Ankläger und Richter zu sein, weil man sich – vom Suizid einmal abgesehen – auch nicht selbst verfolgen und richten kann. Zur Anklage bedarf es zum einen gesellschaftlicher bzw. staatlicher Setzungen und eines Außenstehenden, der sich unter Bezugnahme auf diese aufschwingt, dem anderen einen Vorwurf hinsichtlich seines Tuns oder Unterlassens zu machen und gegebenenfalls deswegen zu verurteilen.  Der Betroffene hat im Verfahren die Wahl, sich entweder zu verteidigen oder sich schuldig zu bekennen. Wer demnach einräumen und zugeben möchte, Verantwortung für etwas zu tragen, der bedient sich des Mittels des Sichbekennens zu seiner Schuld und überläßt dann die endgültige Beurteilung einer unabhängigen dritten Person. Man braucht sich auch nicht zu beschuldigen bzw. kann es begrifflich gar nicht – ob die Beschuldigung übrigens nur Vermutung oder gemeinte Gewißheit ist, spielt keine Rolle, da Tat und Schuld so oder so erst bewiesen werden müssen, um die Schuld sühnen zu können -, denn man weiß es ja besser als alle anderen, wenn man dabei war und schuldhaft gehandelt hat. In der Situation kann man die Schuldfrage selbst beantworten. So war es, und so sollte es immer bleiben. Zur Verdeutlichung, warum exakte Sprachnutzung und -differenzierung hier äußerst wichtig ist, denke man beispielsweise nur an falsche Geständnisse, die ansonsten niemals entlarvt werden würden. Als jemand, der sich hartnäckig der Rechtschreibreform widersetzt – auf T-Online dürfen wir heute die mit „Die Rechtschreibreform hat ihr Ziel verfehlt“ übertitelte AFP-Meldung mit der Subunterschrift „Fehlerquote an Schulen steigt“ lesen, die zwanzig Jahre nach Einführung das ganze Ausmaß des Desasters zeigt -, ignoriere ich bewußt, daß Duden-Online auch die reflexive Nutzung beispielhaft aufführt und ihr damit offenbar seinen zweifelhaften Segen erteilt.

Hiermit bezichtige ich die FAZ, durch ihre schleichende Anpassung an die kollektive Dummheit Mitschuld an der weitergehenden Verblödung zu tragen, und ich bekenne, daß ich von der ehemaligen Vorzeigezeitung als Fels in der Brandung maßlos enttäuscht bin.

Wie konnte es nur zu diesem dramatischen Niveauverlust unserer Sprache kommen!? Unsere ganze Kommunikation und Interaktion leidet darunter. Als wäre es nicht ohnehin schon schwer genug, sich miteinander zu verständigen, da wir zu oft deshalb aneinander vorbeireden, weil wir es verabsäumen, uns zunächst und da wo nötig über die verwendeten Begrifflichkeiten und deren jeweilige Definition oder Bedeutung zu einigen, gerät jetzt auch noch unsere Sprache in das Fahrwasser der Beliebigkeit und verflacht derartig, daß mit vielen Menschen eine differenzierte Auseinandersetzung gar nicht mehr möglich ist. Die zahlreichen, oftmals gravierenden Folgen in allen Lebensbereichen, sind unermeßlich, und es steht zu befürchten, daß wir uns hier leider auf einem Weg ohne Wendemöglichkeit bewegen. Wer seine Sprache tötet, kann sich nicht mehr verständigen, und eine Gesellschaft, die sich nicht mehr verständigen kann, versinkt im Chaos. Und der Blick auf die bittere Realität gibt mir bedauerlicherweise recht. Wenn das kein Grund zur Besorgnis ist!? In diesem Sinne wünsche ich eine unruhige

gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

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