wolfsgeheul.eu vom 24.06.2016

0
4

„Ein jegliches hat seine Zeit,“ spricht der Prediger Salomo.

Der Ausdruck „Jemanden in den verdienten Ruhestand schicken“ stellt insoweit auch meist nur die freundliche Umschreibung für „Gut, daß er endlich geht!“ dar. Bei Arbeitern früherer Prägung war das generell noch einfach; die waren vom ewigen Buckeln schlicht körperlich am Ende und froh, wenn es endlich vorbei war. Der klassische, sesselfurzende Kopfarbeiter glaubt jedoch häufig fälschlicherweise nicht, daß seine Kraft ebenfalls nachläßt, aber, auch wenn er seinen Körper nicht schinden muß, wird er gleichwohl früher oder später geistig lahmer und paßt ab einem gewissen Zeitpunkt so oder so einfach nicht mehr in die Zeit. Er wird mehr und mehr randständig( s. Kolumne vom 11.03.2016). Obwohl alle Menschen unterschiedlich sind, erscheint allein aus Vereinfachungsgründen deshalb ein allgemein festgelegtes Renteneintrittsalter sinnvoll. Manche Vorstände oder Partner verordnen sich sogar häufig eine deutlich darunterliegende Schwelle, an der ihre Tätigkeit unabhängig vom noch vorhandenen Grad der Leistungsfähigkeit automatisch endet. Keiner ist natürlich gehindert, solange weiterzuarbeiten, wie seine Arbeitskraft noch nachgefragt wird. Und Freiberufler haben es, wenn ihnen der Laden gehört, ohnehin selbst in der Hand, wann sie – meist zur (berechtigten) aufatmenden Freude der Jungen – abdanken.

Das Leben teilt sich also in Phasen auf, bei denen der beruflich aktive Teil früher oder später sein mehr oder minder natürliches Ende findet. Und das ist in jeder Hinsicht gut so. Nicht nur, weil die Alten dann keinen Schaden mehr anrichten können, sondern auch und gerade weil die Gestaltung von Zukunft in die Hände derer gehört, die statistisch noch eine haben.

Wenn aber Personen eines gewissen Alters nicht mehr im Beruf arbeiten können bzw. sollen, warum behalten sie dann das Recht, an Wahlen teilnehmen zu dürfen und darüber indirekt weiterhin die Folgezeit zu beeinflussen!? Mit den gleichen Argumenten wie im Berufsleben könnte man doch auch hier ein Höchstalter rechtfertigen und für allgemein sinnvoll halten. Denn Wahlen determinieren die politische Ausrichtung für die nächsten Jahre, und die Entscheidungen, die getroffen werden, können in ihrer Wirkung weit darüber hinausreichen. Ist es da zielführend, Menschen nach ihrer Meinung zu befragen, die diese Zeit nicht mehr erleben (müssen)!? Nein!

Neulich(s. Kolumne vom 17.06.2016) habe ich zum großen Unmut einiger meiner Leser von „greisen Brandstiftern“ gesprochen und die berenteten Alten gemeint, die uns mit ihren tumben Wahlentscheidungen für NPD, AfD und Linke das zukünftige Leben schwer machen. Heute dürfen wir nach den ersten Analysen wohl realisieren, daß Rentner maßgeblich die Brexit-Entscheidung herbeigeführt haben, während die Jüngeren mehrheitlich der Meinung waren, Europa bei aller berechtigten Kritik die Treue halten zu wollen, weil in ihren Augen die Vorteile die Nachteile weiterhin überwiegen. Demnach haben auch hier Menschen über den Kopf derer gerichtet, die die Folgen des Wahlausganges ausbaden müssen, während sie fröhlich bis zum Ableben ihre Rente kassieren und den lieben Gott einen guten Mann sein lassen. Dabei will ich nicht verschweigen, daß es durchaus auch gute Gründe für den Brexit gibt, aber sollte die Entscheidungshoheit nicht in den Händen derer liegen, die sich demnächst dafür auch noch verantworten und damit herumschlagen können und müssen!?

Nehmen wir doch den Brexit zum Anlaß, unsere Gesellschaft einmal grundsätzlich zu überdenken und zu erneuern. Mir bereitet die Vorstellung jedenfalls keinerlei Probleme, wenn ich in rund zehn Jahren an der Wahlurne vernehmen müßte: „Tut uns leid, Herr Meyer, aber sie dürfen nicht mehr mitspielen; sie sind zu alt!“.

Adieu, liebe Renter, genießt das Leben, das euch noch geschenkt ist. Den Rest kriegen wir auch ohne euch hin. Wahrscheinlich sogar besser!

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

0
4

wolfsgeheul.eu vom 10.06.2016

1
1

„Der Islam gehört weg aus Deutschland!“.

Wenn man einmal von den Extremisten von NPD, Pegida und AfD absieht, sagt keiner offen diesen Satz, wenngleich wir alle ahnen, daß an Stammtischen jedweder Couleur in vertrauter, semiöffentlicher Runde in ähnlicher Richtung gelallt wird. Was aber in letzter Zeit nach meiner Beobachtung auffällt, ist die Zunahme subtilerer Versuche, die Andersgläubigen – so jedenfalls mein Eindruck – zu verteufeln und Ressentiments gegen sie zu schüren.

In meiner Leib- und Magen-Tageszeitung FAZ mehren sich Leserbriefe, die zum Beispiel die Grundsätze der AfD für richtig erklären und verteidigen. Nun stellt im Rahmen der Meinungsfreiheit und -vielfalt ein ausgewogener Abruck von Ansichten der Leser eine nicht nur nicht zu beanstandene, sondern grundsätzlich achtenswerte Vorgehensweise dar. Langsam denke ich aber, daß die Zeitungen vor Veröffentlichung zumindest den Versuch unternehmen sollten, weitestmöglich die Hintergründe des Autors zu beleuchten, um sicherer zu gehen, nicht zum U-Boot-Hafen von Meinungsmachern einer Szene zu verkommen, denen man eigentlich keine Stimme geben und keinen Platz einräumen möchte. Wohlgemerkt, mir fehlt leider die Zeit eines hauptberuflichen Journalisten, so daß ich keine tiefergehenden Recherchen anzustellen vermag. Aber oft meint man die Absicht zu spüren und ist verstimmt. Es ist beispielsweise diese verdächtige „Ich bin kein xxxxxxx, aber“-Argumentation, die so manches Mal stutzig macht.

Oder, wie heute, eine abstruse Herleitung von Gründen für die Ablehnung von etwas Fremdem! In der aktuellen FAZ findet sich der Leserbrief eines Werner Salzmann aus Trier – wahrscheinlich, mehr gibt das Netz nicht her, einem ehemaligen Notar -, der die „Vereinbarkeit“ der „religiösen Pflichten des Ramadans“ mit „unserer Lebensweise“ in Frage stellt. Ausgangspunkt ist die Regel, im Fastenmonat zwischen Sonnenaufgang und Sonnenuntergang, also rund 16 Stunden lang, auf Essen und Getränke verzichten zu müssen. Der Briefautor wurde nach eigener Aussage mit diesem Brauch auf einer touristischen Jordanienreise konfrontiert und berichtet, daß der einheimische Busfahrer angeblich während einer Tagesetappe weder etwas Festes noch etwas Flüssiges zu sich genommen habe. Die Gruppe sei „außer sich“ gewesen und habe „ernsthaft überlegt“, die Fahrt abzubrechen und – da kommt wohl der Jurist durch – den „Veranstalter in Regress“ zu nehmen. Die Conclusio des mutmaßlich im Ruhestand befindlichen Ex-Urkundenvorlesers lautet auf einen kurzen Nenner gebracht erwartbar, daß es unverantwortlich sei, Menschen in Deutschland im Straßenverkehr zu dulden, die tagsüber dehydriert seien.

Gauland-Niveau läßt grüßen! Da reist ein einfältiger Trierer idiotischerweise während des Fastenmonates nach Jordanien, obwohl das Netz voll ist mit Hinweisen und Warnungen ob der damit verbundenen Folgen und Einschränkungen, und wundert sich nicht nur, sondern echauffiert sich gar. Statt aber froh zu sein, trotzdem einen Busfahrer gefunden zu haben, der sie offenbar sicher durchs Land gefahren hat, versteigt er sich sogar zu aussichtslosen Regreßüberlegungen, denn landestypische Besonderheiten geben defitiv keinen Anlaß zur Begründung eines solchen. Außerdem verkennt er, daß das Fasten-Regelwerk durchaus Ausnahmen für zum Beispiel „Reisende“ zuläßt, eine Kategorie, unter die ein professioneller Fahrzeuglenker im Tourismusgeschäft auch fallen dürfte. Und dann läßt er sich zu der These hinreißen, daß Personen, die diesen Ritus pflegen, bei uns eine Gefahr im öffentlichen Verkehr darstellten. Ja, toll! Gibt es Erhebungen, die belegen, daß Muslime in der Zeit des Ramadan auffallend häufig an Unfällen beteiligt sind, die auf ihre vermeintliche körperliche Schwächung zurückzuführen wären? Mir ist keine bekannt! Und hat der hinterlistige Briefverfasser auch die Nichtmuslime im Blick, die das ganze Jahr über nicht fahrtüchtig, weil zum Beispiel unter Tabletten oder Drogen stehend oder nach dem Verzehr einer Schweinhaxe vollkommen träge und müde seiend, sich gefahrgeneigt im Verkehr bewegen? Letztlich drängt sich die Frage auf, ob Herr Salzmann eigentlich auch fastende Katholiken aus dem Straßenverkehr verbannen will.

Was soll also der Blödsinn? Nachtigall, ick hör‘ dir trapsen! Es ist schon erstaunlich, was sich der kleine Rassist von nebenan so alles einfallen läßt, um zu begründen, warum man bestimmte Menschen hier nicht haben will.

Und, liebe FAZ, so einen erkennbar tendenziösen, ideologischen Schwachsinn braucht man bei aller Toleranz gegenüber Andersdenkenden angesichts allein des juristischen Erstsemesterfehlers und erst recht der vermutlich vorsätzlichen Denkbeschränkungen nicht abzudrucken. Das macht sich bereits am Inhalt des Briefes mehr als deutlich, ohne daß man genauer nach dem Autor schaut. Wie kommt es dann trotzdem zur Veröffentlichung? Hat das eventuell dein Herr Kohler entschieden, zu dem so ein verschrobenes und fehlerbehaftetes(s. z. B. Kolumne vom 04.12.2015) Geschreibsel leider ebenfalls passen würde? Oder läßt du, verehrte FAZ, inzwischen in der Leserspalte gar die Meinungen auftreten, die du dich selbst (noch) nicht traust, redaktionell zu verantworten? Das will ich nicht glauben. Hoffentlich irre ich mich also. Aber solche Texte möchte ich bei dir nicht mehr lesen müssen.

Beenden wir doch die Diskussion mit folgender Feststellung: „Der Islam bleibt bis auf weiteres noch etwas fremd und gehört damit aktuell nicht unbedingt zu Deutschland, steht aber selbstverständlich unter unserem grundgesetzlichen Schutz der freien Religionsausübung, und seine Anhänger geniessen hierzulande ohne Wenn und Aber solange Gast- und Bürgerrechte, wie sie sich an die bei uns bestehenden Regeln halten.“ So geht friedliches Miteinander! Basta!

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

1
1